Markenlexikon

Saab

Ursprungsland: Schweden

Der deutsche Testpilot und Flugzeugkonstrukteur Carl Clemens Bücker (1895 – 1976) gründete 1921 in Lidingö die Svenska Aero Aktiebolaget, um Jagdflugzeuge der Heinkel Flugzeugwerke aus Warnemünde in Schweden zu bauen. Hintergrund war das Flugzeugbauverbot, das die Alliierten Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg auferlegt hatten. 1930 geriet das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten und wurde von dem Schienenfahrzeughersteller Aktiebolaget Svenska Järnvägsverkstäderna (ASJ) übernommen, der daraufhin eine eigene Flugzeugabteilung in Linköping gründete: Aktiebolaget Svenska Järnvägsverkstäderna, Aeroplanavdelningen (ASJA). ASJA produzierte u. a. die US-amerikanische Northrop 8A-1 in Lizenz (ASJA B5).

1937 entstand auf Anregung der schwedischen Regierung die Svenska Aeroplan Aktiebolaget (Saab) mit Sitz in Trollhättan, wo 1938 auch eine neue Fabrikanlage errichtet wurde. 1939 schlossen sich ASJA und Saab zusammen. Zu den ersten Saab-Flugzeugen gehörten die Saab B3 (1938), eine in Lizenz hergestellte Junkers Ju 86K, der Sturzkampfbomber Saab 17 (1940), die zweimotorige Saab 18 (1942), die als Aufklärer, Bomber, Sturzkampf- und Torpedobomber eingesetzt wurde, die Saab 21 (1943), das erste in Großserie hergestellte Flugzeug der Welt mit einem Schleudersitz, und die Saab 21R (1947), das erste schwedische Flugzeug mit Strahltriebwerken. Zum erfolgreichsten Modell entwickelte sich das einmotorige Schul- und Verbindungsflugzeug Saab 91 Safir (1945 – 1966), das in über zwanzig Länder exportiert wurde.

Um nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs freigewordene Kapazitäten auszunutzen, begann Saab 1946 mit der Entwicklung eines Automobils. Der 1949 eingeführte Saab 92 – mit einer stromlinienförmigen Karosserie des Designers Sixten Sason – wurde mit geringen Modifikationen bis 1969 gefertigt. Im Vordergrund standen jedoch weiterhin Kampfflugzeuge (1947 Saab 90 Scandia, 1952 Saab 32 Lansen, 1955 Saab 35 Draken, 1967 Saab 37 Viggen, 1988 Saab JAS-39 Gripen), zivile Regionalverkehrsflugzeuge mit Turboprop-Antrieb (1983 Saab 340, 1992 Saab 2000), Flugzeugkomponenten für Fremdhersteller (u. a. Airbus) sowie elektronische Systeme für die zivile und militärische Luft- und Raumfahrt.

1965 wurde der Firmenname offiziell in Saab Aktiebolaget geändert. 1969 kam der Mittelklasse-Pkw Saab 99 auf den Markt – erstmals mit einer neuen kantigen Karosserie von Sixten Sason und Björn Envall. Im gleichen Jahr schloss sich Saab mit dem Nutzfahrzeughersteller Scania-Vabis aus Södertälje zusammen. Der Saab 99 wurde 1979 vom Saab 900 abgelöst, ohne jedoch, dass sich an der Karosserieform Wesentliches änderte.

1989 erwarb der US-Autokonzern General Motors (GM) fünfzig Prozent der Automobilabteilung von Saab und gründete anschließend mit dem Besitzer von Saab-Scania, der Investor Aktiebolaget, in Trollhättan die Firma Saab Automobile (2000 erwarb GM auch die restlichen Anteile). Bei den Modellen Saab 900 II (1993) und Saab 9-3 (1998) wurden viele Teile aus dem GM-/Opel-Baukasten verwendet, was bei den Saab-Kunden, die auf Individualismus Wert legten, eher schlecht ankam.

Saab
Saab

1995 teilte sich Saab-Scania wieder in zwei separate Unternehmen auf: Saab Linköping (Flugzeugbau) und Scania Södertälje (Nutzfahrzeuge). Zur gleichen Zeit beteiligte sich British Aerospace (ab 1999 BAE Systems) an der internationalen Vermarktung des Mehrzweck-Kampfflugzeugs Saab JAS-39 Gripen. 1998, als Saab an der Stockholmer Börse platziert wurde, erwarb BAe eine Beteiligung an Saab.

2005 zog sich Saab aus dem zivilen Flugzeugbau zurück; bis dahin waren von der Saab 340 insgesamt 459 Exemplare gefertigt worden, die größere Saab 2000 brachte es nur auf 63 Exemplare. Die meisten Saab-Flugzeuge waren an die Schweizer Regional-Fluggesellschaft Crossair (seit 2002 Swiss International Air Lines) geliefert worden. 2008 verkaufte Saab die Tochtergesellschaft Saab Space Göteborg (Raumfahrttechnik), zu der auch das frühere Jointventure Saab Ericsson Space sowie Ericsson Microwave Systems gehörten, an die Schweizer RUAG Holding.

Im Zuge der internationalen Finanzkrise, die auch die Automobilindustrie schwer traf – vor allem die US-Hersteller – musste Saab Automobile 2009 Insolvenz anmelden. Das Unternehmen hatte seit der Gründung 1990 fast jedes Jahr Verluste eingefahren. Nachdem Teile der Fertigungsanlagen der geplanten Modelle 9-5 und 9-3 an die chinesische Beijing Automotive Industry Holding (BAIC) verkauft worden waren, sollte Saab Automobile zunächst aufgelöst werden. 2010 wurde das Unternehmen jedoch an den kleinen niederländischen Sportwagenhersteller Spyker Cars verkauft.

Doch auch Spyker (ab 2011 Swedish Automobile) gelang es nicht, Saab in die Gewinnzone zu führen. Stattdessen musste im Laufe des Jahres 2011 mehrere Male die Produktion eingestellt werden, weil Zulieferer und Mitarbeiter nicht bezahlt werden konnten. Ein Antrag auf Gläubigerschutz wurde vom zuständigen Gericht abgelehnt. Versuche neue Investoren aus China an Bord zu holen scheiterten an der chinesischen Regierung, die einen Einstieg von Staatsunternehmen bei Saab ablehnte, und an dem früheren Eigentümer General Motors, mit dem Saab noch durch zahlreiche Patent- und Lieferverträge verbunden war. GM befürchtete vor allem die Weitergabe von Patenten und Technologien an die Chinesen. Ende 2011 meldete Swedish Automobile schließlich Insolvenz an.

2012 erwarb das neugegründete Unternehmen National Electric Vehicle Sweden (NEVS) die Saab-Vermögensgegenstände aus der Insolvenzmasse. Hinter NEVS stand damals der chinesische Energiekonzern National Modern Energy Holdings aus Hongkong. 2013 begann NEVS im Werk Trollhättan mit der Produktion des Saab 9-3; verkauft wurden die wenigen produzierten Fahrzeuge über das Internet. Von 2014 bis 2015 musste NEVS ein Gläubigerschutzverfahren durchlaufen. In dieser Zeit entzog der Flugzeughersteller Saab, dem die Marke Saab gehört, NEVS die Nutzungsrechte für die Marke. Damit endete die Geschichte der Automarke Saab.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Pixabay.com, Public Domain