Markenlexikon
Die beiden Journalisten Henry Robinson Luce (1898 – 1967) und Briton Hadden (1898 – 1929) lernten sich bereits während ihrer Schulzeit in Lakeville/Connecticut kennen. Gemeinsam schrieben sie für verschiedene Schüler- und Universitätszeitungen, u. a. die Yale Daily News. Später arbeiteten beide für Zeitungen wie Chicago Daily News, The Baltimore News und kurzzeitig auch für Joseph Pulitzer's New York World. Da die damaligen Arbeitsbedingungen für Journalisten nicht gerade rosig waren, machten sie sich 1922 mit ihrem eigenen Verlag in New York selbstständig. Am 3. März 1923 erschien die erste Ausgabe des Nachrichtenmagazins Time. Hadden, der bereits 1929 im Alter von 31 Jahren verstarb, gilt als Erfinder eines neuartigen Schreibstils, der aus trockenen Nachrichtentexten lebendige und leichtverständliche Geschichten machte. Der sogenannte Timestyle wurde später von vielen anderen nationalen (Newsweek, U.S. News & World Report) und internationalen Zeitschriften (News Review, Cavalcade, Der Spiegel) übernommen.
Berühmtheit erlangte das Magazin nicht nur durch seine originellen Cover, sondern auch durch die jährliche Wahl des Man/Person of the Year (seit 1927). Auf dieser Liste tauchen neben honorigen Personen wie Charles Lindbergh, Charles de Gaulle, Elisabeth II., Franklin Roosevelt, Johannes Paul II., John F. Kennedy, Konrad Adenauer, Lech Wałęsa, Mahatma Ghandi, Martin Luther King, Michail Gorbatschow, Nelson Mandela, Willy Brandt oder Winston Churchill auch höchst zweifelhafte Figuren wie Adolf Hitler, Ayatollah Khomeini, Chiang Kai-shek oder Josef Stalin auf, was allerdings nichts über die politische Ausrichtung des Blattes aussagte, sondern eher über die Bedeutung und den Einfluss der jeweiligen Person auf die Weltgeschichte – im positiven oder negativen Sinne. In manchen Jahren wurden Personen auch durch Gegenstände (1982 Personal-Computer), Gruppen (1950 »Der amerikanische Soldat«, 1956 »Die ungarischen Freiheitskämpfer«, 1966 »Die Unter-25-Jährigen«, 1968 »Die Apollo-8-Astronauten«, 1969 »Der Durchschnittsamerikaner«, 1975 »Die amerikanischen Frauen«, 2003 »Der amerikanische Soldat«, 2006 »You«) oder Zustände (1988 »Die bedrohte Erde«) ersetzt. Zur »Person des 20. Jahrhunderts« (»Man of the Century«) wählte Time Albert Einstein; Johannes Gutenberg wurde »Person des Jahrtausends« (»Man of the Millennium«).
Anfangs war der Time-Verlag im Chrysler Building in New York ansässig. 1938 zog er in ein kurz zuvor am Rockefeller Plaza errichtetes Gebäude, das daraufhin den Namen Time & Life Building erhielt. 1960 kam es erneut zu einem Umzug in anderes Gebäude im Rockefeller Center (1271 Avenue of the Americas), das Time-Life Building hieß. Seit 2014 ist der Verlag am Brookfield Place in Manhattan ansässig.
Am 8. November 1972 ging der Time-Verlag mit Home Box Office (HBO), dem ersten Pay-TV-Sender (dt. Bezahlfernsehen), auf Sendung. 1982 gehörte HBO neben der Filmgesellschaft Columbia Pictures und der TV-Gesellschaft CBS zu den Gründern der Filmproduktionsfirma TriStar Pictures, die jedoch schon 1987 ganz in den Besitz von Columbia Pictures überging.
Neben dem Time Magazine gab der Time-Verlag noch weitere Magazine heraus, u. a. Entertainment Weekly (seit 1990), Fortune (seit 1929), In Style (seit 1994), Life (gekauft 1936; bis 1972 und 1978 – 2000), Money (seit 1972), People (1974), Sports Illustrated (seit 1954) und Teen People (1998 – 2006).
1989 schloss sich der Time-Verlag mit dem Medienkonzern Warner Communications (Warner Bros.) zusammen. 2014 brachte TimeWarner das Zeitschriftengeschäft als selbstständiges Unternehmen an die Börse. 2018 wurde das Medienunternehmen Meredith aus Des Moines/Iowa (TV- und Radiosender, Zeitschriften) neuer Eigentümer des Time-Verlags. Schon kurz darauf verkaufte Meredith das Time Magazine an Marc Benioff, den Gründer des IT-Unternehmens Salesforce.
Text: Toralf Czartowski