Markenlexikon
Die Hausfrau Amalie Auguste Melitta Bentz (1873 – 1950) aus Dresden hatte 1908 anscheinend genug davon, beim Kaffeetrinken ständig Satz im Mund zu haben. Kurzerhand nahm sie ein Löschblatt aus dem Schulheft ihres Sohnes, legte es über eine perforierte Blechbüchse und fertig war der erste Kaffeefilter. Ob sie wirklich die Erste war, die auf diese Idee kam, ist nicht bekannt, zumindest gründete sie 1909 zusammen mit ihrem Mann Johannes Emil Hugo Bentz (1873 – 1946), der ein Haushaltswarengeschäft betrieb, eine eigene Firma, um ihre Filter auch in größeren Mengen herstellen zu können.
Der erste industriell gefertigte Kaffeefilter bestand aus einem dreizehn Zentimeter hohen Messingbehälter mit abnehmbaren Wasserverteiler, Filterkörper und einem Siebeinsatz, auf den das Filterpapier gelegt wurde. Produziert wurde anfangs in einer Fünfzimmer-Wohnung in der Marschallstraße. Erst 1915 zog die Firma in eine alte Schlosserei in der Wildermannstraße um. Aber auch dieses rund zweihundert Quadratmeter große Domizil erwies sich bald als zu klein. Da jedoch in Dresden keine geeigneten Räumlichkeiten zu finden waren, zog die Firma 1929 nach Minden (Westfalen) in eine frühere Schokoladenfabrik um. Zum Dank erließ ihnen die Stadt Minden für die nächsten fünf Jahre die Ertragssteuern.
Die Firmengründer zogen sich 1932 aus dem Geschäft zurück; gleichzeitig wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Leitung übernahmen nun die Söhne Willy und Horst. 1936 erblickte der konische Schnellfilter mit schlitzförmigem Boden das Licht der Welt – an dieser Konstruktion hat sich bis heute im Prinzip nicht mehr viel geändert.
Von 1945 bis 1957 befand sich das Werk in Minden unter Kontrolle der britischen Besatzungsmacht. Horst Bentz war ein strammer Nationalsozialist gewesen (Mitglied in der NSDAP und der SS), der Melitta in den 1940er Jahren zum nationalsozialistischen Musterbetrieb gemacht hatte. Letztlich wurde er jedoch nur als Mitläufer eingestuft und erhielt sein Vermögen zurück. Schon Ende der 1940er Jahre konnte er die Leitung des Werks wieder übernehmen. Ab 1952 gingen die Brüder getrennte Wege: Willy Bentz erwarb eine Papierfabrik in Düren-Kreuzau, Horst führte Melitta weiter.
In den 1960er Jahren erweiterte das Unternehmen seine Produktpalette um vakuumverpackten Kaffee (ab 1962), Haushaltsfolien (ab 1963), Filterkaffeemaschinen (ab 1965; zunächst nur Vertrieb der Wigomat in Deutschland) und Staubsaugertüten (ab 1971). Außerdem erwarb Melitta die Bremer Kaffeerösterei Carl Ronning (1966) und den Fruchtsafthersteller Granini aus Bielefeld (1967; wurde 1994/2006 an Eckes verkauft). In dieser Zeit entstanden auch die ersten europäischen und internationalen Niederlassungen (Brasilien, Kanada, USA). 1966 ließ sich Melitta das Wort Filtertüte als Warenzeichen registrieren und im gleichen Jahr wurde das 1x-Filtersystem eingeführt.
1981 übernahmen Horst Bentz' Söhne Jörg, Stephan und Thomas das Unternehmen. Sie stellten die Unternehmensgruppe mit rund zweihundert verschiedenen Produkten 1988 auf vollkommen neue Füße. Fortan gab es mehrere eigenständige Geschäftsfelder, die unter verschiedenen Markennamen auftraten: Cilia (Tee-Filter), Melitta (Kaffee, Kaffeefilter), Swirl (Abfallsäcke, Dunstfilter, Müllbeutel, Staubsauger-Filter) und Toppits (Frischhaltefolien).
1996 gründete Melitta zusammen mit dem US-Konzern S. C. Johnson das Jointventure Cofresco Frischhalteprodukte Europa, das nun für die Marken Albal, Glad, Handy Bag und Toppits zuständig ist. Seit 2014 ist Melitta alleiniger Eigentümer von Cofresco.
Melitta-Produktionsstandorte gibt es in Belgien (Overpelt), Brasilien (Avaré, Porto Alegre), China (Dongguan), Deutschland (Minden, Berlin, Bremen, Neu Kaliss, Vlotho, Spenge), Frankreich (Chézy), Polen (Brodnica), der Schweiz (Hunzenschwil) und den USA (Cherry Hill, Clearwater).
Text: Toralf Czartowski