Markenlexikon
Die Ursprünge von Zastava liegen in der 1851 in Kragujevac (Serbien) gegründeten Waffenfabrik Vojno-Tehnicki Zavod (Militärisch Technischer Betrieb), die ab 1904 mit der Herstellung von Autozubehör begann. Ab 1930 produzierte das Unternehmen Ford-Lastwagen für die jugoslawische Armee, 1939 kamen Chevrolet-Militärfahrzeuge hinzu. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Werk in Zavodi Crvena Zastava (Betrieb Rote Flagge) umbenannt. Neben Waffen (Pistolen, Gewehre) fertigte Zastava in den frühen 1950er Jahren eine kurze Zeit Willys Jeeps in Lizenz. 1954 kam es zu einem Lizenzabkommen mit dem italienischen Fiat-Konzern, sodass von nun an in Kragujevac Fiat-Modelle vom Band liefen (Fiat 1400, Fiat 1100 B, Fiat 600, Fiat 1800, Fiat 2300, Fiat 1300, Fiat 1500, Fiat 127, Fiat 128), die aber in Jugoslawien, im Nahen Osten, in Nordafrika und anderen Ostblockstaaten als Zastava verkauft wurden.
Nachdem Zastava bereits in den 1950er Jahren Geländewagen (Fiat AR-55 Campagnola) und Kleintransporter (Fiat 1100 T) von Fiat gebaut hatte, entstand 1969 der Zastava-Ableger Fabrike privrednih vozila Zastava, der nun Lastwagen der Fiat-Tochtergesellschaft O.M. (später Iveco) in Lizenz fertigte. Von 1991 bis 2015 war Iveco an der Nutzfahrzeugsparte von Zastava beteiligt.
Die erste teilweise Eigenentwicklung war 1977 der Kleinwagen Yugo 45/55/60/65 (später auch als Yugo Koral bekannt), der technisch auf dem Fiat 127 basierte. Er kam 1981 auf den Markt. Außerhalb Jugoslawiens wurde dieses Modell unter dem Markennamen Yugo verkauft, der sich auf den damaligen Landesnamen Jugoslawien (serbokroat. Jugoslavija = Südslawien; engl. Yugoslavia) bezog.
Der Yugo 45 verkaufte sich aufgrund seines geringen Preises in vielen Ländern recht gut, musste aber aufgrund seiner nicht gerade überragenden Qualität auch viel Spott über sich ergehen lassen, besonders in den USA, wo es eine Vielzahl von Yugo-Witzen gab. Die »Krönung serbo-kroatischer Technologie« hatte auch zahlreiche Auftritte in Hollywood-Filmen und TV-Serien (»Bowfingers große Nummer«, »Cars 2«, »Der Fall Mona«, »Die Krähe«, »Die Simpsons«, »Nick und Norah – Soundtrack einer Nacht«, »Stirb langsam – Jetzt erst recht«, »Schlappe Bullen beißen nicht«), wo er ebenfalls meist durch den Kakao gezogen wurde.
1988 brachte Zastava den Yugo Florida auf den Markt, der auf der T3-Plattform von Fiat basierte und äußerlich an den Fiat Tipo von 1988 und den Citroën ZX von 1991 erinnerte. Der von Italdesign Giugiaro gestylte Schrägheck-Kompaktwagen hätte durchaus ein internationaler Verkaufserfolg werden können, doch der 1991 beginnende Jugoslawien-Krieg machte diese Hoffnung durch die Wirtschaftssanktionen zunichte. Die Produktion des Florida für den einheimischen Markt endete 1999, als die Zastava-Waffen- und Autofabrik infolge des Kosovo-Krieges durch NATO-Luftangriffe auf Serbien fast vollständig zerstört wurde. In Ägypten führte die staatliche El Nasr Automotive Manufacturing Company (Kairo) die Lizenzproduktion des Nasr Florida noch bis 2008 fort.
Ab 2005 kam zu einer erneuten Kooperation mit dem Fiat-Konzern, der auch die neuen Montageanlagen lieferte. Von 2006 bis 2008 wurde in Kragujevac der Fiat Punto als Zastava 10 in Lizenz gebaut und auch in mehrere osteuropäische Länder exportiert. 2008 gründeten der serbische Staat und Fiat das Jointventure Fiat Automobili Srbija, das das Werk in Kragujevac übernahm. Nach einer mehrjährigen Umbauphase begann 2012 die Produktion des Fiat 500L, ein Minivan auf der Plattform des Fiat Punto.
Die Group Zastava Vehicles, zu der der Nutz- und Militärfahrzeughersteller Zastava Kamioni (Zastava Trucks) gehörte, musste 2017 insolvenz anmelden. Der serbische Staat führte das Unternehmen daraufhin unter dem Namen Zastava TERVO (Terenska Vozila = Zastava Terrain Vehicles) weiter. Daneben gibt es in Kragujevac auch noch die Waffenfabrik Zastava Oružje (Zastava Arms), die u. a. Pistolen, Gewehre/Karabiner, Sturmgewehre, Maschinenpistolen, Maschinengewehre, Granatwerfer und Maschinenkanonen produziert.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain