Markenlexikon
Der Chemiker Edwin Herbert Land (1909 – 1991) und der Physiker George William Wheelwright III. (1903 – 2001) gründeten 1932 in Cambridge/Massachusetts – vor den Toren der Harvard-University, wo beide studiert hatten – die Land Wheelwright Laboratories, die sich zunächst mit der Erforschung von Polarisationsfiltern für Sonnenbrillen, Fotoapparate und Autoscheinwerfer beschäftigte, um Lichtschwingungen, die zu Reflexion und Blendung führen, zu beseitigen. Ab 1935 wurden diese Sonnenbrillen und Leselampen mit Polarisationsfiltern aus Kunststoff unter dem Markennamen Polaroid (Polarisation + Zelluloid) verkauft. 1937 benannte sich das Unternehmen in Polaroid Corporation um.
1946/1947 entwickelte Polaroid die erste Sofortbildkamera der Welt, die innerhalb weniger Minuten nach der Belichtung fertige Abzüge lieferte. Ende 1948 kam die Polaroid Land Camera Model 95 für 89,50 Dollar in den Handel. Der Legende nach soll Lands damals dreijährige Tochter den Anstoß zur Entwicklung gegeben haben, als sie ihren Vater fragte, warum man beim Fotografieren so lange auf das fertige Bild warten muss.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Militär zum größten Kunden von Polaroid. In den 1950er Jahren entwickelte das Unternehmen u.a. Luftbild-Fotoapparate für das extrem hochfliegende Aufklärungsflugzeug Lockheed U-2. Hauptprodukt blieben jedoch Sofortbildkameras sowie die dazugehörigen Filmkassetten.
1963 gab es erstmals eine Sofortbildkamera für Farbbilder, 1965 kam die Billigkamera Swinger heraus, 1971 führte Polaroid eine Miniportraitkamera ein, die gleichzeitig vier Fotos im Passbildformat aufnehmen konnte, und ab 1972 warfen die Kameras kein Deckblatt mehr mit jedem Bild aus, was vor allem die Straßenkehrer in Touristenzentren gefreut haben dürfte.
Die u.a. von Laurence Olivier (»Spartacus«, »Romeo und Julia«), Ali McGraw (»Love Story«, »Getaway«), James Garner (»Detektiv Rockford«) und Mariette Hartley (»Marnie«) im Fernsehen beworbenen Sofortbildkameras verkauften sich in den 1960er und 1970er Jahren hervorragend. Das Geld verdiente Polaroid jedoch hauptsächlich mit den teuren Filmkassetten, während die Kameras selbst recht billig angeboten wurden – ähnlich wie es IBM früher mit den Lochkarten gemacht hatte sowie die Rasierer- und Druckerhersteller mit Klingen und Tintenpatronen. Einen Rechtsstreit mit dem Fotokonzern Kodak, der 1976 ebenfalls eine Sofortbildkamera auf den Markt gebracht hatte, konnte Polaroid für sich entscheiden. Kodak musste die Produktion 1986 einstellen.
Der Aufstieg der Digitalfotografie in den 1990er Jahren versetzte der Sofortbildfotografie und dem Unternehmen Polaroid jedoch den Todesstoß. Versuche mit anderen Produkten (Filmbelichter, medizinische Bildgebung, Mikrochips, Projektoren, Scanner, Super-8-Kameras, Software) Marktanteile zu erobern scheiterten allesamt. 2001 musste Polaroid Antrag auf Gläubigerschutz stellen.
Seither versuchten unterschiedliche Eigentümer die Marke Polaroid mit verschiedenen Produkten, die teilweise von asiatischen Auftragsfertigern hergestellt wurden, am Leben zu erhalten (Batterien, digitale Fotodrucker, digitale Fotorahmen, Digitalkameras, DVD-Player, LCD-Fernseher, polarisierte Linsen für Sonnenbrillen, Sofortbildkameras). 2007 wurde die Produktion der Sofortbildkameras eingestellt. Da sich die Sofortbildfotografie seit den späten 2010er Jahren wieder einer gewissen Beliebtheit erfreut, ähnlich wie die Vinylschallplatte, kam 2017 eine neue Polaroid-Sofortbildkamera auf den Markt, die dem Modell Polaroid OneStep aus dem Jahr 1977 nachempfunden ist.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain