Markenlexikon
Der Maschinenbau-Ingenieur Gerard Leonard Frederik Philips (1858 – 1942) erwarb 1891 in Eindhoven ein Fabrikgebäude, in dem er ein Jahr später mit der Produktion von Kohlefadenglühlampen begann. Das Geld steuerte sein Vater, der Bankier Benjamin Frederik David Philips (1830 – 1900), bei. 1895 trat sein Bruder Anton Frederik Philips (1874 – 1951) in das Unternehmen ein. Er übernahm bald die kaufmännische Leitung, während sich Gerard um die technische Seite kümmerte. Bereits um die Jahrhundertwende war Philips der größte europäische Glühlampenhersteller.
1912 wandelten die Philips-Brüder ihr Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um. Ein Jahr später rief Philips den Werkssportverein PSV Eindhoven (Philips' Sport Vereniging) ins Leben, der heute zu den erfolgreichsten Fußballvereinen der Niederlande gehört. Die Spiele des Clubs im Philips Stadion (früher Philips Sportpark) boten dem Unternehmen später immer wieder die Möglichkeit, der Öffentlichkeit neue Technologien zu präsentieren, u. a. die erste Fernsehübertragung eines Fußballspiels in den Niederlanden (1950) oder die Installation einer Flutlichtanlage (1958).
Die Philips-Produktpalette wurde in den nächsten Jahrzehnten kontinuierlich auf andere Bereiche der Elektrotechnik und Elektronik ausgeweitet, u. a. Radio- und Röntgenröhren (1918), Radiogeräte (1927), elektrische Rasierapparate (1939), Autoradios (1948), Tonbandgeräte (1950), Schallplatten (1950), Fernsehgeräte (1952), Computer (1952), Staubsauger (1955), elektrische Haushaltsgeräte (1958), Halbleiter/Integrierte Schaltungen (1965) und Heim-Videorekorder (1972).
Zu einem dauerhaften Erfolg entwickelte sich der Elektrorasierer Philishave (anfangs Staalbaard/Stahlbart genannt; seit 2006 nur noch Philips), der 1939 auf den Markt kam. Das von dem Ingenieur Alexandre Horowitz konstruierte Gerät besaß im Gegensatz zu anderen Rasierapparaten ein neuartiges rotierendes Schersystem mit 48 Schlitzen, das von Philips' Fahrrad-Dynamos inspiriert war. Der Durchbruch kam Anfang der 1950er Jahre mit der Einführung von zwei Scherköpfen. 1966 folgte ein Modell mit drei Scherköpfen. Mit dem Philishave stieg Philips neben Braun (Deutschland), Remington (USA) und Schick (USA) zu einem weltweit führenden Hersteller von Elektrorasierern auf.
1950/1951 rief Philips in Baarn eine eigene Plattenfirma mit Presswerk ins Leben (PPI Philips Phonographische Industrie; ab 1967 Phonogram). Weitere Phonogram-Tochtergesellschaften entstanden u. a. in Hamburg (1968), London (1970) und Chicago (1973). Philips etablierte mehrere Sublabels (1958 Fontana, 1969 Vertigo) und kaufte 1962 die US-Plattenfirma Mercury aus Chicago. 1962 erwarben Philips und Siemens an ihren im Musikbereich tätigen Tochtergesellschaften PPI und Deutsche Grammophon (Polydor) wechselseitig Beteiligungen. Als internationale Holding für die Siemens- und Philips-Musikaktivitäten entstand 1972 das Jointventure PolyGram (POLYdor + PhonoGRAM); zwischen 1983 und 1987 erwarb Philips auch die Siemens-Anteile.
Philips/PolyGram gehörte mit seinen zahlreichen Labels zu den größten Musikkonzernen der Welt und vermarktete Musiker und Bands wie Abba, Alexandra, Aphrodite’s Child, Barclay James Harvest, Bee Gees, Black Sabbath, Bon Jovi, Bronski Beat, David Bowie, Dire Straits, Donna Summer, Fancy, France Gall, Genesis, Graham Parker, Hans Hartz, James Last, Jimi Hendrix, Johnny Hallyday, Kiss, Kraftwerk, Lionel Richie, Manfred Mann, Marianne Rosenberg, Nana Mouskouri, Peter Cornelius, Rubettes, Status Quo, Thin Lizzy, Tony Carey, Trio, Udo Lindenberg, Uriah Heep, Vader Abraham, Vicky Leandros, Village People, Visage und 10cc.
1998 verkaufte Philips das Musikgeschäft an den kanadischen Spirituosenkonzern Seagram, dem bereits die Universal Studios und die Universal Music Group, die frühere MCA Music Entertaiment Group, gehörten. Seagram integrierte PolyGram daraufhin in die Universal Music Group.
1963 brachte Philips die wiederbespielbare Magnetbandkassette (Compact Cassette) und die dazugehörigen Kassettenrekorder auf den Markt, die sich aufgrund günstiger Preise und dem Verzicht von Lizenzgebühren für die Herstellung durch andere Firmen bald zum weltweiten Industriestandard entwickelten. Auch die ersten Radiorekorder, die Philips 1966 auf den Markt brachte, und das von der US-Firma Dolby entwickelte Rauschunterdrückungssystem (1968) trugen zum Erfolg der neuen Geräte bei. Bis Anfang der 1990er Jahre, als die ersten CD-Brenner und beschreibbaren CD-R auf den Markt kamen, war die Compact Cassette, die es in unterschiedlichen Längen (60, 90, 120 Minuten) und Bandmaterial (Eisenoxid, Chromdioxid, kobaltdotiertes Eisenoxid, Ferrochrom, Reineisen) gab, neben dem Tonband das einzige Medium zur privaten und individuellen Speicherung von Musik. Entwickelt wurde die Compact Cassette von einem Philips-Team (Lou Ottens, Jan Schoenmakers, Peter van der Sluis, Herman Cornelius Lalesse) im Philips-Werk in Hasselt (Belgien).
1980 brachte Philips die ersten Energiesparlampen auf den Markt. Die Kompaktleuchtstofflampen mit integriertem Vorschaltgerät und Edison-Schraubsockel konnten aufgrund ihrer Abmessungen und ihrem Gewicht jedoch nicht in allen Leuchten verwendet werden.
Von 1979 bis 1982 entwickelte Philips gemeinsam mit Panasonic, Sony, Toshiba und Texas Instruments die Audio-Compact Disc (CD), einen optischen Speicher zur digitalen Speicherung von Musik. Ende 1982 kamen die ersten CDs und Abspielgeräte auf den Markt. Die CD leitete das Ende der analogen Vinyl-Schallplatte ein, die bis Anfang der 1990er Jahre fast vollständig aus den Musikgeschäften verschwand. Philips gehörte später auch zu den Mitentwicklern der DVD (Digital Video/Versatile Disc; 1993 – 1997) und der Blu-ray Disc (2002 – 2006).
In den 1990er Jahren geriet der Konzern in schwierige wirtschaftliche Verhältnisse, die dazu führten, dass ab dieser Zeit zahlreiche Geschäftsbereiche nach und nach verkauft oder ausgegliedert wurden (u. a. 1991 Waschmaschinen, Kühlschränke und Computer, 1993 Verteidigungselektronik sowie Kabel- und Glasfaseraktivitäten, 1997 Car Systems, 1998 Schallplatten, 2002 Faxgeräte, 2005 – 2014 Fernsehgeräte, 2006 Halbleiter, 2008 PC-Monitore, 2014 Unterhaltungselektronik, 2016 Lichttechnik). 1998 wurde der Philips-Firmensitz von Eindhoven nach Amsterdam verlegt.
Durch die Übernahme des US-Unternehmens Optiva aus Seattle, den Hersteller der elektrischen Sonicare-Zahnbürsten (2000), und des italienischen Hausgeräte-Herstellers Saeco (2009; Espresso-Maschinen, Kaffeemaschinen, Dampfreiniger, Bügelstationen, Klimageräte) erschloss sich Philips zwei neue Geschäftsfelder. Zu einem durchschlagenden Erfolg entwickelte sich das 2001 gemeinsam mit dem ebenfalls aus den Niederlanden stammenden Kaffee- und Teevermarkter Douwe Egberts auf den Markt gebrachte Kaffeepadsystem Senseo.
Seit Mitte der 2000er Jahre konzentrierte Philips seinen Aktivitäten immer mehr auf die Bereiche Gesundheit (Medizintechnik, Vernetzung medizinischer Daten) und Konsumenten-Elektronik (kleine Körperpflege- und Haushaltsgeräte).
In Nordamerika kamen die Philips-Produkte wegen der Namensähnlichkeit mit dem US-Radio- und Fernsehgerätehersteller Philco lange Zeit unter den Marken Norelco (North American Philips Electrical Company) und Magnavox (nachdem Philips diese US-Firma 1974 erworben hatte) in den Handel. Erst nach dem Kauf der Radio- und Fernsehgeräte-Sparte von GTE-Sylvania (1981), zu der seit 1974 auch Philco gehörte, konnte Philips seinen eigenen Markennamen in den USA verwenden. Der Name Norelco wurde in den 2000er Jahren nach und nach erst durch Philips-Norelco und dann durch Philips ersetzt.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain