Markenlexikon
Der Mechaniker und Uhrmacher Torakusu Yamaha (1851 – 1916), Sohn eines Samurai-Kriegers, eröffnete im Alter von neunzehn Jahren in seiner Heimatstadt Nagasaki eine Uhrmacher-Werkstatt, die er jedoch bald wieder schließen musste. Anschließend arbeitete er im Krankenhaus von Hamamatsu als eine Art Haushandwerker, der so ziemlich alles reparierte was nicht mehr funktionierte, vor allem aber medizinische Instrumente und Apparate.
Als an der Schule der Stadt ein amerikanisches Harmonium seinen Geist aufgegeben hatte, wurde Yamaha gerufen, der das Gerät auch prompt wieder zum Leben erweckte. Musikinstrumente ließen ihn fortan nicht mehr los, vielleicht weil sie einfach interessanter waren als Medizingeräte. 1887 eröffnete er eine kleine Harmonium-Reparaturwerkstatt. Wenig später baute er schon die ersten eigenen Saugwind-Harmonien (Reed Organs), die zwar nicht so gut klangen wie große Pfeifenorgeln, dafür aber kleiner und preiswerter waren.
1897 gründete er die Firma Nippon Gakki Seizo Kabushiki Kaisha (Japanische Musikinstrumente Aktiengesellschaft). Um die Jahrhundertwende stellte Yamaha auch Klaviere und Flügel her, später kamen Holzmöbel (1903), Mundharmonikas (1914), Phonographen (1922), Pfeifenorgeln (1932), elektromechanische Orgeln (1935), akustische Gitarren (1942), Plattenspieler (1955), elektronische Orgeln (1959), Blasinstrumente (1965), Elektrogitarren (1965), Bassgitarren (1966), Schlagzeuge (1966) und HiFi-Stereo-Equipment (1968) hinzu. In den 1950er Jahren war Yamaha bereits der größte Klavierhersteller der Welt. Damit die Kunden all die Instrumente auch spielen lernen konnten, rief der Konzern 1954 die Yamaha Music School ins Leben, die inzwischen ebenfalls in fast jedem Land zu finden ist.
Anfang der 1950er Jahre begann Yamaha mit finanzieller Hilfe des Staates, der den Bau von Kraftfahrzeugen fördern wollte, Motorräder zu entwickeln. Yamaha hatte bereits während Zweiten Weltkriegs Flugzeugmotoren gebaut und war daher für diese Aufgabe geradezu prädestiniert. 1955 kam das erste Motorrad auf den Markt, eine 123-Kubikzentimeter-Einzylinder-Zweitaktmaschine (Yamaha YA-1), die noch sehr der deutschen DKW RT-125 ähnelte. Für diesen Geschäftszweig wurde die Firma Yamaha Hatsudōki Kabushiki Kaisha (Yamaha Motoren Aktiengesellschaft) ins Leben gerufen und eine neue Fabrik in Hamakita bei Hamamatsu errichtet.
1960 begann Yamaha Motor mit dem Bau von Outboard-Bootsmotoren und kompletten Booten aus glasfaserverstärktem Kunststoffe (GFK). Von 1959 bis 2002 produzierte Yamaha auch Bogenschützen-Ausrüstungen und kurzzeitig Skis aus GFK. 1968 nahm das Unternehmen die Produktion von Schneemobilen auf. 1972 kamen die ersten transportablen Generatoren auf den Markt, 1974 folgten Pools aus GFK, 1975 Golf-Cars und 1976 Industrieroboter.
Mitte der 1960er Jahre entwickelte Yamaha den Sechszylinder-Motor für den Sportwagen Toyota 2000 GT und übernahm außerdem die Montage der insgesamt 351 Exemplare (1967 – 1970).
Die nur 105 Kilogramm schwere Cross-Maschine Yamaha DT-1 (1968) mit 250-Kubikzentimeter-Einzylinder-Zweitaktmotor konnte vor allem in den USA große Erfolge feiern. Die XS1 (1970) war das erste Yamaha-Motorrad mit Viertaktmotor. 1973 produzierte das Unternehmen erstmals eine Million Motorräder und überholte damit den Konkurrenten Suzuki (600.000). Nur Honda baute mehr (1,8 Millionen). Seit 1972 befinden sich der Firmensitz und die Fertigungsanlagen der Yamaha Motor Company in Iwata City.
Rund zehn Jahre nachdem der amerikanische Elektroingenieur und Physiker Robert Moog den Musik-Synthesizer zur Serienreife entwickelt hatte, brachten die drei japanischen Firmen Korg (Mini-Korg 700), Roland (SH-1000) und Yamaha (CSY-1) 1973 die ersten eigenen Synthesizer auf den Markt. Doch während Moogs Firma und auch die Hammond Organ Company (Hammond-Orgel) bald in der Bedeutungslosigkeit versanken, verhalfen die Japaner den elektronischen Musikinstrumenten dank Massenfertigung und günstiger Preise zum internationalen Durchbruch. Zum kommerziell größten Erfolg entwickelte sich der digitale Synthesizer DX-7 (1983), der über 180.000 mal verkauft wurde. 1987, als das Unternehmen sein hundertjähriges Bestehen feierte, wurde der Firmenname zu Ehren des Gründers in Yamaha Kabushiki Kaisha (Yamaha Corporation) geändert.
1988 erwarb Yamaha die legendäre aber bankrotte kalifornische Firma Sequential Circuits (Prophet Synthesizer), 2005 die von dem deutschen Tontechniker Karl (Charlie) Steinberg gegründete Firma Steinberg, die seit 1984 professionelle Software für Musiker und Produzenten entwickelt, und 2008 die traditionsreiche Bösendorfer Klavierfabrik aus Wien (gegründet 1828), die dadurch bekannt wurde, dass der Klaviervirtuose Franz Liszt mit Vorliebe auf Bösendorfer-Klavieren spielte, da diese Instrumente angeblich seiner außergewöhnlich harten Spieltechnik am ehesten standhielten. Anton Bruckner, Béla Bartók, Frank Zappa, Lionel Richie, Peter Gabriel und Tori Amos sind weitere bekannte Musiker, die die Klaviere von Bösendorfer häufig verwendeten.
Von 1987 bis 1993 war Yamaha zudem Großaktionär des japanischen Konkurrenten Korg. Anfang der 2000er Jahre entwickelte Yamaha in Zusammenarbeit mit dem britischen Sample-Spezialisten Zero-G eine Sprachsynthese-Software für die Musikproduktion (Vocaloid).
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain