Markenlexikon
Der aus Schottland stammende William Wadsworth Hodkinson (1881 – 1971) war der Erste, der in den USA eine landesweite Filmverleih-Organisation aufbaute, zunächst an der Westküste, wo er seine Firma Progressive Pictures nannte, und dann 1914 auch an der Ostküste. Da der Name dort schon vergeben war, nannte er die neue Firma Paramount Pictures (engl. überragende Filme). Zunächst übernahm das Unternehmen den Vertrieb für die Famous Players Company, eine Produktionsfirma, die 1912 von dem ungarischen Filmimporteur und Kinobetreiber Adolphe Zukor (1873 – 1976) und dem Broadway-Produzenten Daniel Frohmann (1851 – 1940) als Schauspieler-Agentur gegründet worden war. 1916 schloss sich Famous Players mit der 1913 von Jesse Louis Lasky (1880 – 1958) und Sam Goldwyn (1879 – 1974) gegründeten Jesse Lasky Feature Play Company zusammen und 1917 übernahm die Famous Players Lasky Company schließlich Paramount Pictures. Zukor wurde Direktor und Lasky Produktionschef.
Zu den Paramount-Stars der Anfangszeit zählen u. a. Mary Pickford (die 1919 United Artists mitgründete), Gloria Swanson, Pola Negri und Rudolph Valentino sowie der Regisseur Cecil Blount DeMille. 1919 eröffnete die Firma ihre ersten Kinos und 1926 erwarb Paramount die Kinokette Balaban & Katz aus Chicago. Im gleichen Jahr zog Paramount in ein bereits seit 1917 existierendes Studio in der Melrose Avenue. Das Paramount-Studio ist heute das einzige namhafte Filmstudio in Hollywood, alle anderen Studios befinden sich in Burbank, Culver City und Universal City. 1928 wurde der Musikverlag Famous Music gegründet, der die Soundtracks aus den Paramount-Filmen verlegte. 1930 war Paramount mit rund 1200 Kinos neben Fox der führende Kinobetreiber in den USA und Kanada.
Zu den Stars des Studios gehörten nun Cary Grant, Claudette Colbert, Emil Jannings, Fredric March, Gary Cooper, Mae West, Marlene Dietrich und The Marx Brothers sowie die Regisseure Josef von Sternberg und Rouben Mamoulian. Infolge der Weltwirtschaftskrise geriet das Unternehmen jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, die 1933 zum Konkurs führten. Jesse Lasky musste die Firma verlassen (er arbeitete fortan als selbstständiger Filmproduzent und Drehbuchautor) und Zukor trat als Direktor zurück, um in den Aufsichtsrat zu wechseln. 1936 wurde Barney Balaban (1887 – 1971), der Mitgründer von Balaban & Katz, Präsident des reorganisierten Unternehmens. 1941 erwarb Paramount das Trickfilmstudio von Max und Dave Fleischer, das seit langem für Paramount Trickfilme produziert, u. a. mit den Figuren Betty Boop, Bimbo, Gulliver, Koko The Clown, Popeye The Sailor und Superman.
Im Zuge der Antitrustkampagne gegen die Konzentration der Hollywood-Industrie wurde Ende der 1930er Jahre vom Obersten Gerichtshof der USA ein Musterprozess gegen Paramount Pictures angestrengt, der die Trennung der Produktions- und Kinoaktivitäten zum Ziel hatte. 1949 kam es zu einem Urteil: Paramount musste in eine Produktions- und Verleihfirma (Paramount Pictures) und eine Kinokette (United Paramount Theatres) aufgeteilt werden. Infolge dieses Prozesses sahen sich auch andere Filmstudios gezwungen, ihre Kinoketten abzustoßen. United Paramount Theatres schloss sich 1953 mit dem TV-Sender American Broadcasting Company (ABC) zusammen (ABC-Paramount). Die Kinokette verkaufte ABC erst in den 1970er Jahren. Von 1948 bis 1956 bestand das TV-Network Paramount Television Network (PTN).
1957 erwarb Paramount Pictures das Plattenlabel Dot Records, das den außergewöhnlich erfolgreichen Sänger und Schauspieler Pat Boone unter Vertrag hatte. Die Paramount-Tochter Famous Music veröffentlichte auf dem Dot-Label anschließend auch Soundtrack-Platten aus den eigenen Filmen. Paramount Pictures konnte den eigenen Firmennamen damals nicht für den Musikbereich verwenden, da ABC-Paramount bereits seit 1955 in diesem Bereich tätig war. Erst als sich ABC-Paramount 1965 wieder in ABC und das Plattenlabel 1966 in ABC Records umbenannte, nutzte Paramount Pictures das Label Paramount Records für einige Jahre. Doch schon 1974 verkaufte der Filmkonzern große Teile seinen Musikbereichs – mit Ausnahme des Musikverlags Famous Music – wieder an ABC Records.
1966 wurde Paramount Pictures von dem US-Mischkonzern Gulf & Western Industries (Autoteile, Bergbau, Chemie, Metallverarbeitung, Tabak, Zucker) übernommen, den der in Österreich geborene Unternehmer Charles George Bluhdorn (1926 – 1983) erst 1958 in Houston/Texas gegründet hatte. 1967 erwarb Gulf & Western die von den Schauspielern Desi Arnaz (1917 – 1986) und Lucille Ball (1911 – 1989) gegründete Produktionsfirma Desilu, die TV-Serien wie »Star Trek« (1966 – 1969), »Mannix« (1967 – 1975) und »Mission: Impossible« (1966 – 1973) produzierte. Das Desilu-Studiogelände in der Gower Street (ein früheres RKO-Studio) integrierte man daraufhin in die gleich nebenan liegenden Paramount Studios. Die Desilu-Studios in Culver City (ebenfalls ein ehemaliges RKO-Studio) und am Cahuenga Boulevard wurden 1968 und 1974 verkauft.
1970 etablierten Paramount und Universal die Cinema International Corporation (CIC), die für den Filmverleih beider Studios außerhalb der USA zuständig war. 1989 wurde CIC in UIP United International Pictures umbenannt; von 1973 bis 2000 war auch Metro-Goldwyn-Mayer bzw. MGM/United Artists an CIC/UIP beteiligt.
Nach dem frühen Tod von Charles Bluhdorn im Jahr 1983 begann Martin S. Davis als neuer CEO von Gulf & Western damit, den Konzern umzubauen. Im Vordergrund standen nun die Unterhaltungsaktivitäten (Paramount Pictures) – der Rest kam nach und nach unter den Hammer. 1989 benannte sich Gulf & Western schließlich in Paramount Communications um. 1991 stieg Paramount durch die Übernahme mehrerer unabhängiger TV-Stationen erneut in das TV-Geschäft ein (Paramount Stations Group; 1995 – 2006 UPN United Paramount Network).
1993 wurde Paramount Communications von dem Medienkonzern Viacom (MTV, Nickelodeon, Showtime, The Movie Channel, VH-1), dem früheren Kabelnetz der TV-Gesellschaft CBS, übernommen. Zwei Jahre später erwarb Viacom die Videotheken-Kette Blockbuster Entertainment. Zur gleichen Zeit beteiligte sich Blockbuster an der Spelling Entertainment Group (»Beverly Hills, 90210«, »Charmed«, »Der Denver-Clan«, »Drei Engel für Charlie«, »Hart aber herzlich«, »Melrose Place«, »Starsky & Hutch«, »T. J. Hooker«, »Vegas«), die dem TV-Produzenten Aaron Spelling (1923 – 2006) gehörte; bis 2000 übernahm Viacom auch die restlichen Anteile.
1999 erwarb Viacom die frühere Muttergesellschaft CBS, teilte sich aber 2005 in die beiden Unternehmen Viacom (MTV, Paramount Pictures, Nickelodeon, Famous Music) und CBS (CBS, Showtime, Simon & Schuster, UPN United Paramount Network) auf. Die Videothekenkette Blockbuster wurde 2004 verselbstständigt, der Musikverlag Famous Music 2007 an Sony verkauft. Die beiden TV-Networks UPN (CBS) und The WB (Warner Bros.) firmieren seit 2006 unter dem Namen The CW Network (C = CBS, W = Warner Bros.). 2019 schlossen sich Viacom und CBS erneut zusammen. Der Streamingdienst CBS All Access wurde 2021 in Paramount+ umbenannt.
2022 benannte sich ViacomCBS nach seiner weltweit bekanntesten Marke in Paramount Global um. Zum Konzern gehören die fünf Geschäftsbereiche Paramount Pictures (Filmproduktion, Verleih), Paramount Media Networks (Comedy Central, Flix, MTV, Nickelodeon, Paramount Network, Pop-TV, Showtime, The Movie Channel), Paramount Streaming (BET+, CBSN, CBS Sports HQ, Noggin, Paramount+, Pluto TV), Paramount Global Distribution Group und CBS Entertainment Group (CBS TV-Network). Der Hauptsitz befindet sich in New York.
2024 verkaufte Shari Redstone, die Tochter des vormaligen Paramount-Eigentümers Sumner Redstone (1923 – 2020) ihre Paramount-Mehrheitsanteile an den Filmproduzenten David Ellison (Skydance Media), den Sohn des Oracle-Gründers Larry Ellison.
Zu den erfolgreichsten Kino- und TV-Filmen/-Serien, an deren Produktion, Finanzierung oder Verleih Paramount beteiligt war, zählten u. a. »American Gigolo« (1980), »Baywatch« (2017), »Ben Hur« (2016), »Beverly Hills Cop« (Filmreihe ab 1984), »Blonde Venus« (1930), »Braveheart« (1995), »Chinatown« (1974), »Crocodile Dundee« (Filmreihe ab 1986), »Das Fenster zum Hof« (1954), »Deep Impact« (1998), »Der Marshall« (1969), »Der Pate« (Filmreihe ab 1972), »Die nackte Kanone« (Filmreihe ab 1988), »Die zehn Gebote« (1956), »Dr. Jekyll und Mr. Hyde« (1931), »Ein Herz und eine Krone«(1953), »Ein Mann sieht rot« (1974), »Ein Offizier und Gentleman« (1982), »Ein unmoralisches Angebot« (1993), »Flash Dance« (1983), »Forrest Gump« (1994), »Frühstück bei Tiffany« (1961), »Grease« (1978), »Hercules« (2014), »Immer Ärger mit Harry« (1955), »Indiana Jones« (Filmreihe ab 1979), »Iron Man« (Filmreihe ab 2008), »Jagd auf Roter Oktober« (1990), »Lara Croft: Tomb Raider« (Filmreihe ab 2001), »King Kong« (1976), »Love Story« (1970), »Mission: Impossible« (Filmreihe ab 1995), »Noah« (2014), »Paper Moon« (1973), »Popeye« (1980), »Psycho« (1960), »Rosemaries Baby« (1968), »Saturday Night Fever« (1977), »Serpico« (1973), »Spiel mir das Lied vom Tod« (1968), »Star Trek« (Filmreihe ab 1979), »Sunset Boulevard« (1950), »Terminator Genisys« (2015), »Terminator: Dark Fate« (2019), »Thor« (2011), »Titanic« (1997), »Top Gun« (Filmreihe ab 1986), »Transformers« (Filmreihe ab 2007), »Union Pacific« (1939), »Vertigo« (1958), »Waterloo« (1970), »Wem die Stunde schlägt« (1943), »Über den Dächern von Nizza« (1955) und »1492 – Die Eroberung des Paradieses« (1992).
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain