Markenlexikon
Nachdem 1884 und 1885 im Nordwesten Ohios, vor allem im Gebiet um die Städte Lima und Findlay, Öl entdeckt worden war, riefen fünf unabhängige Ölproduzenten unter der Leitung von Henry M. Ernst im August 1887 die The Ohio Oil Company ins Leben. Das Unternehmen beschäftigte sich anfangs nur mit der Ölförderung, nicht mit der Verarbeitung (Raffination) und Vermarktung. 1889 wurde die Firma – wie die meisten anderen im Nordosten der USA auch – eine Tochtergesellschaft der Standard Oil Company, was dazu führte, dass sie nun auch im Nachbarstaat Indiana Öl förderte. 1905 verlegt Ohio Oil ihren Firmensitz von Lima nach Finlay. Infolge der Zerschlagung der Standard Oil Company durch die US-Kartellbehörden wurde The Ohio Oil Company 1911 wieder eine selbstständige Gesellschaft.
Mit der Übernahme der Lincoln Oil Refining Company aus Robinson/Illinois stieg Ohio Oil 1924 auch in die Verarbeitung und Vermarktung von Erdöl ein. Bis 1930 entstanden Linco-Tankstellen in den Bundesstaaten Ohio, Indiana, Illinois, Michigan und Kentucky. 1930 ging das Unternehmen, das zu dieser Zeit auch Öl in Wyoming, New Mexico und Texas förderte, an die New Yorker Börse. Außerdem erwarb man die Transcontinental Oil Company aus Pittsburgh/Pennsylvania, die seit 1920 Ölprodukte unter dem Namen Marathon vermarktete.
Die Marke Marathon, das frühere Logo, das einen Marathon-Läufer zeigte, und der eine Zeitlang verwendete Slogan »Best in the long run« beziehen sich auf die Schlacht bei Marathon zwischen den Persern und Athenern im Jahr 490 v. Chr. Der Bote Pheidippides soll die Nachricht des Sieges vom Schlachtfeld laufend in das ungefähr 40 Kilometer entfernte Athen gebracht haben und anschließend vor Erschöpfung gestorben sein. Aus dieser Begebenheit, deren Wahrheitsgehalt heute von Historikern bezweifelt wird, entstand der Marathonlauf, der erstmals anlässlich der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen ausgetragen wurde.
Im Laufe der 1930er Jahre ersetzte man den alten Markenname Linco an den Tankstellen in den Nordost-Staaten durch die neue Marke Marathon. 1962 benannte sich auch das Unternehmen in Marathon Oil Company um. Zeitgleich mit der Umbenennenung wurde ein neues Logo eingeführt (ein M in einem Hexagon-Schild), das das Läufer-Logo ablöste.
Marathon Oil förderte Öl und Gas vor allem in Nordamerika (Alaska, Alberta, New Mexico, Texas, Wyoming), Europa (Großbritannien, Irland, Nordsee, Norwegen), außerdem zeitweise in Angola, Äquatorialguinea, Gabun, Libyen und Nigeria. 1976 erwarb Marathon Oil die Pan Ocean Oil Corporation, die in Großbritannien, lndonesien, Nigeria und Norwegen tätig war.
1982 versuchte der Ölkonzern Mobil Corporation die Marathon Oil Company zu übernehmen, was die Marathon-Geschäftsführung jedoch ablehnte. Stattdessen kam es zu einer Übernahme durch den Stahlkonzern United States Steel Corporation (U.S. Steel), der kurz zuvor seine Kohle-Aktivitäten verkauft hatte und nun im Zuge einer Diversifikationsstrategie neue Geschäftsfelder suchte. Nach der Übernahme der Texas Oil and Gas Corporation benannte sich der Konzern 1986 in USX Corporation um – mit den beiden Gruppen USX US Steel Group und USX Marathon Group. 1998 schlossen USX Marathon und die Ashland Inc. ihre Raffinerien in dem Jointventure Marathon-Ashland Petroleum LLC (Finlay/Ohio) zusammen. 1990 wurde der USX-Marathon-Firmensitz von Finlay/Ohio nach Houston/Texas verlegt.
2001/2002 teilte sich die Holdinggesellschaft USX Corporation wieder in zwei selbstständige Unternehmen auf: U.S. Steel Corporation und Marathon Oil Corporation (inkl. Marathon-Ashland Petroleum LLC). 2003 erwarb Marathon Oil die Russian Khanty Mansiysk Oil Corporation und 2007 die Canadian Western Oil Sands Inc. Das Yates Oil Field im Westen von Texas, das ursprünglich Ohio Oil und Transcontinental Oil gehört hatte, wurde 2003 an die Energie-Infrastruktur-Gesellschaft Kinder Morgan Inc. verkauft. 2005 erwarb Marathon Oil die Ashland-Anteile an der Marathon Ashland Petroleum LLC.
Ein weitere Aufteilung führte 2011 zur Trennung der Upstream- (Exploration, Produktion) und Downstream-Aktivitäten (Raffination, Marketing, Vertrieb) in die zwei Unternehmen Marathon Oil Corporation (Houston/Texas) und Marathon Petroleum Corporation (Findlay/Ohio). Durch den Zusammenschluss mit dem Raffinerie-Unternehmen Andeavor aus San Antonio/Texas (2018) stieg Marathon Petroleum mit 16 Raffinerien (Alaska, California, Illinois, Kentucky, Louisiana, Michigan, Minnesota, New Mexico, North Dakota, Ohio, Texas, Utah, Washington), über 25.000 Kilometer Pipelines und 11.000 Tankstellen zum größten Ölverarbeiter der USA auf.
Text: Toralf Czartowski