Markenlexikon
Die Brüder James Ward Packard (1863 – 1928) und William Doud Packard (1861 – 1923) gründeten 1890 und 1891 in Warren/Ohio zwei Elektrofirmen (Packard Electric Company, New York and Ohio Company). James Packard interessierte sich jedoch mehr für Automobile und während einer Reise nach Frankreich kaufte er sich 1895 ein De Dion-Bouton Tricycle. Er fertigte auch selbst Zeichnungen für ein eigenes Auto an. 1898 kaufte er ein weiteres Fahrzeug, einen Winton, mit dem es allerdings immer wieder Probleme gab. Packard setzte sich mehrmals mit dem Konstrukteur Alexander Winton in Verbindung, um ihm immer wieder Verbesserungsvorschläge zu machen. Der reagiert jedoch zunehmend gereizt und eines Tages soll er ihm gesagt haben, dass er doch selbst ein Auto bauen solle, wenn er so klug sei.
Genau das taten die Packard-Brüder dann auch. Sie warben Wintons Chefmechaniker William Albert Hatcher ab und konnten auch den Winton-Investor George L. Weiss für sich gewinnen. In den Werksanlagen der New York and Ohio Company richteten sie sich eine Werkstatt ein, wo 1899 das erste Packard-Automobil entstand. Zur Produktion der Automobile gründeten die Packard-Brüder, George Weiss und William Hatcher 1899 die Ohio Automobile Company. William Packard zog sich jedoch schon kurz darauf aus dieser Firma wieder zurück und übernahm die Leitung der New York and Ohio Company. 1903 wurde das Unternehmen im Zuge einer Kapitalerhöhung in Packard Motor Car Company umbenannt und der Sitz nach Detroit verlegt, wo zu gleichen Zeit ein neues Werk entstand. Die Mehrheit der Aktien besaßen nun mehrere Detroiter Investoren. James Packard blieb noch bis 1909 formal Präsident der Gesellschaft und bis 1915 Mitglied des Aufsichtsrats, eine aktive Rolle spielte er jedoch nicht mehr. 1915 zog er sich ganz aus dem Geschäftsleben zurück. Auch Weiss und Hatcher verließen das Unternehmen. Die Packard Electric Company, die sich später auf Autoelektrik spezialisierte, wurde 1932 von General Motors übernommen.


Packard baute vor allem große Oberklasse- und Luxusfahrzeuge. Sie wurden von Industriellen (William Rockefeller), Präsidenten (Warren G. Harding, Franklin D. Roosevelt) und Königen (Alexander I., Haakon VII., Zar Nikolaus II.) gefahren. Auch der sowjetische Diktator Joseph Stalin war ein Anhänger der Marke. Die in Moskau gebaute Oberklasse-Limousine ZIS-110 und die darauf basierende Staatskarosse ZIS-115 waren dem Packard 180 zumindest äußerlich nachempfunden. Packard gehörte neben Cadillac/LaSalle (GM), Lincoln (Ford), Pierce-Arrow (Studebaker) und Peerless lange Zeit zu den führenden US-Herstellern von Oberklasse-Fahrzeugen. Daneben baute das Unternehmen eine Zeitlang auch Nutzfahrzeuge (1904 – 1923), Flug- und Bootsmotoren (1916 – 1956) sowie Strahltriebwerke (1948 – 1952).
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlegte Packard seinen Fokus von der Oberklasse auf die obere Mittelklasse. Zunächst ging diese Strategie auf, doch als sich die Big Three (GM, Ford, Chrysler) ab den späten 1940er Jahren einen ruinösen Preiskrieg in der Mittelklasse lieferten, kamen die kleineren Hersteller wie Hudson, Nash, Packard, Studebaker und Willys-Overland immer mehr in Schwierigkeiten. Die Folge waren Fusionen: Packard schloss sich 1954 mit Studebaker zusammen. Das vereinigte Unternehmen produzierte und verkaufte jedoch viel zu wenig Fahrzeuge, um auch nur in der Nähe der Gewinnschwelle zu kommen. Bei den Fusionsverhandlungen hatten die beiden Parteien ihre betriebswirtschaftlichen Verhältnisse und Verkaufszahlen nicht vollständig offengelegt. Die Packard-Fabrik in Detroit wurde 1956 geschlossen und die Packard-Produktion in das Studebaker-Werk nach South Bend/Indiana verlegt. Schließlich gab Studebaker die Marke Packard 1959 ganz auf und konzentrierte sich bis Mitte der 1960er Jahre auf kompakte Autos. 1966 kam auch das Ende von Studebaker.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain