Markenlexikon
Der böhmische Glasschleifer Daniel Swarovski (1862 – 1956), der sein Handwerk im väterlichen Betrieb erlernt hatte, entwickelte von 1883 bis 1892 eine elektrische Schleifmaschine für Glaskristallsteine. Mit dieser patentierten Maschine war es nicht nur möglich, geschliffene Schmucksteine in größeren Mengen sondern auch in höherer Qualität herzustellen. Für eine industrielle Produktion reichten die Energiequellen in Georgenthal/Böhmen (heute Jiřetín pod Bukovou) jedoch nicht aus, außerdem versuchten andere böhmische Glasschleifer die Maschine nachzubauen. Böhmen, damals ein Teil von Österreich-Ungarn, war zu dieser Zeit eines der wichtigsten Zentren der europäischen Glas- und Kristallglasherstellung. Um sich die Nachahmer vom Hals zu schaffen, verließ Swarovski 1895 seine Heimat und mietete in Wattens/Tirol (Österreich) eine frühere Tuch- und Lodenfabrik, die über eine eigene Wasserkraftanlage am wasserreichen Gebirgsbach Wattenbach verfügte.
Gemeinsam mit Armand Kosmann, einem wohlhabenden Kunden aus Paris, und seinem Schwager Franz Weis gründete er anschließend die Firma A. Kosmann, Daniel Swarovski & Co. 1908 begann Swarovski mit ersten Versuchen zur Herstellung von Rohglas; für diesen Bereich wurde ein eigenes Unternehmen gegründet, das 1913 mit der Produktion begann. Swarovskis einzigartige Schmucksteinqualität hat ihren Ursprung in dieser selbst entwickelten Glasschmelze, die noch heute eines der bestgehüteten Werksgeheimnisse des Unternehmens ist; durch den hohen Bleigehalt, der den Brechungsindex erhöht, glitzern und funkeln die Kristalle fast wie Diamanten. Anfangs gehörten vor allem Pariser Juweliere und Modemacher zu den besten Kunden der Firma. Ab 1917 entwickelte Swarovski eigene Werkzeuge zum Schleifen und Polieren von Kristallglas; daraus entstand 1919 die Firma Tyrolit Schleifmittelwerke (seit 1950 in Schwaz ansässig).
Wilhelm Swarovski, der Sohn des Gründers und begeisterter Hobby-Astronom, erweiterte die Produktpalette 1935 um optische Gläser und Ferngläser (Swarovski Optik/Absam stellt heute u.a. Fernrohre, Teleskope, Entfernungsmesser, Restlichtverstärker, Stative her). Später kamen noch Brillengläser (1949; dieser Bereich wurde 1983 an Essilor/Frankreich verkauft) und Swareflex-Glas-Reflektoren (1950) hinzu.
Berühmt wurde Swarovski ab 1976 auch durch dekorative Kristallfiguren (u.a. Tiere, Früchte, Blumen, Fantasiegebilde), die in limitierter Auflage hergestellt werden und besonders bei Sammlern beliebt sind (seit 1987 gibt es den firmeneigenen »Sammler Club Swarovski«). Die erste Figur war eine aus Kronleuchterteilen zusammengesetzte Maus, die während der Olympischen Winterspiele in Innsbruck zum Verkaufsrenner avancierte.
1977 brachte Swarovski eine eigene Schmuckkollektion auf den Markt, zunächst in den USA, zehn Jahre später auch in Europa, 1989 folgte die Couture-Linie Daniel Swarovski (Handtaschen, Accessoires, Schmuck, Uhren, Einrichtungsgegenstände) und 1997 Sonnenbrillen (Daniel Swarovski Crystal Eyeware; werden von Silhouette International/Linz hergestellt).
Zum 100-jährigen Firmenjubiläum wurde 1995 in Wattens ein Freizeitpark rund um das Thema Kristalle eröffnet (Swarovski Kristallwelten), der sich inzwischen zu einer der beliebtesten österreichischen Touristenattraktionen entwickelt hat. Die Unternehmensgruppe Swarovski, die auch vier eigene Wasserkraftwerke am Wattenbach betreibt, befindet sich heute im Besitz von rund 200 Familienmitgliedern.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain