Markenlexikon

TikTok

Ursprungsland: China

Das 2012 von Zhang Yiming gegründete chinesische Internet-Technologieunternehmen Beijing ByteDance Technology aus Peking betrieb zunächst die Nachrichtenwebsite Toutiao, die für die Nutzer u. a. personalisierte Inhalte auf Basis von künstlicher Intelligenz erstellte. 2016 veröffentliche ByteDance die Video-App Douyin (eigtl. Douyin duanshipin = Vibrato Kurzvideo), die zusätzlich Funktionen eines sozialen Netzwerks anbot. Zentrales Element der App waren kurze (max. 15 Sekunden), mit dem Smartphone gedrehte Tanz- und Comedy-Videos, die die zumeist jugendlichen Nutzer mit Musik aus einer von ByteDance bereitgestellten Musikbibliothek unterlegen sowie mit Spezialeffekten und Filtern bearbeiten konnten. Häufig kamen auch Techniken wie Lippensynchronisation (Lip sync) zum Einsatz.

2017 erwarb ByteDance die 2014 gegründete chinesische Karaoke-App Musical.ly, die damals rund einhundert Millionen aktive Nutzer hatte, aber durch Pädophilie-Vorwürfe in die Kritik geraten war. Erwachsene Nutzer hatten dort im Schutze der Anonymität junge Mädchen dazu verleitet, in ihren Videos möglichst knapp bekleidet sexuell eindeutig zu posieren. Diese Videos wurden gesammelt und unter speziellen Suchwörtern abgelegt. ByteDance legte die beiden Portale Douyin und Muiscal.ly zusammen, wobei man letzteren Namen wegen des zuletzt schlechten Images aufgab. Für die Märkte außerhalb Chinas verwendete man nun den neuen Namen TikTok, der vom Uhrengeräusch Tick Tack abgeleitet ist und für die Kürze der Videos steht (die Uhr läuft, du hast nur fünfzehn Sekunden Zeit).

TikTok gehörte aufgrund der Beliebtheit bei Kindern und Jugendlichen vor allem in den Jahren 2019 bis 2021 zu den weltweit am schnellsten wachsenden Apps. Im Mai 2020 war die App über zwei Milliarden Mal heruntergeladen worden. Der Erfolg von TikTok war auch eine Folge der fehlenden Konkurrenz. Das zu Twitter gehörende Videoportal Vine hatte seinen Betrieb bereits 2017 eingestellt und die App Triller befand sich noch in der Entwicklung. Nachdem die maximale Länge der Videos verlängert worden war, wurden auf der Plattform u. a. auch Beauty-Tutorials Do-It-Yourself-Videos oder Sport-Clips veröffentlicht oder aber Mutproben, die mitunter tödlich endeten. Einige Songs schafften es durch TikTok sogar in die regulären Musikcharts. Auch Aktivisten, Ideologen, Politiker und Parteien sind auf TikTok inzwischen verstärkt vertreten, um ihre Botschaften unter das jugendliche Volk zu bringen.

Wie alle Social-Media-Apps hat auch TikTok mit allerlei Kritik zu kämpfen, die von mangelhaften Jugend- und Datenschutz über Zensur politischer und religiöser Themen, Cybermobbing, Fakenews, Diskriminierung von Minderheiten und Sexismus bis hin zu Spionagevorwürfen reichen. Nachdem Facebook-Chef Mark Zuckerberg die US-Regierung auf die Gefährlichkeit von TikTok bezüglich der Ausspionierung von US-Bürgern durch die Kommunistische Partei Chinas hingewiesen hatte, um eine verstärkte Regulierung seines eigenen Unternehmens zu verhindern, erließ der damalige US-Präsident Donald Trump im August 2020 ein Dekret, das alle Geschäfte der TikTok-Mutter ByteDance mit der App TikTok in den USA verbieten sollte, da er die nationale Sicherheit gefährdet sah.

In dieser Zeit signalisierten Konzerne wie Microsoft, Twitter, Walmart, Oracle oder Softbank Interesse an einem Kauf oder einer Fusion mit dem US-Geschäft von TikTok, was die chinesische Regierung jedoch ablehnte. Daraufhin wies die US-Regierung Betreiber von App-Stores wie Apple oder Google an, den Download der App zu stoppen. Ende 2020 entschied jedoch ein US-Gericht in Washington, dass die US-Regierung gar nicht das Recht hatte, ein derartiges Dekret zu erlassen. Dadurch erledigte sich auch die geplante Gründung des Jointventures TikTok Global (ByteDance, Oracle, Walmart), das die TikTok-Geschäfte in Nordamerika, Australien und Neuseeland übernehmen sollte. Mitte 2021 widerrief der neue US-Präsident Joe Biden die Maßnahmen seines Vorgängers. 2024 verabschiedete das US-Repräsentantenhaus einen Gesetzentwurf, der den chinesischen Mutterkonzern zwingen soll, TikTok USA zu verkaufen. Anderenfalls müssten Apple und Google die App aus ihren Stores entfernen.

In vielen Staaten ist die TikTok auf Regierungsgeräten verboten (Australien, Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kanada, Lettland, Neuseeland, Niederlande, Österreich, Taiwan, USA), in zahlreichen Ländern ist die App ganz oder temporär verboten (Afghanistan, Armenien, Aserbaidschan, Indien, Indonesien, Iran, Jordanien, Kirgisistan, Nepal, Pakistan, Somalia, Syrien, Usbekistan).

Text: Toralf Czartowski