Taro Yagur – Kampf um Tanybur

Markenlexikon

Studer / Revox

Ursprungsland: Schweiz

Der Elektrofeinmechaniker Wilhelm (Willi) Studer (1912 – 1996) gründete 1932 in Lotzwil die Helvetia Radioapparate-Fabrik, die jedoch schon 1934 in Konkurs ging. Auch die 1943 gegründete Messgerätefirma Metrohm war nicht von Bestand; sie wurde 1947 wieder aufgelöst. Erst mit der dritten Firma, Willi Studer – Fabrik für elektronische Apparate (Neu Affoltern bei Zürich), ging es ab 1948 aufwärts. Zunächst produzierte das Unternehmen mit drei Mitarbeitern Hochspannungs-Oszillographen für die Firma Emil Haefely.

1946 brachte die New Yorker Brush Development Company eines der ersten Spulen-Tonbandgeräte auf den Markt (Soundmirror-Recorder). In der Schweiz wollte es der Unternehmer Hans Caspar (Traco Trading Company) vertreiben, doch musste es zuvor wegen der unterschiedlichen Netzwechselspannung und Netzfrequenz in Nordamerika und Europa umgebaut werden. Das übernahm Willi Studers Firma.

1949 brachte er ein eigenes Tonbandgerät auf den Markt (Dynavox), das ebenfalls von Traco vertrieben wurde. Dieses Gerät hatte noch ein Einmotorenlaufwerk, wie die meisten anderen Tonbandgeräte auch. Studer entwickelte jedoch bald ein wesentlich präziseres und robusteres Dreimotorenlaufwerk (ein Motor je Wickelteller und ein Motor für die Capstan-Welle), das fortan in seinen Geräten zum Einsatz kam, und zwar nicht nur bei den professionellen Studio-Tonbandmaschinen, die unter dem Namen Studer an Rundfunksender und Tonstudios verkauft wurden, sondern auch bei den Heimgeräten, die ab 1951 als Revox auf den Markt kamen. Das erste Modell war das Revox Magnet-Tonbandgerät T 26, eine überarbeitete Variante des Dynavox. Der Markenname Revox bedeutet soviel wie »Stimme zurückwerfen«; Studer war auf den Namen durch einen gleichnamigen Schweizer Uhrenhersteller gekommen, der gerade in Konkurs gegangen war.

Für den Vertrieb und das Marketing gründete Studer 1951 zusammen mit Hans Winzeler die Firma ELA, die darüber hinaus auch die Vertretung für 3M-Scotch-Magnetbänder und Beyer (Mikrophone, Lautsprecher) übernahm. Ein weitere Neuerung waren ab 1954 separate Aufnahme- und Wiedergabeköpfe sowie getrennte Auf- und Wiedergabeverstärker (Revox B36). Die Studer- und Revox-Geräte waren anderen Produkten damals weit überlegen, sodass die Firma praktisch fast ohne Werbung auskam und nur von Mund-zu-Mund-Propaganda lebte. 1958 begann Studer mit dem Bau von Tonregiepulten.

Studer
Studer

1960 errichtete das Unternehmen in Regensdorf ein neues Werk, das auch Firmensitz der Studer-Revox-Gruppe wurde. Später kamen noch weitere Produktionsstätten hinzu (1966 Löffingen/Hochschwarzwald, 1968 Ewattingen, 1972 Bonndorf, 1973 Bad Säckingen), wo neben Tonbandgeräten und Studiotechnik auch Verstärker (ab 1969), Tuner (ab 1969), Lautsprecher (ab 1970), Plattenspieler (ab 1977), Kompaktanlagen (1977), Receiver (ab 1980), Kassettendecks (ab 1981), CD-Player (ab 1983) und Multiroom-Systeme (ab 1983) produziert wurden – immer auf einem qualitativ und preislich hohen Niveau. Das erfolgreichste Tonbandgerät war das Revox A77, das von 1967 bis 1977 produziert wurde.

Berühmtheit erlangte die 4-Kanal-Röhrentonbandmaschine Studer J37 (1964), mit dem in den Londonder Abbey Road Studios zahlreiche Beatles-Platten aufgenommen wurden, ebenso die von 1970 bis 1988 gebaute 16-Spur- (später auch 24-Spur-) Maschine Studer A80, die u. a. bei dem Pink-Floyd-Album »The Dark Side Of The Moon« (1973) als Aufnahmemaschine diente.

Der Niedergang der europäischen Unterhaltungsindustrie aufgrund der japanischen Konkurrenz machte in den 1970er Jahren auch vor Studer-Revox nicht halt. Die Folge davon war, dass man den professionellen Bereich, der von den japanischen Importen nicht betroffen war, erweiterte, während die Produktpalette von Revox verkleinert wurde. Bei der Qualität gab es jedoch auch weiterhin keine Abstriche.

1990 verkaufte Willi Studer die Unternehmen Willi Studer, Studer International und Revox ELA, die zusammen rund 1500 Mitarbeiter beschäftigten, aus Altersgründen an eine Tochter der Schweizer Finanzholding Motor Columbus, die Revox 1994 an eine private Investorengruppe veräußerte und Studer an den US-Audiokonzern Harman International (AKG, dbx, Harman/Kardon, Infinity, JBL, Lexicon, Soundcraft).

Revox mit Standorten in Regensdorf, Villingen-Schwenningen/Schwarzwald und Kitzbühel produziert heute Audioserver, Audiosysteme, CD-Player, Kassettendecks, Lautsprecher, Plattenspieler, Tonbandgeräte und Verstärker. Unter der Marke Studer vermarktet Harman weiterhin professionelle Studiotechnik. Produziert wurden die Studer-Geräte zunächst in Regensdorf, ab 2010 in einer neuen Soundcraft-Studer-Fabrik in Potters Bar bei London und seit 2016 in der Harman-Fabrik Pécs (Ungarn).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain