Markenlexikon

Virgin

Ursprungsland: Großbritannien

Richard Charles Nicholas Branson (* 1950; seit 1999 Sir) versuchte sich zunächst als Herausgeber einer Schülerzeitung. 1970 gründete er in London einen kleinen Schallplattenversandhandel, den er wegen seines »jungfräulichen« Alters und seiner geschäftlichen Unerfahrenheit Virgin (engl. Jungfrau) nannte. 1971 eröffnete er seinen ersten Plattenladen in der Oxford Street von London. 1972 waren es schon vierzehn in ganz Großbritannien. Zur gleichen Zeit erwarb Branson in Shipton-on-Cherwell in der Nähe Oxford ein altes Gutshaus aus dem 16. Jahrhundert, wo er ein Jahr später zusammen mit dem Gitarristen Tom Newman ein eigenes Tonstudio einrichtete (The Manor).

Um das Instrumentalwerk »Tubular Bells« des damals noch unbekannten Musikers Mike Oldfield veröffentlichen zu können, rief Branson 1973 gemeinsam mit Simon Draper und Nik Powell, einem Freund aus Kindertagen, die Plattenfirma Virgin Records und den Musikverlag Virgin Music ins Leben. Die außergwöhnlich erfolgreiche Platte katapultierte Mike Oldfield und Virgin nach ganz oben. Oldfield wurde mit seiner vielseitigen Musik zu einem der erfolgreichten Musiker der nächsten vierzig Jahre und Virgin Records gelang der Aufstieg zu einer der großen, lange Zeit unabhängigen britischen Musikfirmen, die Musiker und Bands wie Culture Club, Genesis, Human League, Mariah Carey, OMD, die Rolling Stones, Sandra, die Sex Pistols, die Simple Minds, die Spice Girls oder UB40 unter Vertrag hatte.

Schon bald nach diesem Erfolg suchte Branson nach neuen Herausforderungen. Weil er mit dem Service der etablierten Fluglinien unzufrieden war, gründete er 1984 die Fluglinie Virgin Atlantic Airways. Mit einem einzigen Flugzeug, überzeugendem Service und erschwinglichen Preisen trat er zum Kampf gegen Giganten wie British Airways an. In den 1980er Jahren entstanden noch zahlreiche weitere Virgin-Unternehmen, die in den unterschiedlichsten Branchen tätig waren (u.a. Autohandel, Bekleidungshandel, Computerspiele, Eisenbahnbetreiber, Elektronikhandel, Finanzdienstleistungen, Fitness-Studios, Getränkehersteller, Internetdienste, Hotels, Kinos, Kosmetikhandel, Limousinen-Service, Mobilfunk, Motorradtaxis, Musikgeschäfte, Radiosender, Reiseveranstalter, Verlage, Versicherungen, Weinhersteller). Genauso schnell wurden Firmen jedoch auch wieder verkauft oder geschlossen, wenn sie nicht mehr genug Gewinn abwarfen oder sich die geschäftliche Situation einer Branche änderte. Virgin Records verkaufte Branson 1992 an den britischen Musikkonzern EMI.

Virgin
Virgin

Ab Mitte der 2000er Jahre beschäftigte sich Virgin vor allem mit der Entwicklung und dem Bau von Raumflugzeugen, die in naher Zukunft reguläre Raumflüge für Privatpersonen ermöglichen sollen. Maßgeblicher Entwickler des Trägerflugzeugs White Knight und des Raumflugzeugs SpaceShipOne war Burt Rutan, ein früherer Luftfahrtingenieur der U.S. Air Force, der bereits seit Anfang der 1980er Jahre zahlreiche Flugzeugprototypen gebaut hatte. Mike Melvill führte am 21. Juni 2004 mit dem SpaceShipOne den ersten privat finanzierten Weltraumflug der Geschichte durch.

Gebaut werden die Trägerflugzeuge und Raumschiffe in einer 2011 eröffneten Produktionsstätte rund siebzig Kilometer nördlich der Stadt Las Cruces/New Mexico (USA). Dort befindet sich seit 2010 auch der private Startplatz Spaceport America. Daneben exisitierte von 2017 bis 2023 noch ein weiteres Virgin Raumfahrtunternehmen, das eine flugzeuggestützte Trägerrakete entwickelte (LauncherOne), die unbemannte Nutzlasten bis zu fünfhundert Kilogramm in niedrige Erdumlaufbahnen befördern sollte. Der erste erfolgreiche Start fand im Januar 2021 statt.

Am 11. Juli 2021 startete das SpaceShipTwo »VSS Unity« erstmals zu einem Flug mit Passagieren. An der Mission nahmen die beiden Piloten Dave Mackay und Michael Masucci sowie die Virgin-Angestellten Beth Moses, Colin Bennett, Sirisha Bandla und Richard Branson teil. Damit eröffnete Virgin das Zeitalter des Weltraumtourismus. Zwar hatte die russische Raumfahrtagentur Roskosmos ab 2001 vereinzelt gutzahlende Privatleute in ihren Sojus-Raumschiffen mitfliegen lassen, aber Branson und seine Mitstreiter waren die Ersten, die mit einem speziell für diesen Zweck entwickelten und gebauten Raumschiff ins All flogen.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain