Markenlexikon

Rothmans / Rothmans of Pall Mall

Ursprungsland: Großbritannien

Der ukrainische Einwanderer Louis Rothman (1869 – 1926), dessen Familie in der Nähe von Kiew eine Tabakfabrik besaß, eröffnete 1890 in der Londoner Fleet Street ein kleines Tabakgeschäft, in dem er handgefertigte Orient-Zigaretten an die Journalisten und Drucker verkaufte. Die Fleet Street war vom 18. Jahrhundert bis in die 1980er Jahre das Zentrum der britischen Presse. Zehn Jahre später zog er in die noble Einkaufsstraße Pall Mall um. Um sich von dem Tabakgeschäft seines Bruders zu unterscheiden, nannte er sein Unternehmen ab 1903 Rothmans of Pall Mall.

Diese Firma hatte nichts mit der US-Zigarettenmarke Pall Mall zu tun, die es bereits seit 1899 gab. Als das Geschäft mit den handgefertigten Orient-Zigaretten während des Ersten Weltkriegs zurückging, stieg das Unternehmen auf die billigeren Fabrik-Zigaretten mit amerikanischen Tabaken um. Ab 1922 verschickte Rothmans seine Zigaretten direkt an die Kunden, was sie nicht nur noch billiger machte, sondern auch frischer; sie wurden nur auf Bestellung produziert und sofort versandt, sodass sie zumindest innerhalb Großbritanniens wenige Tage später bei den Kunden eintrafen. 1927 hatte die Firma schon hunderttausend regelmäßige Kunden in Großbritannien, Irland, den Niederlanden, Kanada, Indien, Australien, China und Südafrika. Daneben war Rothmans Hoflieferant des englischen (ab 1905) und spanischen Königshauses (ab 1910). Nach dem Tod des Gründers führte sein Sohn Sydney Rothman (1897 – 1995) die Firma bis 1979 weiter und brachte sie 1929 an die Londoner Börse.

1954 beteiligte sich die südafrikanische Rembrandt Tobacco Company (gegründet 1941 von Anton Edward Rupert), die ab 1951 Rothmans-Zigaretten für den südafrikanischen Markt produziert hatte, mehrheitlich an Rothmans of Pall Mall. Die Rupert-Familie, der die Rembrandt Tobacco Company und auch die internationale Marke Peter Stuyvesant gehörte, übernahm später noch eine ganze Reihe weiterer Tabakfirmen wie Carreras (Craven A) und Alfred Dunhill aus Großbritannien, Martin Brinkmann aus Deutschland (Lord Extra, Lux Filter, Peer Export, Peer 100, Texas, Schwarzer Krauser), Turmac aus den Niederlanden, Tabacofina aus Belgien (Belga), Winfield aus Australien und Carrolls aus Irland, die 1972 in der Holdinggesellschaft Rothmans International zusammengefasst wurden. Der Konzern betrieb Tabakfabriken in Australien (Sydney), Belgien (Merksem), Deutschland (Berlin, Bremen), Großbritannien (Darlington, Spennymoor), Indien (Bombay), Irland (Belfast), Kanada (Toronto), Malaysia (Petaling Jaya), Neuseeland (Motueka, Napier), den Niederlanden (Zevenaar), der Schweiz (Boncourt) und Südafrika (Heidelberg).

Zur erfolgreichsten Marke entwickelte sich ab Mitte der 1950er Jahre Rothmans King Size. Sie war jahrzehntelang die meistverkaufte Filter-Zigarette im ganzen Commonwealth und noch heute gehört sie zu den zehn bestverkauften Zigarettenmarken der Welt.

1988 brachte die Rupert-Familie ihre Auslandsbeteiligungen in der Schweizer Finanzholding Compagnie Financière Richemont ein. 1993 wurden die beiden Richemont-Bereiche Luxusgüter (A. Lange & Söhne, Baume & Mercier, Cartier, Chloé, Dunhill, IWC, Jaeger-LeCoultre, Montblanc, Piaget, Purdey, Vacheron & Constantin, Van Cleef & Arpels) und Tabak (Rothmans International) voneinander getrennt.

Nachdem Rothmans 1990 bei der Verteilung der ostdeutschen Zigarettenhersteller leer ausgegangen war, brachte man mit Golden American eine eigene Discountmarke auf den ostdeutschen Markt. In den 1990er Jahren war Rothmans Hauptsponsor des britischen Rennstalls Williams, der damals mit Fahrern wie Damon Hill und Jacques Villeneuve die Formel-1-WM dominierte.

1999 schloss sich Rothmans International (Carrolls, Cartier, Craven A, Dunhill, Lord Extra, Lux Filter, Peer Export, Peter Stuyvesant, Rothmans King Size, Rothmans Pall Mall, Winfield) mit British American Tobacco (Benson & Hedges, HB, Kent, Kim, Kool, Lucky Strike, Pall Mall, State Express 555, Viceroy) zusammen, sodass nun beide Pall-Mall-Marken zum selben Konzern gehören.

Text: Toralf Czartowski