Markenlexikon
Der Physiker Heinz Nixdorf (1925 – 1986) arbeitete ab 1951 als Werkstudent bei der deutschen Tochtergesellschaft des US-Büromaschinenkonzern Remington-Rand (UNIVAC-Computer), wo er an der Entwicklung einfacher Zählgeräte beteiligt war. Da das Unternehmen diese Projekte nach einiger Zeit stoppte, ging er zusammen mit Walter Sprick, dem Leiter der Entwicklungsabteilung, zu IBM nach Böblingen.
1952 gründete Nixdorf in Essen das Labor für Impulstechnik (LFI), nachdem er vom Essener Stromkonzern RWE Startkapital und einen Auftrag zur Entwicklung eines Röhrencomputers erhalten hatte. Der ES, der 1954 an die Buchhaltungsabteilung von RWE ausgeliefert wurde, war die erste in Deutschland gebaute Rechenmaschine auf Basis von Elektronenröhren. LFI (ab 1959 in Paderborn ansässig) spezialisierte sich in der Folgezeit auf kleine Buchungs- und Rechenmaschinen für mittelständische Unternehmen, war aber auch als Zulieferer für Büromaschinenhersteller wie Exacta-Continental (Wanderer Werke) und Bull (Frankreich) tätig.
Nachdem Nixdorf 1968 den Büromaschinenbereich der Wanderer Werke erworben hatte, entstand die Firma Nixdorf Computer. In den 1970er und 1980er Jahren kamen weitere Produkte hinzu, u. a. Bankenterminals, Datenerfassungssysteme, Kassensysteme, Kassentresore, Textverarbeitungssysteme, analoge und digitale Telefonanlagen, Tankstellen-Systeme und IBM-kompatible Low End Mainframes. Produktionsstätten gab es Deutschland, Irland, Singapur, Spanien und den USA.
Im März 1986 starb der Gründer auf der Computermesse CeBIT in Hannover an den Folgen eines Herzinfarktes. Zu dieser Zeit beschäftigte das Unternehmen weltweit über dreißigtausend Mitarbeiter und gehörte zu den größten europäischen Computer-Herstellern. Ab 1988 war Nixdorf Computer im neuen DAX (Deutscher Aktienindex) gelistet, in dem die dreißig größten und liquidesten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes vertreten waren. Doch schon wenig später geriet der Konzern aufgrund eines rapiden Preisverfalls auf dem Markt für mittlere Datentechnik in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten. Auch den Siegeszug des Personal Computers hatte Nixdorf verschlafen.
Von 1990 bis 1992 übernahm der Siemens-Konzern Nixdorf und schloss das Unternehmen mit der eigenen IT-Sparte zusammen. 1998 wurde Siemens Nixdorf Informationssysteme (SNI) aufgelöst und vollständig in den Siemens-Konzern integriert.
1999 verkaufte Siemens das Geschäft mit den Geldautomaten, Kassensystemen und Leergutautomaten (Siemens-Nixdorf Retail und Banking Systems Paderborn) an eine Investorengruppe, die das Unternehmen in Wincor-Nixdorf umbenannte und 2004 an die Börse brachte. 2016 wurde Wincor-Nixdorf vom US-Konzern Diebold übernommen, der ähnliche Produkte herstellte (IT-Systeme für Banken und Handelsunternehmen, Geldautomaten, Kassensysteme). Das Unternehmen firmiert nun als Diebold-Nixdorf.
Text: Toralf Czartowski