Markenlexikon
Antonio Zanussi, der Sohn eines Schmieds, eröffnete 1916 eine kleine Werkstatt in Pordenone bei Venedig, wo er und drei Mitarbeiter Holzöfen und holzbeheizte Herde herstellten. Mitte der 1930er Jahre brachte Zanussi den ersten Holzofen mit einer Heizplatte aus Gusseisen auf den Markt, der sich auch außerhalb Italiens erfolgreich verkaufte. 1946 starb der Gründer und sein Sohn Lino übernahm die Leitung der Firma.
1954 eröffnete das Unternehmen eine neue Fabrik in Porcia. Im gleichen Jahr kam der erste Kühlschrank von Zanussi auf den Markt. 1958 folgten Waschmaschinen (anfangs nach Lizenzen des US-Herstellers White-Westinghouse), 1959 Großküchengeräte (Allgasherde, Geschirrspülmaschinen, Tiefkühlvitrinen) und 1965 Geschirrspüler sowie Fernsehgeräte. Das Unternehmen stellte damals noch fast alle Teile selbst her, von den Plastik- und Eisenteilen, über Elektromotoren, Transformatoren und Verdichtern bis hin zu den benötigten Fertigungswerkzeugen. 1962 eröffnete Zanussi in Paris die erste Auslandsniederlassung und 1965 in Madrid die erste Produktionsstätte außerhalb Italiens.
In dieser Zeit war Zanussi das zweitgrößte italienische Privatunternehmen (nach Fiat), der zweitgrößte Hausgerätehersteller der Welt (nach GE/General Electric) und in Westeuropa sogar die Nummer eins. Dass der Name Zanussi außerhalb Italiens lange Zeit recht unbekannt war, lag einerseits daran, dass das Unternehmen verschiedene Markennamen verwendete (Aspera, Becchi, Castor, Naoni, Rex, Stice, Zanussi, Zoppas), andererseits Geräte für Hersteller und Versandhäuser wie AEG-Telefunken, AEG/Linde Hausgeräte, Quelle/Privileg, GE, Sears oder Hoover produzierte, die unter deren Namen in den Handel kamen.
Nachdem die meisten italienischen Haushalte bis Anfang der 1970er Jahre die wichtigsten Elektrogeräte angeschafft hatten und die Regierung in Rom die Einführung des Farbfernsehens hinauszögerte, was zur Kaufzurückhaltung bei Farb- und Schwarzweiß-Fernsehern führte, schlitterte Zanussi in eine erste größere Absatzkrise. 1973 beteiligte sich AEG-Telefunken an Zanussi (1979 kaufte Zanussi diese Anteile wieder zurück).
Anfang der 1980er Jahre geriet das Unternehmen in eine weitere Absatzkrise, die 1984 zur Übernahme durch den schwedischen Hausgerätekonzern Electrolux (AEG, Eureka, Frigidaire, Husqvarna, Kelvinator, Lehel, Progress, Tappan, White-Westinghouse, Zanker) führte. In den 1960er Jahren war es noch umgekehrt gewesen; damals hatte Zanussi vergeblich versucht, die nur halb so große Firma Electrolux zu kaufen.
1986 brachte Zanussi das revolutionäre Jet System auf den Markt, das den Wasser- und Stromverbrauch der Waschmaschine automatisch an die jeweilige Beladungsmenge anpasste. Die Fernsehgeräteproduktion (Sèleco) wurde 1992 an eine italienisch-schwedische Investorengruppe unter Führung des damaligen Zanussi-Chefs Gian Mario Rossignolo verkauft.
Zanussi betreibt Fabriken in Forlì (Forlì-Cesena), Porcia (Pordenone), Scandicci (Florenz), Solaro (Milano), Susegana (Treviso) und Vallenoncello (Pordenone), in denen neben den Zanussi-Geräten auch Hausgeräte für andere Electrolux-Marken produziert werden.
Text: Toralf Czartowski