Taro Yagur – Kampf um Tanybur

Markenlexikon

March

Ursprungsland: Großbritannien

Bernie Ecclestone, der damalige Manager des Rennfahrers Jochen Rindt, hatte 1968 die Idee, für seinen Schützling einen eigenen Rennwagen bauen zu lassen, der ganz auf ihn zugeschnitten sein sollte. Vorausgegangen war diesem Gedanken eine enttäuschende Saison beim Rennstall Brabham. Ecclestone wandte sich an den Ingenieur Robert John (Robin) Herd (1939 – 2019), der in den frühen 1960er Jahren an der Konstruktion des Überschallverkehrsflugzeugs Concorde mitgearbeitet hatte und ab 1965 bei mehreren Motorsportfirmen als Konstrukteur tätig gewesen war (Cosworth, McLaren, Williams). Herd holte für dieses Projekt noch drei weitere Bekannte mit ins Boot: den Rennfahrer Alan Rees (* 1938), den Buchhalter, Maschinenbauingenieur und Amateurrennfahrer Graham Vincent Coaker (1932 – 1971) und Max Rufus Mosley (1940 – 2021), einen Rennfahrer, Physiker und Jurist. Gemeinsam gründeten sie 1969 die Firma Gremshek Engineering, die jedoch schon ein paar Monate später in March Engineering umbenannt wurde. Der Name March setzte sich aus den Initialen der Gründernamen zusammen: (M)osley, (A)lan (R)ees, (C)oaker und (H)erd. Die Produktionsanlagen befanden sich in Bicester/Oxfordshire.

Max Mosley, der für den kaufmännischen Bereich der Firma zuständig war, wollte sich jedoch nicht nur auf das Rindt-Eccelstone-Projekt verlassen, sondern auch frei verkäufliche Rennwagen bauen, die von anderen Rennställen und Privatfahrern eingesetzt werden konnten, ähnlich wie es Lola Cars schon länger tat. Ecclestone und Rindt zogen sich daraufhin aus dem Projekt zurück, da sie die Konkurrenz fürchteten, die sich daraus ergab. Ein guter Rennwagen könnte von jedem gekauft werden und stände nicht mehr exklusiv zur Verfügung. Jochen Rindt ging schließlich zu Lotus. Im September 1970 verunglückte er in Monza beim Training mit einem Lotus 72 tödlich und wurde postum F1-Weltmeister.

March konstruierte in den 1970er Jahren einerseits Rennwagen für verschiedene Rennserien (Can Am, Formel 1, Formel 2, Formel 3, Formel 3000, Formel 5000, Formel Atlantic, Formula Ford, CART) sowie für Teams und Privatfahrer (Hesketh, Penske, STP, Tyrrell, Williams), betrieb aber auch einen eigenen Rennstall, der je nach Sponsor unter verschiedenen Namen auftrat (Beta Team March, Hollywood March Racing, March Engineering, Lavazza March, STP March Racing Team) und bis 1977 aktiv war. Die Motoren kamen von Cosworth und Alfa-Romeo (nur 1971).

Finanziell interessant war für March aber vor allem die Formel 2 (Meister 1971, 1973, 1974, 1978, 1979, 1982), da es hier weniger Teams gab, die ihre eigenen Rennwagen bauten. Auch in der Formel 3 (Meister 1971, 1973, 1974, 1975, 1976, 1977, 1980), der Formel 3000 (Meister 1985, 1986, 1987), der US-Rennserie CART (Meister 1985, 1986) und beim Rundstreckenrennen Indianapolis 500 (Gewinner 1983, 1984, 1985, 1986, 1987) konnte March zahlreiche Titel erringen.

Die kostspielige Formel 1 wurde eher stiefmütterlich behandelt; die F1-Rennwagen von March waren meist nur modifizierte F2-Fahrzeuge. Zu den Fahrern, die im March-Rennstall mit schlechten bis mittelmäßigen Autos fuhren, gehörten Chris Amon, François Cevert, Hans-Joachim Stuck, Jo Siffert, Mario Andretti, Niki Lauda, Ronnie Peterson und Vittorio Brambilla.

1977 wurde das March-F1-Team auf Druck des Formel-2-Motorenpartners BMW schließlich aufgelöst, da sich March ganz auf die F2-Meisterschaft konzentrieren sollte. Teile der Ausrüstung übernahm daraufhin der deutsche Rennstall ATS Racing Team. Im gleichen Jahr verließ auch Max Mosley die Firma. Er ging anschließend als Jurist zu Ecclestones Konstrukteursvereinigung FOCA (Formula One Constructors Association). Alan Rees hatte bereits 1971 einen eigenen Rennstall gegründet (Shadow Racing) und Graham Coaker war ebenfalls 1971 bei einem Training in Silverstone tödlich verunglückt.

1981 gründete Robin Herd die Firmen March Grand Prix und March Engines, die jedoch nicht zu March Engineering gehörten, um für den britischen Rennstall RAM Racing (Ralph Macdonald Racing) wieder einen Formel-1-Rennwagen zu bauen (RAM-March 811). Dabei handelte es sich jedoch um eine billige und nachlässig zusammengebaute Kopie des Williams FW07, allerdings mit schlechteren Materialen. In der F1-Saison 1981 fiel das Fahrzeug, das unter dem Teamnamen March Grand Prix Team (aka RAM) gemeldet war, meistens aus. Ein einziges Mal kam es beim Großen Preis von Großbritannien auf den 7. Rang. Teamchef Ralph Macdonald (»This car is a pile of shit«) ließ den Wagen von seinem Chefingenieur Adrian Reynard für die Saison 1982 zwar verbessern, viel besser wurde er dadurch aber nicht. Obwohl die Geschäftsbeziehung zwischen March Grand Prix/March Engines und RAM Racing zum Ende der Saison 1981 aufgelöst wurde, lebte der Name March als Teambezeichnungen noch bis 1983 fort (1982 LBT Team March, 1983 RAM Racing Team March). March Engineering entwickelte aus dem March 811 dann den March 81C, der sehr erfolgreich in der US-Rennserie CART (Championship Auto Racing Teams) eingesetzt wurde.

1987 ging March unter dem Namen March Group an die Londoner Börse mit Robin Herd als größtem Anteilseigner. Weitere Anteile hielten die Mitarbeiter. Die Gruppe bestand aus den Firmen March Engineering, March Wind-Tunnels, Composite Technics (Comtec) und March Racing. 1988 erwarb March noch Ralt Holdings, ein 1974 von dem früheren Brabham-Konstrukteur Ron Tauranac gegründeter Renntstall und Rennwagenhersteller.

1986 rief Akira Akagi (1944 – 2018), der Eigentümer des japanischen Mischkonzerns Leyton House (Immobilien, Restaurants, Bekleidungsgeschäfte), aus Werbegründen einen eigenen Rennstall ins Leben (Leyton House Racing), der zunächst mit dem italienischen Fahrer Ivan Capelli in der Formel 3000 in Japan und Europa antrat. Aufgrund der Erfolge von Capelli wollte Akagi auch in die Formel einsteigen. Robin Herd hatte ähnliche Gedanken, was damit zusammenhing, dass die FIA 1987 und 1988 wieder Saugmotoren zulassen wollte. Ab 1989 sollten die teuren Turbomotoren ganz verschwinden. Über Cesare Gariboldi, den italienischen March-Importer und gleichzeitig Manager von Capelli, kam dann der Kontakt zwischen March und Leyton House zustande.

Konstrukteur des neuen F1-Rennwagens wurde der britische Luftfahrt-Ingenieur Adrian Newey, der bereits für die F2- und CART-Rennwagen von March verantwortlich gewesen war (Newey stieg später bei Williams, McLaren und Red Bull Racing zu einem der weltbesten Rennwagenkonstrukteure auf). Der Motor kam von dem britischen Hersteller Engine Developments (Judd), der 1971 von John Judd und Jack Brabham gegründet worden war. Obwohl in den späten 1980er Jahren Fahrer wie Ayrton Senna (McLaren), Alain Prost (McLaren, Ferrari) oder Nelson Piquet (Lotus, Benetton) die Rennstrecken dominierten, gelangen dem Leyton House March Racing Team mit den Fahrern Ivan Capelli und Maurício Gugelmin einige Achtungserfolge (2. Platz beim Großen Preis von Portugal 1988, 3. Platz beim Großen Preis von Brasilien 1989, 2. Platz beim Großer Preis von Frankreich 1990).

1989 verkaufte die March Group den Rennstall March Racing und die F3000-Produktion an den Leyton-House-Konzern, der den Rennstall anschließend in Leyton House Racing umbenannte. Robin Herd gründete anschließend ein neues Konstruktionsbüro und entwickelte weiterhin Rennwagen für Formel-1-Teams (Fondmetal Corse, Larrousse) und für die CART-Rennserie (Forsythe Racing). In den 1990er Jahren gehörte ihm kurzzeitig der Fußballclub Oxford United. Außerdem beschäftigte er sich mit der Abfallentsorgung.

Im Herbst 1991 wurde Akira Akagi wegen maßgeblicher Beteiligung am größten Kreditbetrug in der japanischen Geschichte verhaftet. Außerdem soll er Kontakte zur japanischen Mafia, der Yakuza, gehabt haben. Zur gleichen Zeit verließ Capelli das Team und ging zu Ferrari. Adrian Newey war schon 1990 zu Williams gewechselt. 1992 ging das Leyton-House-Team in den Besitz einer Investorengruppe über, die aus dem britischen Leyton-House-Repräsentanten Ken Marrable, dem Anwalt John Byfield, dem niederländischen Motorsportunternehmers Henny Vollenberg, Tony Birchfield und dem March-Konstrukteur Gustav Brunner bestand. Der Rennstall wurde daraufhin in March F1 umbenannt. Maurício Gugelmin ging 1992 zu Jordan. Das Geld war zu dieser Zeit äußerst knapp bemessen und im Frühjahr 1993 musste March F1 schließlich Konkurs anmelden. Das Unternehmen wurde daraufhin aufgelöst. Die March Group bestand jedoch weiter. Die Tochterfirma Ralt wurde ebenfalls 1993 verkauft.

Text: Toralf Czartowski