Tory Tordal: Taro Yagur – Kampf um Tanybur

Markenlexikon

The New York Times

Ursprungsland: USA

Henry Jarvis Raymond (1820 – 1869) arbeitete zunächst als Journalist für die Zeitungsherausgeber Horace Greeley (New York Tribune) und James Watson Webb (New York Courier and Enquirer). 1851 gründete er zusammen mit dem früheren Banker George Jones (1811 – 1891) die Zeitung The New York Daily Times, die erstmals am 18. September 1851 im Verlag von Raymond, Jones & Company erschien. Die Gründer wollten mit der neuen Tageszeitung, die 1857 in The New York Times umbenannt wurde, ein Gegenpart zu den vielen reißerischen Boulevardzeitungen, die damals in New York dominierten, schaffen.

1870/1871 veröffentlichte die Zeitung mehrere Enthüllungsberichte über den korrupten Politiker William Tweed von der Demokratischen Partei, der damals die Stadt New York beherrschte und sich dabei schamlos bereicherte. 1874 wurde Tweed schließlich vor Gericht gestellt und zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der Einfluss der Zeitung stieg dadurch enorm an. Infolge einer Wirtschaftskrise geriet das Blatt in den 1890er Jahren jedoch in finanzielle Schwierigkeiten, die 1896 zur Übernahme durch Adolph Simon Ochs (1858 – 1935), den Herausgeber der Chattanooga Times aus Chattanooga/Tennessee, führten. Ochs' Tochter Iphigene Bertha Ochs heiratete später Arthur Hays Sulzberger (1891 – 1968), der nach Adolphe Ochs Tod neuer Verleger der The New York Times wurde. Arthur Ochs Sulzberger Sr. (1926 – 2012) führte erstmals den Doppelnamen Ochs Sulzberger. Der Ochs-Sulzberger-Familie gehört The New York Times Company bis heute mehrheitlich.

Unter Ochs' Leitung erlangte die The New York Times aufgrund ihrer unabhängigen und korrekten Berichterstattung hohes Ansehen im In- und Ausland. Ochs prägte auch den noch heute verwendeten Slogan der Zeitung, »All the news that’s fit to print« (»Alle Nachrichten, die es wert sind, gedruckt zu werden.«), der ab 1896 auf der Titelseite der Zeitung erschien. Der Slogan war ein Seitenhieb auf die Revolverblätter von Joseph Pulitzer (New York World) und William Randolph Hearst (New York Journal), die es mit der Wahrheit nicht so genau nahmen. Von 1946 bis 1967 gab es eine internationale Ausgabe der New York Times, die aber eingestellt wurde, als die New York Herald Tribune, die New York Times und die Washington Post gemeinsam die International Herald Tribune herausbrachten.

Im Juni 1971 begannen die New York Times und die Washington Post mit der Veröffentlichung der sogenannten Pentagon Papers. Dabei handelte es sich um eine geheime Studie des US-Verteidigungsministeriums, die herausfinden sollte, warum die USA im Vietnam-Krieg keinen Erfolg hatten. Daniel Ellsberg von der RAND Corporation, der an der Studie beteiligt war, kopierte das siebentausendseitige Dokument jedoch und gab es an die beiden Zeitungen weiter. Die US-Regierung unter Richard Nixon versuchte die weitere Veröffentlichung mit Hilfe einer Klage vor einem Bundesgericht zu stoppen. Schließlich musste die New York Times die Veröffentlichung aufgrund einer einstweiligen Verfügung eines Gerichts einstellen. Die Washington Post weigerte sich jedoch, woraufhin die US-Regierung bei einem anderen Gericht ebenfalls eine einstweilige Verfügung beantragte, was jedoch von dem zuständigen Richter abgelehnt wurde. Schließlich landeten beide Fälle vor dem Obersten Gerichtshof der USA, der schließlich zugunsten der Zeitungen entschied. Diese Entscheidung wurde in den USA als großer Erfolg für die Pressefreiheit gefeiert.

Die US-Regierung – namentlich Richard Nixon, Bob Haldeman (Stabschef im Weißen Haus) und John Ehrlichman (Berater für innere Angelegenheiten) – riefen daraufhin eine geheime und illegale Abteilung ins Leben, die solche internen Lecks zukünftig verhindern sollte. Diese Truppe brach 1972 mehrmals in den Watergate-Bürokomplex in Washington/D.C. ein, wo sich damals das Hauptquartier der Demokratischen Partei befand, und installierte dort Abhörgeräte. Dabei wurden sie schließlich erwischt und verhaftet. Das war der Beginn der Watergate-Affäre, in deren Folge Richard Nixon 1974 als US-Präsident zurücktreten musste.

