Markenlexikon
Eric Fawcett und Reginald Gibson, zwei Chemiker des britischen Chemiekonzerns Imperial Chemical Industries (ICI), entwickelten 1933 einen durchsichtigen, unzerbrechlichen und chemisch unangreifbaren thermoplastischen Kunststoff, der aus Polymerisation von Erdöl oder Erdgas gewonnen wird (Polyethylen). Auch in den USA beschäftigte sich der Chemiekonzern DuPont de Nemours mit der Polyethylen-Produktion, die jedoch erst gegen Ende der 1930er Jahre richtig in Gang kam. Anfangs verwendete man den neuen Kunststoff hauptsächlich für die Herstellung von Kabel-Isolierungen.
Der Farmersohn Earl Silas Tupper (1907 – 1983) betrieb zunächst eine Landschaftsbaufirma, die aber 1936 Pleite ging. Danach arbeitete er für kurze Zeit im DuPont-Kunststoffwerk Leominster/Massachusetts. 1938 gründete er in South Grafton/Massachusetts erneut eine Firma, die sich mit der Verbesserung des neuen Kunststoffs beschäftigte, der damals noch keineswegs alltagstauglich war. Schließlich gelang es Tupper, aus schwarzer, harter und faulig riechender Polyethylenschlacke, die er von DuPont bezog, einen Kunststoff herzustellen, der alle Eigenschaften hatte, um ihn zum Grundmaterial für tausende verschiedene Produkte zu machen (elastisch, fest, leicht verarbeitbar, geruchslos, ungiftig, durchsichtig, einfärbar). Als die USA Ende 1941 in den Zweiten Weltkrieg eintraten, bekam Tupper von der U.S. Navy den Auftrag zur Produktion von Gasmasken, Signallampen und Kanistern. 1942 errichtete er sein erstes Produktionswerk in Farnumsville/Massachusetts.
Nach dem Ende des Krieges stellte Tupper die Produktion auf Haushaltsartikel wie Plastikschüsseln, Zahnputzgläser, Zahnbürsten und Zigarettenkisten um. Berühmt wurde vor allem die Poly-T-Dose, die 1949 einen luftdichten Sicherheitsverschluss bekam. 1952 verlegte der Gründer den Firmensitz nach Kissimmee/Florida, rund 25 Kilometer südlich von Orlando, wo er zusammen mit seiner Frau kurz zuvor ein größeres Stück Land erworben hatte.
Nachdem die Tupperware-Artikel zunächst über den Einzelhandel verkauft worden waren, führte die Firma 1951 mit den so genannten Tupperware-Home-Parties, auf denen Beraterinnen die Produkte bei den Kunden zu Hause vorführten, erklärten und verkauften, eine neue Vertriebsform ein. Erfinder dieser Verkaufspartys waren Frank Stanley Beveridge und Catherine O’Brien (Stanley Home Products), die herausgefunden hatten, dass sich an größere Frauengruppen, noch dazu im privaten Rahmen, viel mehr Produkte verkaufen ließen, da der Gruppengeist die Kauflust steigerte.
Die frühere Sekretärin Brownie Wise (1913 – 1992), die eine Weile für Stanley gearbeitet hatte, verkaufte die Tupperware-Produkte zunächst auf selbstständig organisierten Home-Partys. Da ihre Verkaufszahlen besser waren, als die des Einzelhandels, wurde Tupper auf sie aufmerksam und machte sie zur Leiterin der Tupperware-Verkaufsabteilung. Durch zahlreiche Zeitschriftenartikel und Fernsehauftritte wurden sie und die Tupperware-Produkte einer breiten Öffentlichkeit in den USA bekannt. Die Verkäufe stiegen im Verlauf der 1950er Jahre rapide an. Doch ihre Verschwendungssucht (u. a. Luxuspartys und teure Geschenke für die Vertreterinnen) und Selbstherrlichkeit, auch dem Gründer gegenüber, führten schon bald zu ihrem Fall. Anfang 1958 wurde sie von Earl Tupper entlassen.
Noch im gleichen Jahr verkauften die Tuppers das Unternehmen an die damals größte US-Drogeriekette Rexall (ab 1969 Dart Industries), die Justin Whitlock Dart Sr. gehörte. Earl Tupper erwarb anschließend eine Insel vor der Küste Costa Ricas, wo er bis zu seinem Tod lebte. In den 1960er Jahre kamen die Tupperware-Produkte und -Partys auch nach Europa und Asien. 1961 wurde in Erembodegem (Belgien) die erste europäische Tupperware-Fabrik errichtet. Tupperware blieb bis 1996 Teil des Mischkonzerns Dart Industries sowie der Nachfolge-Unternehmen Dart & Kraft (1980 – 1986) und Premark International (1986 – 1996). 1996 wurde Tupperware wieder ein selbstständige Unternehmen. Mit der Übernahme der Kosmetikfirma BeautiControl (2002) und des Kosmetik-Direktvertriebs von Sara Lee (2005) baute sich Tupperware ein weiteres Standbein auf.
Bis heute werden die Haushalts- und Kosmetikprodukte von Tupperware überwiegend über den Direktvertrieb verkauft. Erst 2018 eröffnete das Unternehmen einen firmeneigenen Online-Shop. Seit 2022 gibt es einen Teil der Tupperware-Schüsseln und -Boxen auch bei der US-Supermaktkette Target. Produziert werden die Produkte in Tupperware-Fabriken in Belgien, Brasilien, China, Frankreich, Griechenland, Indien, Japan, Mexiko, Portugal, Südafrika, Südkorea, den USA und Venezuela.
Text: Toralf Czartowski