Markenlexikon

Telefunken

Ursprungsland: Deutschland

Um der damals übermächtigen englischen Marconi Company auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie ein ebenbürtiges Unternehmen entgegenzusetzen, gründeten die Elektrokonzerne AEG und Siemens & Halske auf Befehl des deutschen Kaisers Wilhelm II. 1903 in Berlin die Gesellschaft für drahtlose Telegraphie (ab 1923 Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH, ab 1955 Telefunken GmbH, ab 1963 Telefunken AG). Der Markenname Telefunken entstand in Anlehnung an den Begriff Funken-Telegraphie, der in Deutschland synonym für drahtlose Telegrafie verwendet wurde (nach den Funken, die zwischen den Kugelkondensatoren der Sender erzeugt wurden).

Wie die Marconi Company, hinter der der italienische Physiker Guglielmo Marchese Marconi stand (ihm war 1894 erstmals die Funkübertragung von Radiowellen gelungen), hatte auch Telefunken mehrere namhafte Wissenschaftler unter Vertrag: Karl Ferdinand Braun, den Erfinder der »Braun'schen Röhre«, Adolf Slaby und Dr. Georg Graf von Arco. Alle drei waren bereits zuvor bei der AEG und bei Siemens auf dem Gebiet der drahtlosen Telegrafie tätig gewesen. 1909 wurden Marconi und Braun für ihre Verdienste um die Entwicklung der drahtlosen Telegraphie mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.

Telefunken produzierte in mehreren Werken (Berlin, Ulm, Backnang, Hannover, Konstanz, Heilbronn, Celle) zunächst Funkanlagen für Schiffe, später, in den 1920er und 1930er Jahren, auch Rundfunksender und -empfänger, Fernsehgeräte, Schallplatten, Zielfluggeräte, mobile Richtfunkstationen, komplette Fernsehstudios, Elektronenröhren und Radargeräte. In den 1950er Jahren kamen noch Tonbandgeräte, Verkehrsradargeräte, Halbleiter und Großrechenanlagen hinzu. Dem Unternehmen, das seit 1941 ganz zur AEG gehörte, gelangen einige bahnbrechende Erfindungen wie das erste serienreife Tonbandgerät der Welt (1935; Magnetophon), die erste Rechteckbildröhre der Welt (1939), das von dem Telefunken-Ingenieur Walter Bruch entwickelte PAL-Farbfernsehsystem (1963), das über 60 Länder als Standard übernahmen, die TED/Television-Disc-Bildplatte/Videoplatte (1970), das Video-Programm-System VPS (1976) und das analoge Rauschunterdrückungssystem HighCom (1978). 1967 wurde die Telefunken AG vollständig in die AEG eingegliedert, woraufhin sich der Konzern in Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft AEG-Telefunken umbenannte (ab 1976 AEG-Telefunken, ab 1979 AEG-Telefunken AG).

1932 erwarb Telefunken die insolvente Deutsche Ultraphon AG, die anschließend in Telefunkenplatte GmbH Berlin umbenannt wurde. 1950 entstand das Jointventure Telefunken-Decca Schallplatten GmbH Hamburg (Teldec), das sich im Besitz von AEG-Telefunken und der britischen The Decca Record Co. Ltd. befand. Teldec gehörte bis in die 1970er Jahre neben Ariola, Deutsche Grammophon/Polydor und EMI-Electrola zu den führenden deutschen Plattenfirmen.

Im Zuge des AEG-Vergleichs (1982 – 1984) wurde die 1972 gegründete Telefunken Fernseh und Rundfunk GmbH (Hannover) an den französischen Thomson-Brandt-Konzern (Dual, Ferguson, GE, RCA, Saba, Thomson) verkauft, der die Marke Telefunken ab Mitte der 1990er Jahre nicht mehr verwendete. Die Telefunken-Decca Schallplatten GmbH (Teldec) erwarb 1982 eine Schweizer Sara und Jack Diemenstein, die Besitzer der Musikvertrieb AG Zürich (ab 1988 gehörte Teldec zur US-Plattenfirma Warner Music). 1985 erfolgte die Umbenennung der AEG-Telefunken AG in AEG AG.

Zwischen 1985 und 1988 übernahm Daimler-Benz nach und nach die Mehrheit bei der AEG, pickte sich die Rosinen heraus (u.a. Telefunken Schiffbau-/Sondertechnik, TST Telefunken Systemtechnik – wurde 1989 in die neue DB-Tochtergesellschaft Deutsche Aerospace AG integriert) und betrieb ansonsten einen systematischen Ausverkauf des einstigen Elektroriesen. Alle nicht brauchbaren Unternehmensteile wurden verkauft oder geschlossen (u.a. Nachrichtentechnik, Sendertechnik, Mikroelektronik, Schallplatten). Die Rechtsnachfolge trat die EHG Elektroholding GmbH an, eine Tochtergesellschaft der damaligen Daimler-Benz AG. 2004 verkaufte EHG die globalen AEG-Markenrechte an den schwedischen Electrolux-Konzern, der die AEG Hausgeräte GmbH bereits 1994 erworben hatte.

Die im Jahr 2000 gegründete Firma EADS-RACOMS (Ulm), ein Hersteller von Funkkommunikationssystemen, die von 2003 bis 2007 mehrheitlich zu Tadiran Communications (Israel) gehörte, firmierte von 2004 bis 2007 als Telefunken Radio Communication Systems (Telefunken-Racoms). Infolge der Übernahme durch Elbit Systems (2007) wurde das Unternehmen 2020 in Elbit Systems umbenannt. 2006 erwarb der türkische Fernsehgerätehersteller Profilo-Telra von der EHG-Tochter Telefunken Licenses GmbH die Telefunken-Markenrechte für den Unterhaltungselektronikbereich.

2007 verkaufte die EHG-Tochter Telefunken Licenses GmbH die weltweiten Rechte an der Marke Telefunken an die Telefunken Holding AG (Berlin). Die von dem Ex-Lufthansa- und Deutsche-Bahn-Manager Hemjö Klein gegründete Firma vergibt Lizenzen für die Nutzung des Markennamens Telefunken.

Text: Toralf Czartowski