Markenlexikon
Der aus Österreich-Ungarn stammende Unternehmer William Fox (1879 – 1952), der eigentlich Wilhelm (oder Vilmos) Fried Fuchs hieß, eröffnete 1904 in New York City sein erstes Nickelodeon, ein Vorläufer der späteren Kinos, wo man sich für einen Nickel (Fünf Cent) die ersten kurzen Filme anschauen konnte. Bald darauf folgten weitere, vor allem in Manhattan und Brooklyn. 1913 gründete er einen Filmverleih und eine Produktionsfirma, die ein Studio in Fort Lee/New Jersey betrieb, dem damaligen Zentrum der amerikanischen Filmindustrie. Beide Unternehmen schloss er 1915 zur Fox Film Corporation zusammen. Einer der ersten Fox-Filme war »A Fool There Was« (1915), in dem die Schauspielerin Theda Bara eine verruchte Frau spielte, die unbescholtene Männer verführt und zugrunde richtet. Der Film, der auf dem Gedicht »The Vampire« von Rudyard Kipling basierte, war für damalige Zeiten sehr gewagt; trotzdem, oder gerade deswegen, wurde er zu einem großen Erfolg. Wie viele andere unabhängige Filmproduzenten verlegte Fox sein Studio 1917 nach Hollywood, wo das Klima und die Lichtverhältnisse besser waren als an der Ostküste.
Ab 1925 lieferte eine eigens gegründete Nachrichtenabteilung zweimal wöchentlich eine Wochenschau mit den neuesten Nachrichten an die Kinos. Mit Fox Movietone News brachte Fox 1927 die weltweit erste Ton-Wochenschau heraus, die auch international verbreitet wurde. Fünfzig Aufnahmeteams waren ständig in der ganzen Welt unterwegs, um Neuigkeiten aus Sport, Mode und Politik zu sammeln und unterhaltsam aufzubereiten. Infolge des gescheiterten Übernahmeversuchs von Metro-Goldwyn-Mayer und des Börsen-Crashs von 1929 verlor William Fox jedoch nach und nach die Kontrolle über sein Unternehmen. Nur durch neue Kredite, die die Banken vor allem deswegen gewährten, weil Fox den Kinderstar Shirley Temple unter Vertrag hatte, konnte ein Konkurs abgewendet werden. Die Fox Theatre ging jedoch 1936 bankrott. William Fox selbst musste im gleichen Jahr für sechs Monate ins Gefängnis, weil er während seines eigenen Konkursverfahrens versucht hatte den Richter zu bestechen.
1935 wurde Fox Film mit der Produktionsfirma 20th Century Pictures zusammengeschlossen, die der aus Russland eingewanderte Filmproduzent Joseph Michael Schenck (1878 – 1961), der eine Zeit lang Teilhaber und Geschäftsführer von United Artists gewesen war, und der ehemalige Warner-Bros.-Produktionschef Darryl Francis Zanuck (1902 – 1979) 1933 gegründet hatten. 20th Century Fox kam damit auch in den Besitz des Fox-Studios im Westen von Los Angeles, das William Fox von 1923 bis 1928 auf der ehemaligen Ranch des Stummfilmstars Tom Mix errichtet hatte. 1961 verkaufte 20th Century Fox Teile des Studiogeländes, wo in den nächsten Jahren das ultramoderne Stadtviertel Century City errichtet wurde. Das Fox-Studio am Pico Boulevard gehört seit 2019 der TV-Gesellschaft Fox. 20th Century Fox hat seinen Sitz seit 1987 im Fox-Plaza-Hochhaus in Century City.
Mit Stars wie Shirley Temple, Tyrone Power, Henry Fonda, Elvis Presley und Marilyn Monroe sowie technischen Innovationen wie dem Breitwandverfahren CinemaScope (ab 1953) schaffte 20th Century Fox den Aufstieg in die Riege der großen Major-Studios (Columbia, Metro-Goldwyn-Mayer, Paramount, RKO Radio Pictures, United Artists, Universal, Warner Bros., 20th Century Fox). Seine Kinos musste 20th Century-Fox in den 1950er Jahren aus kartellrechtlichen Gründen verkaufen, ebenso wie auch die anderen großen Hollywood-Studios. Dieser Bereich wurde 1953 als Fox National Theaters verselbstständigt.
1958 etablierte 20th Century Fox ein Plattenlabel, auf dem vorzugsweise Soundtracks aus den eigenen Filmen oder Teile davon veröffentlicht wurden. Auch andere Studios waren im Musikgeschäft tätig (Columbia/Colpix, MCA/Decca/Universal, MGM Records, Warner Bros. Records). Diese Sparte firmierte als 20th Fox Records (ab 1958), 20th Century Fox Records (ab 1963) und 20th Century Records (ab 1972). 1982 wurde die Musikabteilung an PolyGram (Casablanca, Decca, Mercury, Philips, Phonogram, Polydor, RSO, Vertigo) verkauft.
