Markenlexikon
Franklin Winfield Woolworth (1852 – 1919) eröffnete 1879 einen kleinen Laden in Utica/New York, wo es sämtliche Artikel des täglichen Bedarfs zu einem Preis von jeweils fünf Cent zu kaufen gab. Wegen der schlechten Lage lief das Geschäft anfangs nicht besonders gut. Woolworth war jedoch von seiner Einheitspreisidee nicht abzubringen und der durchschlagende Erfolg des zweiten Ladens bestätigte ihn schließlich. Um die Jahrhundertwende betrieb Woolworth bereits fünfzig Läden, zehn Jahre später waren es schon zweihundert und im Todesjahr des Gründers gab es rund eintausend Filialen. Auch im Ausland war Woolworth mit seinen Billigpreisen erfolgreich; 1909 entstand das erste Kaufhaus in Großbritannien (Liverpool), 1914 in Irland (Dublin) und 1927 kam Woolworth nach Deutschland (Bremen). Die Woolworths-Unternehmen in Australien (seit 1924) und Südafrika (seit 1931) hatten jedoch nie eine Verbindung zur F. W. Woolworth Company; sie kopierten nur den bekannten Namen, der damals in diesen Ländern nicht geschützt war.
Ganz im Gegensatz zum knausrigen Gründer betätigte sich seine Enkelin Barbara Woolworth Hutton (1912 – 1979) als begnadete Geldvernichterin. In der Regenbogenpresse wurde sie wegen ihrer sieben Ehen (u. a. mit Hollwyood-Star Cary Crant und mehreren Fürsten), durch die sie etliche Millionen Dollar verlor, und ihrer grenzenlosen Verschwendungssucht als »Poor Little Rich Girl« bekannt. Von den geerbten fünfzig Millionen US-Dollar waren bei ihrem Tod gerade noch 3500 Dollar übrig.
Die Probleme bei Woolworth begannen in den 1960er Jahren, als sich Neulinge wie Kmart, Target und Wal-Mart mit ihren riesigen Märkten auf freien Flächen vor der Stadt niederließen und im Prinzip die gleichen billigen Artikel anboten. Parkplatznot und chronisch überfüllte Innenstädte taten ein Übriges. Als Antwort gründete Woolworth 1962 die Mittelpreiskette Woolco. 1963 übernahm Woolworth den Schuhersteller Kinney Shoe, der später mehrere auf bestimmte Schuhe spezialisierte Ladenketten etablierte (1967 Stylco, 1968 Susie Casuals, 1974 Foot Locker).
In den frühen 1980er Jahren reifte bei den Woolworth-Verantwortlichen der Entschluss, die nicht mehr zeitgemäßen Warenhäuser abzustoßen, und sich dafür auf die profitablen Spezialgeschäfte zu konzentrieren. Die britischen und irischen Filialen wurden 1982 an Paternoster Stores verkauft (daraus entstand 2001 die Woolworths Group), im gleichen Jahr kam auch das Ende für die 336 Woolco-Standorte in den USA. Die kanadischen Woolworth-/Woolco-Filialen wurden 1994 von Wal-Mart und Zellers übernommen.
1997 schloss Woolworth die letzten 413 Woolworth-Häuser in den USA; im gleichen Jahr wurde Woolworth im Dow-Jones-Aktienindex durch Wal-Mart ersetzt. Auch die Zentrale, das 1913 fertiggestellte Woolworth-Building am Broadway, das lange Zeit das höchste Gebäude der Welt gewesen war, kam unter den Hammer. 1998 benannte sich die Woolworth Company in Venator Group um. Die deutschen Woolworth-Kaufhäuser wurden zur gleichen Zeit an den Finanzinvestor Electra verkauft. Übrig blieben nur die profitablen Sportartikelketten Champs Sports, Eastbay und Foot Locker sowie der Frauenausstatter Northern Reflections, der Juwelier Aftertoughts und die San Francisco Music Box Company. Die Venator Group wurde 2001 in Foot Locker umbenannt.
Die britische Woolworths Group (815 Filialen) und Woolworth Deutschland (330 Filialen in Deutschland und Österreich) mussten 2008 und 2009 Insolvenz anmelden. 2009 erwarb der führende britische Online-Versandhändler Shop Direct Group die Woolworth-Namensrechte in Großbritannien – zu diesem Zeitpunkt waren die rund achthundert britischen Woolworth-Läden bereits geschlossen. Die zwölf österreichischen Woolworth-Filialen gingen im gleichen Jahr an die Beteiligungsgesellschaft BluO (Luxemburg), die kurz zuvor die Adler Modemärkte erworben hatte; sie firmieren nun als Adler Modewelt. Die 158 deutschen Woolworth-Filialen wurden 2010 von der HH Holding aus Bönen übernommen, die dem damaligen Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub und dem KiK-/TeDi-Chef Jost-Stefan Heinig gehörte.
Woolworths Limited (Supermärkte in Australien und Neuseeland) und Woolworths South Africa (Warenhäuser in mehreren afrikanischen Staaten und auf der arabischen Halbinsel) existieren als unabhängige Unternehmen weiter.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain