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Ursprungsland: Frankreich

In den 1890er Jahren hatten Geologen erstmals vermutet, dass es in Persien und im benachbarten Mesopotamien, das damals zum Türkisch-Osmanischen Reich gehörte, Erdöl geben könnte. Um die Jahrhundertwende begannen von den Briten finanzierte Bohrtrupps zunächst in Persien mit der Suche. Aber erst 1908 entdeckten sie schließlich größere Ölvorkommen. Aus diesen Aktivitäten ging später British Petroleum (BP) hervor. 1912 entstand die Turkish Petroleum Company, zu deren Anteilseignern die britisch kontrollierte National Bank of Turkey, der armenische Bergbauingenieur und Ölspezialist Calouste Sarkis Gulbenkian (1869 – 1955), die Anglo-Saxon Petroleum Company (eine Shell-Tochter), die Deutsche Bank und ab 1914 auch die Anglo-Persian Oil Company (APOC), die spätere British Petroleum Company, gehörte.

Der Ausbruch des 1. Weltkriegs machte jedoch das Bemühen der Briten und Deutschen in Mesopotamien Öl zu fördern erst einmal zunichte. Nach dem Ende des Krieges gehörte das Türkisch-Osmanischen Reich zu den Verlierern, ebenso Österreich-Ungarn und Deutschland. 1920 teilten Großbritannien und Frankreich den Nahen Osten unter sich auf: Mesopotamien (die osmanischen Provinzen Basra, Bagdad und Mosul, die 1921 zum Königreich Irak zusammengefasst wurden) und Palästina (später Jordanien und Israel) kamen unter das Mandat Großbritanniens, Frankreich erhielt Syrien und den Libanon. Außerdem konnte Frankreich den 25-Prozent-Anteil, den die Deutsche Bank an der Turkish Petroleum Company bis dahin gehalten hatte, erwerben. Zu diesem Zweck gründeten der französische Staat und mehrere private Finanziers 1924 die Compagnie Française des Pétroles (CFP), ein Unternehmen das sich zu rund 25 Prozent in Staatsbesitz befand. Lediglich die US-Ölgesellschaften blieben noch eine Weile außen vor, was zu heftigen diplomatischen Verwicklungen zwischen den USA sowie Großbritannien und Frankreich führte.

1925 bekam die Turkish Petroleum Company schließlich die gewünschte Konzession zur Ölsuche und -förderung. 1927 wurden die Bohrtrupps in der Nähe der nordirakischen Stadt Kirkuk fündig. Die Ölfunde in Persien, dem späteren Iran, und im Irak markierten den Beginn des Ölbooms im ganzen Nahen Osten. 1929 benannte sich die Turkish Petroleum Company in Iraq Petroleum Company (IPC) um. An diesem Unternehmen waren nun neben der CFP auch die US-Ölgesellschaften Atlantic Petroleum, Gulf Oil, Socony-Vacuum (Mobiloil), Standard Oil Indiana (Amoco) und Standard Oil New Jersey (Esso) beteiligt. 1933 versuchte die Iraq Petroleum Company eine Konzession zur Ölsuche und -förderung in Saudi-Arabien zu erhalten, unterlag aber der Standard Oil Company of California (Chevron), die später gemeinsam mit Texaco, der Standard Oil Company of New Jersey (Esso) und Socony-Vacuum (Mobiloil) die Arabian American Oil Company (ARAMCO) betrieb.

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Nachdem der nationalistische irakische General Abd al-Karim Qasim 1958 den pro-westlich eingestellten irakischen König Faisal II. gestürzt hatte, kam es zwischen seiner Regierung und der IPC wiederholt zu Spannungen. Da dem Irak jedoch noch die technischen Möglichkeiten fehlten, um die Ölproduktion alleine weiterzuführen, und die Regierung auf die Öleinnahmen angewiesen war, kam es zunächst nur zu kleineren Maßnahmen gegen die IPC, u.a. die drastische Erhöhung der Transitpreise in Basra, von wo aus ein Teil des irakischen Öls verschifft wurde. Zudem hatten die Iraker die Verstaatlichung der iranischen Ölindustrie 1951 durch die Mossadegh-Regierung noch gut in Erinnerung. Die Briten stoppten damals die gesamte Ölproduktion und belegten den Iran mit einem Ölboykott. 1953 wurde Mohammed Mossadegh von der iranischen Armee unter Beteiligung des US-Auslandsgeheimdienstes CIA gestürzt.

Der Streit zwischen der IPC und der irakischen Regierung um die Gewinnaufteilung aus der Ölförderung führte schließlich 1960 in Bagdad zur Gründung der OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries) durch die Staaten Irak, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien und Venezuela. 1972 wurden die Aktivitäten der Iraq Petroleum Company von Achmed Hassan A-Bakr, dem Vorgänger Saddam Husseins, schließlich verstaatlicht und in den Staatskonzern Iraq National Oil Company überführt. Die IPC selbst bestand jedoch noch bis 2015 weiter.

Neben den Aktivitäten im Irak engagierte sich die CFP später u.a. auch in Abu Dhabi (1936), im Iran (1954), in der algerischen Sahara (1956), auf Sumatra (1968), in der Nordsee (1975), in Argentinien (1987), Kolumbien (1991), Indonesien (1991), Thailand (1993) und im Jemen (1995). 1954 führte das Unternehmen den Markennamen Total ein, der die weitreichenden Aktivitäten eines vollintegrierten Ölkonzerns symbolisieren sollte (Exploration, Förderung, Transport, Raffination, Vertrieb). 1985 benannte sich die CFP in Total Compagnie Francaise des Pétroles um und 1991 schließlich in Total S.A. Kurz darauf zog sich der französische Staat weitestgehend aus dem Unternehmen zurück.

1999 übernahm Total den 1920 in Antwerpen gegründeten belgischen Ölkonzern PetroFina (Compagnie Financiére Belge des Pétroles), der unter dem Markenzeichen Fina auftrat, und ein Jahr später den französischen Konkurrenten Elf Aquitaine, der ebenfalls gerade erst privatisiert worden war. Der neue Konzern firmierte zunächst als TotalFina, dann als TotalFinaElf und ab 2003 nur noch als Total. Im Zuge der Energiewende und aufgrund von Investionen im Bereich Erneuerbare Energien benannte sich Total 2021 in Total Energies um. Der Konzern fördert weltweit Erdöl und Erdgas, stellt alle Arten von Ölprodukten her, außerdem Chemikalien (Bitumen, Polymere, Spezialchemie). Daneben ist Total Energies an mehreren Energieversorgern beteiligt, die im Bereich Erneuerbare Energien tätig sind. Ein Teil des europäischen Tankstellennetzes (Marken: AS24, Elan, Elf, Fina, Minol, Total Energies, TotalErg, Union) wurde inzwischen verkauft (2003 Schweiz; 2017 Italien; 2023 Belgien, Deutschland, Niederlande, Luxemburg).

Text: Toralf Czartowski • Foto: Unsplash.com, Public Domain