In den frühen 1960er Jahren brachte der vierstündige Historienfilm »Cleopatra« mit Liz Taylor, Richard Burton und Rex Harrison in den Hauptrollen die Firma an den Rand des Ruins. Die gesamte Produktion dauerte von 1959 bis 1963 und die ursprünglich geplanten Kosten von zehn Millionen Dollar stiegen auf über vierzig Millionen Dollar. Dieser Rekord wurde erst 2009 mit »Avatar« übertroffen. Die hohen Kosten für »Cleopatra« führten auch dazu, dass Spyros Skouras (1893 – 1971), der von 1942 bis 1962 Präsident von 20th Century Fox war, auf Druck der Aktionäre (vor allem Darryl Zanuck) von seinem Posten zurücktreten musste.
Anschließend leiteten Darryl und sein Sohn Richard Zanuck (1934 – 2012) das Studio bis 1970 gemeinsam. Dann zerstritten sie sich wegen der jungen Geliebten des Vaters (Genevieve Gilles) und seines damit zusammenhängenden Verhaltens komplett und warfen sich gegenseitig aus der Firma; erst der Vater den Sohn, dann rebellierte der Sohn zusammen mit der betrogenen Mutter und einiger anderer Aktionäre gegen den Vater. Damit war die Ära Zanuck bei 20th Century Fox beendet. Darryl Zanuck zog sich aus dem Filmgeschäft zurück und kehrte zu seiner Frau zurück. Richard Zanuck ging erst zu Warner Bros., dann zu Universal, wo er u. a. Steven Spielbergs »Der weiße Hai« produzierte. Darryl Zanuck gilt neben Harry Cohn (Gründer von Columbia Pictures) als Erfinder der Besetzungscouch, was erst im Zuge der Gerichtsverfahren gegen Harvey Weinstein einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde.
1974 kam es erstmals in der Geschichte Hollywoods dazu, dass zwei Major-Studios bei der Produktion eines Film zusammenarbeiteten. 20th Century Fox und Warner Bros. besaßen die Rechte an zwei Büchern über brennende Wolkenkratzer, wollten sich aber mit zwei konkurrierenden Filmen nicht gegenseitig die Zuschauer wegnehmen. So entschlossen sie sich dazu, »Flammendes Inferno« gemeinsam zu produzieren. Heute ist diese Praxis bei der Filmproduktion weit verbreitet.
Alan Ladd Jr. (1937 – 2022), der 20th Century Fox von 1976 bis 1979 leitete, schloss 1973, als er noch Creative Director war, einen ersten Vertrag mit George Lucas für ein Weltraummärchen namens »The Star Wars« ab. Lucas, der den Film mit seiner eigenen Firma Lucasfilm produzierte (20th Century Fox übernahm nur Finanzierung und Verleih), war zuvor bei anderen Studios mit seinem Drehbuch abgeblitzt (Universal, United Artists, Walt Disney). Aufgrund der damals überragenden Tricktechnik entwickelte sich »Star Wars« nach seiner Veröffentlichung 1977 zu einem der kommerziell erfolgreichsten Filme in der Geschichte der Filmindustrie.
1981 wurden Marvin Davis (1925 – 2004) und Marc Rich (1934 – 2013) neue Eigentümer des Studios. Davis, der 1939 die Davis Oil Company in Denver gegründet hatte und mit dem TV-Produzenten Aaron Spelling (»Der Denver-Clan«, »Drei Engel für Charlie«, »Hart aber herzlich«, »Starsky & Hutch«, »Vegas«) befreundet war, diente teilweise als Vorlage für die Figur des Ölmagnaten Blake Carrington in der TV-Serie »Dynasty« (»Der Denver-Clan«), die von Aaron Spelling Productions und 20th Century Fox Television produziert wurde. Rich, der vor allem als Rohstoffhändler tätig war, wurde 1983 in den USA wegen Steuerhinterziehung, Falschaussage, Handel mit dem Iran und dem RICO Act (Racketeer Influenced and Corrupt Organisations, Trading with the Enemy Act) angeklagt. Ein Prozess kam jedoch nie zustande, da Rich in der Schweiz lebte, wo auch seine Firma (der heutige Glencore-Konzern) ansässig war. Rich stand jahrelang auf der Fahndungsliste der US-Bundespolizei FBI, doch die Schweiz weigerte sich ihn auszuliefern. Da Rich nicht mehr in die USA einreisen konnte (seine US-Staatsbürgerschaft hatte er schon 1982 abgegeben), erwarb Davis 1984 Richs 20th-Century-Fox-Anteile. Bereits 1985 verkaufte Davis das Studio an den australisch-britischen Zeitungskonzern News Corporation (BSkyB, Dow Jones, Fox, HarperCollins, News of the World, New York Post, Sky, The Sun, The Times, The Wall Street Journal), der gerade dabei war, auf den US-Markt zu expandieren.
News-Eigentümer Keith Rupert Murdoch gründete ein Jahr später die TV-Gesellschaft Fox Broadcasting, die anfangs aus sechs TV-Stationen in Chicago, Dallas, Houston, Los Angeles, New York und Washington bestand, die die News Corporation 1985 von Jack Kluges Medienkonzern Metromedia übernommen hatte. Im Oktober 1986 ging das neue Network auf Sendung. Neben den sechs eigenen Sendern wurde das Programm, das nur aus einer einzigen Sendung bestand (»The Late Show starring Joan Rivers«), von neunzig unabhängigen Lokalsendern übernommen. Später erwarb das Unternehmen noch zahlreiche weitere TV-Stationen, sodass Fox neben ABC, NBC und CBS zum vierten großen TV-Network der USA aufstieg. Der Erfolg von Fox animierte später auch andere Filmstudios, eigene Senderketten zu etablieren (Paramount, Warner Bros.).
2013 spaltete sich der News-Konzern in zwei Teile auf: 21st Century Fox (Filmgeschäft, Fernsehsender) und News Corporation (Verlagsgeschäft). 2018 übernahm der Disney-Konzern das Filmgeschäft (u. a. 20th Century Fox). Das US-TV-Geschäft (Fox Broadcasting) und das Studiogelände von 20th Century Fox wurden 2019 in eine neue Gesellschaft ausgegliedert (Fox Corporation New York), die weiterhin der Murdoch-Familie gehört, ebenso wie die News Corp. (Buchverlage, Zeitungen, Zeitschriften).
2020 wurde 20th Century Fox offiziell in 20th Century Studios umbenannt; der vollständige Firmenname lautet jedoch auch weiterhin Twentieth Century Fox Film Corporation. Hintergrund für die Umbenennung war der Wunsch der Disney-Verantwortlichen, dass das Filmstudio nicht mit dem konservativen TV-Sender Fox in Verbindung gebracht wird.
Zu den erfolgreichsten Kino- und TV-Filmen/-Serien, an deren Produktion, Finanzierung oder Verleih 20th Century Fox beteiligt war, gehören u. a. »Abyss – Abgrund des Todes« (1989), »Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI« (TV-Serie und Filmreihe ab 1993), »Alexis Sorbas« (1964), »Alien« (Filmreihe ab 1979), »Auf dem Highway ist die Hölle los« (1981), »Avatar« (Filmreihe ab 2009), »Blondinen bevorzugt« (1953), »Bohemian Rhapsody« (2018), »Braveheart« (1995), »Bus Stop« (1959), »Butch Cassidy and the Sundance Kid« (1969), »Cabaret« (1972), »Can-Can« (1960), »Cleopatra« (1963), »Das Omen« (Filmreihe ab 1975), »Das verflixte siebente Jahr« (1955), »Day After Tomorrow« (2003), »Der Hund von Baskerville« (1939), »Der König und ich« (1956), »Der Leopard« (1963), »Der Name der Rose« (1986), »Der junge Mr. Lincoln« (1939), »Der kleinste Rebell« (1935), »Der längste Tag« (1962), »Die Abenteuer des Sherlock Holmes« (1939), »Die Chroniken von Narnia: Die Reise auf der Morgenröte« (2010), »Die Ehre der Prizzis« (1985), »Die Simpsons – Der Film« (2007), »Die Simpsons« (TV-Serie ab 1989), »Die phantastische Reise« (1966), »Driver« (1978), »Dynasty – Der Denver Clan« (TV-Serie 1981 – 1989), »Ein Colt für alle Fälle« (TV-Serie 1981 – 1986), »Faustrecht der Prärie« (1946), »Flammendes Inferno« (1974), »French Connection« (Filmreihe ab 1971), »Früchte des Zorns« (1940), »Hello, Dolly!« (1969), »Highlander« (1986), »Hinter dem Rampenlicht« (1979), »Ice Age« (Filmreihe ab 2002), »Im Zeichen des Zorro« (1940), »Independence Day« (1996), »Jesse James – Mann ohne Gesetz« (1939), »Kevin – Allein zu Haus« (1990), »Krieg der Sterne/Star Wars« (Filmreihe ab 1977), »König der Toreros« (1941), »L. A. Law« (TV-Serie 1986 – 1994), »Leviathan« (1989), »M.A.S.H.« (Film und TV-Serie ab 1971), »Meine Lieder – meine Träume« (1965), »Niagara« (1953), »Norma Rae – Eine Frau steht ihren Mann« (1979), »Patton – Rebell in Uniform« (1970), »Planet der Affen« (Filmreihe ab 1968), »Poseidon Inferno« (1972), »Predator« (Filmreihe ab 1987), »Ritt zum Oxbow« (1943), »Silkwood« (1983), »Speed« (Filmreihe ab 1994), »Stirb langsam« (Filmreihe ab 1988), »The Rocky Horror Picture Show« (1975), »Titanic« (1997), »Tora! Tora! Tora!« (1970), »Viva Zapata!« (1952), »Wall Street: Geld schläft nicht« (2010), »Wall Street« (1987), »Wie angelt man sich einen Millionär« (1953) und »X-Men« (Filmreihe ab 2000).
Text: Toralf Czartowski • Foto: Public Domain