Die New York Times war in der ersten Zeit ihres Bestehens eine konservative Zeitung. Im Laufe der Jahrzehnte änderte sich die politische Einstellung der Verleger und Redakteure jedoch mehrfach, sodass mal die Kandidaten der Demokratischen Partei, dann wieder die der Republikanischen Partei unterstützt wurden. Dabei ist anzumerken, dass sich auch die politischen Grundausrichtungen der beiden großen US-Parteien im Laufe der Zeit verschoben. Waren zunächst die Demokraten die konservativere Partei und die Republikaner die progressivere, änderte sich dies nach der Jahrhundertwende nach und nach, vor allem durch die Reformen des New Deal (1933 – 1938) und durch die Bürgerrechtsbewegung in den 1960er Jahren. Die Demokraten wandten sich zunehmend sozialliberalen Ideen zu, während die Republikaner den Wirtschaftsliberalismus vertraten und sich politisch nach rechts bewegten. Seit den 2000er Jahren wird die New York Times dem linksliberalen politischen Spektrum zugeordnet, wobei der Begriff »links« in Zusammenhang mit Politik in den USA eher für »progressiv/fortschrittlich« steht, während man mit ihm in Europa, insbesondere in Deutschland, vor allem Sozialismus/Kommunismus und staatliche Planwirtschaft in Verbindung bringt.

In den letzten Jahren hat die New York Times – wie auch viele andere Medien und Unternehmen – verstärkt mit übertriebener Cancel Culture zu kämpfen, die ihren langjährig erarbeiteten Ruf als glaubwürdige Nachrichtenquelle zunehmend in Frage stellt. Ungefähr die Hälfte der Redakteure gaben in einer internen Umfrage 2021 an, öffentlich nicht mehr ihre Meinung zu sagen, einerseits weil sie arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten oder weil sie den Eindruck haben, dass unterschiedliche Sichtweisen in der Zeitung nicht mehr erwünscht seien.

Allerdings gab es auch schon zuvor immer wieder Vorfälle, die darauf hindeuteten, dass die Berichterstattung der Zeitung doch nicht so neutral und objektiv war, wie man es erwartete. Kritik gab es u. a. an der einseitigen Berichterstattung über die Oktoberrevolution (1917) und den Russischen Bürgerkrieg (1918 – 1920), an dem erst spät thematisierten Holocaust während des Zweiten Weltkriegs (um eine Immigrationswelle zu verhindern), die enge Zusammenarbeit mit dem Auslandsgeheimdienst CIA nach dem Zweiten Weltkrieg, die Verharmlosung von Menschenrechtsverletzungen der von den USA unterstützten Diktaturen in El Salvador und Guatamela (in den 1980er Jahren) oder 2018 die Veröffentlichung der Podacst-Serie »Caliphate« über einen IS-Terroristen, dessen Identität sich später als falsch herausstellte, ebenso wie seine weitgehend erfundenen Erzählungen.

Als die Papierauflage der New York Times aufgrund der freien Verfügbarkeit von Nachrichten im Internet immer mehr zurückging, wurde die Webseite der Zeitung 2011 mit einer Paywall versehen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten stieg die Zahl der Online-Abonennten jedoch nach und nach an, was vor allem damit zusammenhing, dass die Zeitung aufgrund ihres international hohen Ansehens für bestimmte Kreise aus Politik und Wirtschaft eine Art Pflichtlektüre ist.

Das Verlags-/Redaktionsgebäude befand sich von 1851 bis 1854 in der 113 Nassau Street, von 1854 bis 1858 in der 138 Nassau Street, von 1858 bis 1904 in der 41 Park Row, von 1904 bis 1960 in einem neu errichteten Hochhaus (heute One Times Square) am damaligen Longacre Square (1475 Broadway), der zur gleichen Zeit in Times Square umbenannt wurde, von 1960 bis 2007 in einem schon früher errichteten Nebengebäude in der 229 West 43rd Street (ebenfalls am Times Square) und seit 2007 in einen neues Hochhaus an der 620 Eighth Avenue zwischen der West 40th und 41st Street. Der von Renzo Piano entworfene Wolkenkratzer heißt offiziell ebenfalls The New York Times Building, wie das alte Gebäude, das nun den Namen One Times Square trägt.

Die New York Times gehört mit rund zweitausend Redakteuren und acht Millionen Abonnenten (2021) nach wie vor zu den weltweit größten und renommiertesten Tageszeitungen. Der Spitzname der Zeitung, Grey Lady, rührt daher, dass die Zeitung lange Zeit komplett in schwarzer Farbe gedruckt wurde und daher einer grauen Bleiwüste glich. Als einer der letzten Zeitungen stellte sie erst 1997 auf Farbdruck um (zumindest bei den Fotos). Sie ist auch die Zeitung, die mit den meisten Pulitzer-Preisen ausgezeichnet wurde (132). Die The New York Times Company, eine an der Börse notierte Aktiengesellschaft, befindet sich mehrheitlich im Besitz der Familie Ochs-Sulzbacher. Von 1996 bis 2011 besaß der Verlag auch mehrere Rundfunk- und TV-Sender, außerdem die Tageszeitung Boston Globe (1993 – 2013).

Text: Toralf Czartowski

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