Markenlexikon

Tyrrell

Ursprungsland: Großbritannien

Robert Kenneth (Ken) Tyrrell (1924 – 2001), der im Alter von 14 Jahren die Schule verlassen hatte, arbeitete zwischen 1939 und 1941 an einer Tankstelle, als Automechaniker und dann als Flugzeugmechaniker bei der Royal Air Force. In dieser Zeit absolvierte er in Abendkursen eine Ausbildung zum Ingenieur. Nach dem Ende des Krieges gründete er mit seinem Halbbruder einen Gartenbaubetrieb (sein Vater war Förster), aus dem in den 1950er Jahren ein Holzhandelsunternehmen hervorging, das er bis 1969 leitete.

Nachdem er 1951 erstes Formel-1-Rennen in Silverstone gesehen hatte, begann er sich für den Motorsport zu interessieren. Er kaufte sich einen gebrauchten Cooper-Rennwagen und versuchte sich als Rennfahrer. Von 1952 bis 1958 bestritt er über siebzig Rennen in der Formel Junior und der Formel 2, allerdings ohne große Erfolge. Nebenher betreute er die Cooper-Rennwagen anderer Fahrer. 1960 wechselte er dann ganz die Fronten und gründete die Tyrrell Racing Organisation, die eng mit Charles und John Cooper zusammenarbeitete, die seit 1946 Rennwagen bauten. Tyrrell war nun praktisch Coopers Werksteam, wobei die Cooper-Wagen auch von vielen anderen Rennställen eingesetzt wurden. 1964 konnte er die Rennfahrer Jackie Stewart und Warwick Banks für sein Team verpflichten. Stewart gewann 1964 den britischen Formel-3-Titel und Banks in einem Mini Cooper S die europäischen Tourenwagen-Meisterschaften.

Als John Cooper sein Unternehmen 1965 nach dem Tod seines Vaters verkaufte, nahm Tyrrell Kontakt mit den französischen Matra-Konzern auf, der neben seinen vielfältigen Tätigkeitsfeldern (Flugmotoren, Lenkwaffen, Marschflugkörper, Raketen, Satelliten) auch eine Autofirma besaß, die Sportwagen baute und einen Rennstall (Matra Sports) betrieb. Ab 1966 bekam Tyrrell Kundenfahrzeuge von Matra Sports. Sie wurden in der Formel 2 eingesetzt und waren erst mit Motoren von BRM und dann mit Ford-Cosworth-Motoren ausgestattet. Die von Tyrrell leicht modifizierten Chassis waren erfolgreicher, als die, die Matra Sports selbst einsetzte.

Mit der großzügigen finanziellen Unterstützung der staatlichen Ölgesellschaft Elf-Aquitaine und des Staates selbst, der ein französisches Auto auf den internationalen Rennstrecken gewinnen sehen wollte, entwickelten die Matra-Konstrukteure für Tyrrell ein Formel-1-Chassis, das zu den gelungensten seiner Zeit zählte. Angetrieben von einem Ford-Cosworth-Motor sicherte sich Jackie Stewart 1968 mit dem MS10 den Vize-WM-Titel und 1969 schließlich mit dem Matra MS80 den Weltmeistertitel. Der Name Tyrrell tauchte allerdings bei diesen Fahrzeugen noch nicht auf, obwohl Tyrrell die Rennwagen einsetzte. Der Tyrrell-Rennstall wurde damals häufig als Matra International bezeichnet.

Tyrrell und Matra trennten sich schon 1970 wieder, da die Franzosen aus unternehmenspolitischen Gründen keinen Motor von Ford mehr einsetzen wollten. Die Autoabteilung von Matra hatte sich zu dieser Zeit mit Chrysler Europe und dessen französischer Tochter Simca zusammengetan und das Jointventure Matra-Simca gegründet. Ford und Chrysler waren aber in den USA und auch in Europa Konkurrenten. Ken Tyrrell bestand jedoch auf dem erfolgreichen Cosworth-Motor. Kurzzeitig setzte er nun ein Chassis von March ein (March 701), entwickelte aber parallel seinen ersten eigenen Rennwagen, den Tyrrell 001. Matra Sports blieb noch bis 1972 in der Formel 1, ohne jedoch an frühere Erfolge anknüpfen zu können.

