Markenlexikon

Porsche

Ursprungsland: Deutschland

Der österreichische Ingenieur Ferdinand Porsche (1875 – 1951) hatte bereits für mehrere namhafte Fahrzeugfirmen wie Austro-Daimler, Daimler (Mercedes), Lohner, Steyr und Daimler-Benz als Konstrukteur gearbeitet, bevor er 1930 in Stuttgart sein eigenes Konstruktionsbüro eröffnete. Weitere Teilhaber waren sein Schwiegersohn, der Wiener Anwalt Anton Piëch (1894 – 1952), sowie der Mercedes-Rennfahrer und Kaufmann Adolf Rosenberger (1900 – 1967), der seine Anteile wegen seiner jüdischen Abstammung jedoch 1935 zwangsweise an Porsches Sohn Ferdinand (Ferry) Anton Ernst Porsche (1909 – 1998) abtreten musste. Die ersten Aufträge des Konstrukionsbüros waren Kleinwagenprojekte für die Motorradhersteller Zündapp und NSU sowie ein Tourenwagen für Wanderer. Keiner dieser Prototypen, die teilweise schon Ähnlichkeiten mit dem späteren VW-Käfer hatten, schaffte es jedoch in die Serienproduktion. Lediglich der von Porsche-Chefingenieur Karl Rabe entwickelte 16-Zylinder-Mittelmotor-Rennwagen für die neue 750-kg-Formel, dessen Konstruktionsunterlagen 1933 für 75.000 Reichsmark an die Auto-Union verkauft wurden, brachte einiges Geld in die Kassen. Diese Grand-Prix-Rennwagen (Auto-Union Typ A – D), die im Auto-Union-Werk Horch Zwickau gebaut wurden, gehörten in den 1930er Jahren, in der Silberpfeil-Ära, zu den stärksten Gegnern von Mercedes-Benz.

1934 beauftragte Adolf Hitler Porsche mit dem Entwurf eines einfachen und preiswerten Volkswagens, der das deutsche Volk motorisieren sollte. Ende 1935 war der erste Volkswagen fertig. Porsche, der 1934 die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hatte, wurde nun stark in den Staatskonzern Volkswagen eingebunden (Hauptgeschäftsführer, Aufsichtsratsmitglied); daneben war er Wehrwirtschaftsführer (ab 1939), Vorsitzender der Panzerkommission (ab 1941) und Oberführer der Allgemeinen SS (ab 1942). Auf Basis eines VW-Chassis baute Porsche 1938 seine ersten drei Sportwagen-Prototypen mit Stromlinienkarosserie. Von 1942 bis 1944 konstruierte er außerdem einen riesigen Panzerkampfwagen (»Maus«), der jedoch nie zum Kampfeinsatz kam, sowie einen Volkstraktor, der erst in den 1950er Jahren gebaut wurde. Im November 1944 verlegten Ferdinand Porsche und sein Sohn Ferry das Konstruktionsbüro in ein stillgelegtes Sägewerk im österreichischen Ort Karnerau (Gemeinde Gmünd/Kärnten).

Im Juli 1945 wurde Ferdinand Porsche von den Amerikanern verhaftet, die allerdings weniger an ihm, sondern mehr an seinen Konstruktionsplänen interessiert waren. Nach drei Monaten, die er in einem Internierungslager in Hessen verbrachte, ließen sie ihn wieder frei. Im November 1945 bekam Porsche von dem französischen Industrieminister Marcel Paul das Angebot, einen französischen Volkswagen zu entwerfen. Doch noch bevor die Verträge unterschrieben waren, wurden Ferdinand Porsche, sein Sohn Ferry, sein Schwiegersohn Anton Piëch, der während des Krieges Volkswagen-Geschäftsführer in Wolfsburg gewesen war, und sein Neffe Herbert Kaes auf Betreiben des französischen Justizministers Pierre-Henri Teitgen von der französischen Geheimpolizei in Baden-Baden, dem Hauptquartier der französichen Armee, als Kriegsverbrecher verhaftet und fast zwei Jahre lang eingesperrt. Hintergrund für die Verhaftung war die Tatsache, dass VW 1943 die Leitung der Peugeot-Werke übernommen hatte, woraufhin die Direktoren der französischen Firma in ein KZ verschleppt worden sind. Außerdem mussten Peugeot-Arbeiter zwangsweise im VW-Werk arbeiten. Ferry Porsche kam bereits nach sechs Monaten wieder frei. Er nahm 1946 ein Konstruktionsauftrag des Ex-Profifußballers Pierro Dusio an, der in Turin die Firma Consorzio Industriale Sportivo Italia (Cisitalia) gegründet hatte, um Renn- und Sportwagen mit Fiat-Motoren zu bauen.

Porsche
Porsche

1947 gründeten Ferry und seine Schwester Louise Piëch (1904 – 1999) in Gmünd eine neue Firma. Mit dem Geld, dass ihnen der Konstruktionsauftrag aus Turin einbrachte, kauften sie ihren Vater im August 1947 nach 21 Monaten Haft frei. Der Rennwagen Cisitalia Tipo 360 wurde auch tatsächlich gebaut, doch als er 1949 fertig war, ging Piero Dusio das Geld aus und das Unternehmen machte Pleite.

Mit Hilfe der finanziellen Mittel, die ihm der Käfer einbrachte, begann Ferry Porsche 1947 in Gmünd mit dem Bau eigener Sportwagen. Zuvor hatte er mit VW eine Lizenzgebühr ausgehandelt – für jeden produzierten VW-Käfer erhielt Porsche von 1949 bis 1972 0,1 Prozent des Listenpreises – außerdem eine monatliche Vergütung für die Weiterentwicklung des Käfers von 40.000 DM, später bis zu 480.000 DM. In Österreich wurde Porsche Generalimporteur aller VW-Produkte. 1948 kam der erste Nachkriegs-Porsche (Typ 356) auf den Markt, ein unter der Leitung von Ferry Porsche konstruierter zweisitziger Heckmotor-Sportwagen mit vielen Teilen vom VW-Käfer (Fahrwerk, Getriebe, Bremsen, Boxermotor). Dieser zwischen 1948 und 1965 gebaute und meist in die USA exportierte erste Porsche, dessen charakteristische Karosserie der Käfer-Designer Erwin Kommenda (1904 – 1966) entworfen hatte, legte den Grundstein für den weltweiten Erfolg der Marke. Den 356 gab es als Coupé, Cabrio und ab 1954 auch als Speedster (Sportversion). Den Vertieb der Porsche-Sportwagen übernahm VW.

Von 1950 bis 1963 bauten die Firmen Allgeier Werke und Porsche Diesel Motorenbau (Jointventure mit Mannesmann) in Friedrichshafen-Manzell Traktoren (rund 120.000 Exemplare), die Ferdinand Porsche bereits während des Krieges entwickelt hatte (Volkstraktor). Die Porsche-Traktorenproduktion wurde 1963 an Renault verkauft. Porsche war neben anderen Unternehmen von 1958 bis 1963 auch an der Konstruktion und dem Bau der Prototypen des deutschen Kampfpanzers Leopard 1 (Porsche-Typ 814) beteiligt; die Serienproduktion übernahm Krauss-Maffei.

1950 zog Porsche wieder nach Stuttgart-Zuffenhausen um, die österreichische Vertriebsfirma blieb jedoch in Salzburg. Das Werk in Gmünd wurde 1951 aufgegeben. Neben den Straßensportwagen, von denen die bis heute produzierte 911er-Serie (ab 1964; Karosserie-Entwurf von Ferrys Sohn Ferdinand Alexander) die berühmteste ist, widmet sich Porsche vor allem Renn- und Rallyewagen (u.a. von 1968 bis 1973 der legendäre Porsche 917), die in zahlreichen internationalen Rennveranstaltungen erfolgreich zum Einsatz kamen (24 Stunden von Le Mans, CanAm Canadian-American Challenge Cup, Rallye Paris – Dakar, Sportwagen-WM). Für die Entwicklung des 917 war Ferdinand Piëch, der später Audi- und VW-Chef, verantwortlich gewesen. 1984 wurde Niki Lauda mit dem McLaren-TAG-Porsche (Motor von Porsche) zum dritten Mal Formel-1-Weltmeister. 1985 und 1986 verhalf der Porsche-Turbomotor dem Rennstall McLaren und dem Fahrer Alain Prost zu zwei weiteren WM-Titeln. Mit dem Ende der Saison 1987 zog sich Porsche wieder aus der Formel 1 zurück.

1972 wurde Porsche in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Gleichzeitig zogen sich beide Familien aus dem operativen Geschäft zurück; die verantwortlichen Familienmitglieder waren zu diesem Zeitpunkt hoffnungslos zerstritten, was die weitere Entwicklung des Unternehmens anging. Ferry wurde Aufsichtsratvorsitzender der neuen Porsche AG. Seine Schwester Louise, die Porsche in Österreich geleitet hatte, zog sich ins Privatleben zurück, ebenso Ernst Piëch. Ferdinand Alexander Porsche (bis dahin Leiter der Design-Abteilung) und Hans-Peter Porsche (Produktionsleiter) gründeten 1972 die Firma Porsche Design (Zell am See/Österreich), die u.a. Uhren, Brillen und Schreibgeräte (Porsche Design) entwirft, außerdem Industrieprodukte, Haushaltsgeräte und Gebrauchsgüter für Fremdfirmen (Design by F.A. Porsche). Ferdinand Piëch (1937 – 2019; zuvor Leiter der Entwicklungsabteilung) ging zunächst zu Audi (von 1988 bis 1992 war er Vorstandsvorsitzender der Audi AG) und dann zu Volkswagen (von 1993 bis 2002 als Vorstandsvorsitzender, von 2002 bis 2015 als Vorsitzender des Aufsichtsrates). Die jüngsten Mitglieder der Familien, Wolfgang Porsche und Hans-Michel Piëch, wurden Familiensprecher und Aufsichtsratsmitglieder.

Die Porsche-Modelle der 1970er und 1980er Jahre waren mit Ausnahme des Dauerbrenners 911 nicht besonders erfolgreich. Der von Karmann in Osnabrück gebaute VW-Porsche 914 (1969 – 1976) wurde als »Volksporsche« verlacht, der von Audi in Neckarsulm gefertigte Porsche 924 (1976 – 1988) als »Hausfrauen-Porsche«, obwohl sich dieses recht preisgünstige Modell vor allem in den USA gut verkaufte. Der Porsche 944 (1981 – 1991), der ebenfalls in Neckarsulm vom Band lief, bekam wenigsten einen echten Porsche-Motor, die Karosserie war jedoch an die des Porsche 924 Carrera GT angelehnt. Der Porsche 928 (1977 – 1995), der eigentlich den 911er ablösen sollte, wurde selbst von Ferry Porsche im Nachhinein negativ bewertet. Ende der 1980er Jahre geriet Porsche aufgrund des stark gesunkenen Dollar-Kurses (die USA waren damals der wichtigste Markt für Porsche) und einer verfehlten Modellpolitik in schwere wirtschaftliche Schwierigkeiten. Erst ab Mitte der 1990er Jahre konnte das Unternehmen wieder Gewinne ausweisen.

Porsche
Porsche

Von 2005 bis 2009 beteiligte sich die Porsche AG mit knapp über fünfzig Prozent an der Volkswagen AG und wurde damit größter Anteilseigner des langjährigen Partners aus Wolfsburg. Beide Unternehmen hatten bereits bei mehreren Fahrzeugmodellen eng zusammengearbeitet (1969 – 1976 VW-Porsche 914, 1976 – 1988 Porsche 924, 1977 – 1995 Porsche 928, 1981 – 1991 Porsche 944, 1991 – 1995 Porsche 968, ab 2003 Porsche Cayenne/VW Touareg). 2007 wurde die Porsche Automobil Holding SE Stuttgart gegründet, die Porsche AG war nun nur noch für das operative Geschäft des Unternehmens zuständig. Infolge der weltweiten Wirtschaftskrise 2008/2009 kam Porsche jedoch in finanzielle Schwerigkeiten, die dazu führten, dass die Volkswagen AG schließlich die Porsche AG im Jahr 2012 übernahm. Die Porsche Automobil Holding, die sich im Besitz der Familien Porsche und Piëch befindet, ist nun größter Anteilseigner der Volkswagen AG. 2011 erwarb Volkswagen auch die Porsche Holding aus Salzburg, einen der größten VW- und Porsche-Händler.

Im September 2022 brachte die Volkswagen AG die Porsche AG an die Börse. Die Porsche Automobil Holding SE behielt eine Sperrminorität von 25 Prozent plus eine Aktie. Weitere Großaktionäre sind die Qatar Investment Authority (Katar) und der norwegische Staatsfonds Statens Pensjonsfond. Beide Gesellschaften sind auch an der Volkswagen AG beteiligt. Daneben gibt es Privatanleger aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, der Schweiz und Spanien.

Neben der 911er Serie, dem Kernmodell der Marke, fertigt Porsche u.a. den Roadster Boxter (seit 1996), der teilweise bei Valmet Automative in Uusikaupunki (Finnland) vom Band läuft, das auf dem Boxster der zweiten Generation (Typ 987) basierende Sportcoupé Cayman (seit 2005), den Geländewagen Cayenne (seit 2003), die Oberklasse-Kombilimousine Panamera (seit 2009), das auf dem Audi Q5 basierende SUV Macan (seit 2014) und den Porsche 918 (seit 2013), ein Hochleistungs-Mittelmotor-Sportwagen mit Hybridantrieb.

Neben dem Hauptwerk in Stuttgart-Zuffenhausen betreibt Porsche seit 1971 ein Entwicklungszentrum in Weissach (zwischen Stuttgart und Pforzheim) sowie ein Produktionswerk in Leipzig (seit 2002).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain