Markenlexikon
Eigentlich wollten die einstigen Schulfreunde Leslie Charles Smith (1918 – 2005) und Rodney Smith (1917 – 2013) mit ihrer 1947 in Edmonton bei London gegründeten Firma Lesney nur Zinkgussbauteile für die Industrie herstellen. Weil die Aufträge ausblieben, begann Lesney 1948 Spielwaren aus Zinkdruckguss zu produzieren, u.a. Caterpillar-Baumaschinen, Zement-Mischer, Traktoren, Straßenwalzen, Pferdefuhrwerke und ein Modell der Krönungskutsche von Königin Elisabeth II. (Coronation Coach), die 1953 rund eine Million mal verkauft werden konnte. Einige dieser Spielzeuge kamen unter dem Markennamen Moko in den Handel. Der damalige Moko-Inhaber Richard Kohnstam hatte den Vertrieb für Lesney übernommen. Die Spielzeughandelsfirma Moko war 1875 von Moses Kohnstam in Fürth gegründet worden, besaß aber auch Niederlassungen in London, Mailand und Brüssel, die von den Gründersöhnen Julius und Emil geführt wurden.
Da englische Kinder keine Spielzeuge mit in die Schule nehmen durften, die größer als eine Streichholzschachtel (engl. Matchbox) waren, baute der Lesney-Entwickler John (Jack) Odell (1920 – 2007), dessen Tochter gerade eingeschult worden war, die Modelle genau in dieser Größe; zunächst eine Straßenwalze, einen Dumper, einen Zement-Mischer und einen Massey-Harris-Traktor. Den Markennamen Matchbox, der erstmals 1953 verwendet wurde, ließ sich jedoch nicht Lesney einfallen, sondern die Vertriebsfirma Moko; erst 1959 erwarb Lesney alle Rechte an der Marke Matchbox.
1960 wandelte Leslie Smith (Rodney Smith war schon 1951 aus der Firma ausgeschieden) das Unternehmen in eine börsennotierte Aktiengesellschaft um. 1963 entstand eine neue Fabrik im Londoner Stadtteil Hackney, wo die Modelle fortan produziert wurden. Von dort aus gelangten sie per Schiff in alle Welt. Die Hauptmärkte waren vor allem Großbritannien und die USA, später auch Deutschland und Frankreich. Zeitweise wurden Matchbox-Modelle von anderen Firmen in Lizenz produziert, u.a. in Bulgarien und Ungarn.
Neben den Standard-Modellen gab es ab 1956 eine detailgetreuere Oldtimer-Serie für Sammler im Maßstab von ca. 1:43 (Models of Yeasteryear). 1957 kamen die größeren Major Packs heraus, die 1960 durch die noch größeren King-Size-Modelle abgelöst wurden; von 1969 bis zur Einstellung 1985 hieß diese Serie Super Kings.
Ab 1969 stattete Lesney die Standard-Modelle mit reibungsarmen Achsen aus (SuperFast). Vorbild waren die amerikanischen Hot-Wheels-Modellautos von Mattel. In den 1970er Jahren brachte Matchbox auch Modelle von Flugzeugen (Sky Buster; ab 1973), Kriegsschiffen (Sea Kings; 1975 – 1978) und Militärfahrzeugen (Battle Kings; ab 1974) auf den Markt. In dieser Zeit erreichte die Marke den Höhepunkt ihres Erfolges. Damals stellte Lesney pro Woche über fünf Millionen Fahrzeuge her, mehr als jede richtige Autofirma, außerdem Modellbausätze (diese Sparte wurde 1990 an Revell verkauft), Spiele, Autorennbahnen, Aktionfiguren und Puppen.
Mit Beginn der 1980er Jahre, als Home-Computer und Videospiele in Mode kamen und die Wirtschaft in Großbritannien am Boden lag, ging es mit Matchbox schnell bergab. 1982 musste Lesney Konkurs anmelden. Jack Odell erwarb aus der Konkursmasse einige Maschinen und fertigte anschließend Yesteryear-ähnliche Modellautos unter dem Markennamen Lledo (Odells Nachname in umgekehrter Reihenfolge).
Den größten Teil von Lesney übernahm jedoch der Spielzeughersteller Universal Toys aus Hongkong, der zu Universal Holdings (Eigentümer: David C.W. Yeh) gehörte. Lesney wurde daraufhin in Matchbox Toys umbenannt. Universal Toys verlegte die Produktion erst in die eigenen Fabriken nach Macau, später nach Shanghai (China). Lediglich die Modelle der Yeasteryears-Serie wurden noch bis 1985 in einem Werk in Rochford/Essex hergestellt. Unter dem Namen Matchbox International ging das Unternehmen 1986 an die New Yorker Börse. 1992 verkaufte Yeh die Universal Matchbox Group (vormals Matchbox International) an den US-Spielzeugkonzern Tyco Toys, der 1997 in den Besitz von Mattel (Barbie, Hot Wheels) überging. Die ehemalige Lesney-Matchbox-Fabrik in Hackney wurde 2010 abgerissen.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain