Markenlexikon
Der Schweizer Kellner César Ritz (1850 – 1918), dem sein erster Arbeitgeber gesagt haben soll, dass er es in der Hotelbranche nicht weit bringen werde, arbeitete die meiste Zeit seines Lebens in verschiedenen europäischen Städten als Kellner, Restaurant-Manager und Hotelchef. Zeitweise leitete er zehn Häuser gleichzeitig, was ihn gesundheitlich ruinierte. Erst im Alter von 48 Jahren erfüllte er sich den Traum vom eigenen Hotel.
Mit dem Geld, das er sich von einem Weinbauern und Grundstücksbesitzer geliehen hatte, kaufte er an der Place Vendôme in Paris zwei benachbarte Häuser aus dem 18. Jahrhundert und ließ sie von dem Versailles-Architekten Jules Hardouin-Mansart zum Hotel umbauen. César Ritz hatte sich das Ziel gesetzt, seine Gäste wie Könige zu beherbergen.
Am 1. Juni 1898 wurde das Luxus-Hotel, das alles bis dahin Dagewesene in den Schatten stellte, eröffnet. Das Ritz hatte als erstes europäisches Hotel elektrisches Licht und die Zimmer waren durchgängig mit Bädern, Telefonen sowie edelstem Mobiliar im französischen Stil des 17. Jahrhunderts ausgestattet (selbst die besten Hotels hatten damals nur Etagenbäder).
1899 mietete César Ritz das neueröffnete Londoner Luxushotel »The Carlton« (benannt nach dem früheren königlichen Wohnsitz Carlton House, das sich bis zu seinem Abriss 1825 ganz in der Nähe befand). Das Carlton wurde infolge deutscher Bombenangriffe 1940 schwer beschädigt und 1958 abgerissen.
1906 eröffnete Ritz schließlich in der Piccadilly Street im Stadtbezirk City of Westminster das Ritz London (The Ritz) – übrigens das erste Hotel, in dem alleinstehende Frauen ohne Begleitung übernachten durften. Im gleichen Jahr musste César Ritz, der bereits mehrere Zusammenbrüche erlitten hatte, in eine Lausanner Nervenklinik eingeliefert werden. Bis zu seinem Tode 1918 kehrte er nicht mehr in das aktive Hotelgeschäft zurück. Das Ritz-Hotel in Madrid (Eröffnung 1910), das auf Veranlassung und unter finanzieller Beteiligung des spanischen Königs Alfons XIII. von der Ritz Development Company errichtet wurde, musste schließlich ohne persönliche Beteiligung des Gründers auskommen.
Seine Witwe Marie-Louise Ritz, die das Pariser Hotel bis zu ihrem Tode 1961 mit dem gemeinsamen Sohn Charles weiterführte, gab dem Amerikaner Albert Keller das Recht, den Namen Ritz in den USA zu verwenden. 1927 wurde das berühmte Ritz-Carlton in Boston eröffnet. Die Ritz-Carlton Investing Company baute noch mehrere Hotels, die jedoch bis 1940 alle wieder geschlossen bzw. verkauft wurden. 1983 erwarb der Immobilienunternehmer William Johnson das Ritz-Carlton in Boston und gründete die Ritz-Carlton Hotel Company, die in der Folgezeit zahlreiche neue Hotels errichtete. Seit 1998 gehört diese Gesellschaft zum Hotelkonzern Marriott.
1979 verkaufte Monique Ritz, die Witwe von Charles Ritz (1891 – 1976) das Pariser Hotel an den ägyptischen Geschäftsmann Mohamed Al-Fayed (1929 – 2023), dem von 1985 bis 2010 auch das Londoner Luxuskaufhaus Harrods gehörte. Al-Fayed lies das in die Jahre gekommene Hotel an der Westseite der Place Vendôme von 1980 bis 1987 aufwendig renovieren, wobei der Hotelbetrieb in dieser Zeit weiterlief. Im August 1997 geriet das Ritz Paris in die Schlagzeilen, als Mohameds Sohn Dodi und Prinzessin Diana unmittelbar nach dem Besuch des Hotels tödlich verunglückten.
Nachdem die staatliche Tourismusbehörde Atout France dem Ritz im Jahr 2010 die neu eingeführte Klassifizierung »Palace« (absolute Luxusklasse) verweigert hat, beschloss Mohamed Al-Fayed das Hotel erneut komplett zu renovieren. Zur Finanzierung des Umbaus verkaufte er das Kaufhaus Harrods. Die Arbeiten dauerten von 2012 bis 2016; diesmal blieb das Hotel während dieser Zeit geschlossen.
Den Namen Ritz dürfen nur die Häuser in Paris, London, Madrid und Lissabon führen, alle anderen heißen Ritz-Carlton. Das Londoner Ritz gehört seit 2020 einem Investor aus Katar, das Hotel in Madrid seit 2015 der chinesischen Mandarin Oriental Hotel Group. Das 1959 eröffnete Ritz Hotel in Lissabon hatte mit den anderen Ritz-Hotels unternehmerisch nichts zu tun. Charles Ritz gab diesem Hotel aber die Erlaubnis, den berühmten Namen Ritz zu verwenden. Das Ritz Lissabon gehört seit 1997 der kanadischen Hotelkette Four Seasons.
Der Name Ritz gilt bis heute als Inbegriff eine Luxushotels der obersten Kategorie. Zu den Gästen, die in den Ritz-Hotels zeitweise oder dauerhaft wohnten, gehören illustre Namen wie Ava Gardner, Charles de Gaulle, Coco Chanel, Prinz Charles, Prinzessin Diana, Dwight D. Eisenhower, König Edward VII., Königin Elizabeth II., Ernest Hemingway, F. Scott Fitzgerald, Grace Kelly, Judy Garland, Kaiser Haile Selassie, J. Paul Getty, Madonna, Marcel Proust, Mata Hari, Schah Mohammad Reza Pahlavi, Nubar Gulbenkian, Olga Deterding, Patrice Lumumba, Fürst Rainier III. von Monaco, Randolph Hearst, Rita Hayworth, Rudolph Valentino, The Rolling Stones und Winston Churchill.
Der amerikanische Komponist Irving Berlin verewigte den Namen Ritz 1929 in seinem berühmten Jazzsong »Puttin’ on the Ritz« (»sich fürs Ritz anziehen«, »sich in Schale werfen«).
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain