Markenlexikon
Dass die »Vom-Tellerwäscher-zum-Milliönar-Story« nicht nur in Amerika funktioniert sondern auch in Europa, beweist der Aufstieg des Zara-Gründers Amancio Ortega Gaona (* 1936). Seine Unternehmensgruppe Inditex gehört heute neben H&M und GAP zu den drei größten Bekleidungsunternehmen der Welt. Er selbst ist der reichste Spanier und auch in der Liste der reichsten Menschen der Welt, die das US-Wirtschaftmagazin Forbes jährlich veröffentlicht, belegt er regelmäßig recht passable Plätze. Dabei hat der 1936 geborene Sohn eines Eisenbahnarbeiters als 13-jähriger in einem Bekleidungsgeschäft in der galizischen Stadt A Coruña, im äußersten Nordwesten Spaniens, als Botenjunge angefangen. Durch zahlreiche weitere Jobs in der galizischen Textilindustrie wurde er jedoch bald ein versierter Fachmann in dieser Branche, obwohl er nie eine höhere Ausbildung erhalten hat.
1963 gründete er seine eigene Firma Confecciones Goa (= Gaona Ortega Amancio), die Bademäntel herstellte. Der erste Zara-Laden eröffnete 1975 in der Innenstadt von A Coruña; eigentlich sollte er Zorba heißen – nach dem amerikanisch-griechischen Spielfilm »Zorba The Greek« (»Alexis Sorbas«) – weil der jedoch schon anderweitig vergeben war, ließ sich Ortega den Fantasienamen Zara einfallen. In den nächsten Jahren entstanden zunächst in ganz Spanien Zara-Läden. 1980 wurde die erste ausländische Filiale in Porto (Portugal) eröffnet, 1989 eine in New York, 1990 eine in Paris und seit 1999 gibt es die Kette auch in Deutschland – anfangs als Jointventure mit dem Versandhaus Otto (die ersten Geschäfte eröffneten in Köln und Hamburg).
1985 fasste Ortega seine verschiedenen Aktivitäten (Produktion, Vertrieb, Einzelhandel) in der Industrias de Diseño Textil S.A. (Inditex) zusammen, die seit 2001 an der Börse von Madrid notiert ist. Inditex betreibt heute über 4000 Geschäfte in 72 Ländern, wobei rund 1.500 unter dem Namen Zara firmieren; daneben gibt es noch weitere Markennamen wie Zara Home (seit 2003), Bershka (seit 1998), Massimo Dutti (Übernahme 1991/1996), Oysho (seit 2001), Pull and Bear (seit 1991), Stradivarius (Übernahme 1999) und Uterqüe (seit 2008).
Die Zara-Stores befinden sich meist an attraktiven Standorten in Innenstädten und Einkaufszentren, sodass man – abgesehen von Schaufenster-Dekorationen – auf Werbung verzichten kann. Firmeneigene Trendscouts und Modedesigner sind ständig damit beschäftigt, Entwicklungen in der internationalen Mode zu erkennen und schnell umzusetzen. Sämtliche Läden weltweit werden zweimal wöchentlich mit neuer Ware zu beliefert. Jedes Jahr bringt das Unternehmen rund zehntausend neue Modelle heraus. Neben Damen- und Herrenbekleidung für alle Altersklassen, gibt es bei Zara auch Kinderbekleidung (Kiddy's Class), Schuhe, Accessoires und Kosmetik. Inditex fertigt einen Großteil seiner Produkte in firmeneigenen Fabriken in Spanien und Portugal. Einige langlebigere Textilien wie T-Shirts werden von Fremdbetrieben in Bangladesh, Indien, Marokko oder der Türkei im Auftrag von Inditex produziert.
Die spanische Zeitung El Mundo hat den Erfolg der Zara-Kette einmal so erklärt: »Ortega hat es fertig gebracht, dass sich die einfache Frau von der Straße ihre Kleider im selben Zara-Laden kauft wie die Tochter des spanischen Königs. Er ist der Erfinder der demokratischen Mode.«
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Public Domain