Tyrrell
Tyrrell

Nun begann die erfolgreichste Zeit des Tyrrell-Rennstalls und seiner in dunklem Blau lackierten Rennwagen (die Hausfarbe des Hauptsponsors Elf). Mit dem von Derek Gardner konstruierten Tyrrell 001 (in den Varianten 001 bis 004) gewann Jackie Stewart 1971 wieder die Formel-1-WM. François Cevert, der zweite Tyrrell-Fahrer, kam auf Platz 3. Auch in der Konstrukteurswertung lag Tyrrell 1971 auf Platz 1. 1972 wurde Stewart Vize-Weltmeister und Cevert erreichte Platz 6 der Fahrerwertung. Bei den Konstrukteuren belegte Tyrrell den 2. Rang. 1973 sicherte sich Stewart im Tyrrell 005/006 erneut den WM-Titel. Cevert, der in der Gesamtwertung des Jahres auf Platz 4 stand, verunglückte jedoch im Oktober 1973 beim Großen Preis der USA Watkins Glen tödlich. In der Konstrukteurswertung reichte es diesmal nur für Platz 2. Nach dieser Saison beendete Jackie Stewart seine Rennfahrerkarriere nach drei WM-Titeln.

Von nun an musste Tyrrell wieder etwas kleinere Brötchen backen, obschon das Team bis 1976 mit Fahrern wie Jody Scheckter, Patrick Depailler oder Ronnie Peterson noch einige Siege einfahren konnte und in der Fahrerwertung häufig unter den ersten fünf Plätzen zu finden war. Zu einem WM-Titel reichte es jedoch nicht mehr. 1976 und 1977 sorgte Tyrrell mit dem sechsrädrigen P34 für Aufsehen. Er hatte hinten zwei normal große Reifen und vorne vier kleinere Zehn-Zoll-Reifen, die sich alle lenken ließen. Die kleineren Vorderreifen sollten den Luftwiderstand des Fahrzeugs reduzieren. Wegen der geringeren Bodenhaftung der kleinen Reifen mussten vier Exemplare verwendet werden. Obwohl der Wagen insgesamt gute Ergebnisse erzielte, kehrte man aufgrund von Reifenproblemen doch wieder zu der herkömmlichen Radanordnung zurück.

Ab Ende der 1970er Jahre fiel Tyrrell immer weiter in den Fahrer- und Konstrukteurswertungen zurück. Nachdem sich 1979 der Ölkonzern Elf als Hauptsponsor zurückgezogen hatte, nahmen auch die finanziellen Probleme zu. Ken Tyrrell musste das Team zeitweise aus seinen privaten Mitteln am Leben erhalten und konnte keine erfahrenen Fahrer mehr engagieren. Zudem weigerte er sich bis 1986, als ausschließlich Turbomotoren zugelassen waren, diese überlegenen Motoren einzusetzen. 1987, als die Regelung wieder aufgehoben worden war, kehrte Tyrrell zu Cosworth-Saugmotoren zurück.

Ein Lichtblick war der von Harvey Postlethwaite und Jean-Claude Migeot für die Saison 1990 konstruierte Tyrrell 019, dessen hohe Fahrzeugnase bald von allen F1-Teams übernommen wurde. Der Cosworth-Kundenmotor konnte jedoch mit diesem aufwändigen Aerodynamikkonzept nicht mithalten. Der noch junge Tyrrell-Fahrer Jean Alesi kam in dieser Saison bei zwei Rennen auf den 2. Platz und Tyrrell stand in der Konstrukteurswertung auf Platz 5.

In den 1990er Jahren setzten sich die Probleme fort. Wenig Sponsoren, Geldmangel, keine konkurrenzfähigen Chassis, mittelmäßige Kundenmotoren und unerfahrene Fahrer. 1997 verkaufte Ken Tyrrell sein Team schließlich an den Tabakkonzern British American Tobacco (Dunhill, HB, Kent, Lucky Strike, Pall Mall), der die Tyrrell Racing Organisation 1999 erst in British American Racing (BAR) umbenannte und dann im Jahr 2000 in Lucky Strike BAR Honda (wegen der Honda-Motoren). 2005 wurde das Team von Honda übernommen (Honda Racing F1 Team), 2009 von dem Ingenieur und Motorsportmanager Ross Brawn (Brawn GP) und 2010 schließlich von Mercedes-Benz (Mercedes Grand Prix).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain