Markenlexikon

Linde

Ursprungsland: Deutschland

Der Maschinenbauingenieur Carl Paul Gottfried von Linde (1842 – 1934) entwickelte von 1871 bis 1876 am Polytechnikum München verschiedene Kältetechnikverfahren und Kältemaschinen, die Methylether und Ammoniak als Kühlmittel verwendeten. Auf Druck mehrerer Brauereibesitzer, die die neue Maschine in ihren Brauereien einsetzen wollten, gab Linde seine Professur für Maschinenbau auf und gründete 1879 in Wiesbaden ein eigenes Unternehmen. Produziert wurden die Kältemaschinen zunächst in der Maschinenfabrik Augsburg (heute MAN) und bei Sulzer in Winterthur, ab 1880 dann in eigenen Fabriken in Elberfeld-Barmen und München. Lindes Eismaschinen kamen vorwiegend in Brauereien, Eisfabriken, Molkereien und Schlachthöfen zum Einsatz.

1895 entwickelte Linde ein Verfahren zur Verflüssigung atmosphärischer Luft und anderer Gase. Daraus entstanden weitere Geschäftsbereiche wie Sauerstoffmaschinen, Sauerstoffwerke, Acetylenwerke und Flüssigluftsprengstoffe (Oxyliquit).

Von 1908 bis 1929 übernahm Linde die Güldner Motoren-Gesellschaft, an deren Gründung und Finanzierung Carl von Linde 1904 beteiligt gewesen war, und die vor allem Antriebsaggregate für Lindes Kältemaschinen produzierte. 1939 begann Güldner mit dem Bau von Ackerschleppern. Nachdem Güldner die Hydrostatik-Aktivitäten der Firma Saalmann übernommen hatte, brachte die Firma 1955 den ersten Hydrocar-Transportwagen auf den Markt. 1959 folgte der erste richtige Gabelstapler (Hubtrac). 1969 stellte Güldner die Produktion der Traktoren und Dieselmotoren ein. Das Unternehmen konzentrierte sich nun ganz auf Flurförderzeuge und Hydraulik, was zu zahlreichen Übernahmen in diesem Bereich führte (1973 Still, 1984 Fenwick, 1989 Lansing, 1992 O.M.). Der Bereich Linde Material Handling wurde 2006 in das Unternehmen Kion eingebracht und kurz darauf an zwei US-Finanzinvestoren veräußert.

Bedingt durch den Ersten Weltkrieg wurden Tochtergesellschaften, Niederlassungen, Beteiligungen und die Markenzeichen in Großbritannien und den USA enteignet (erst 1999 konnte Linde sein Markenzeichen wieder weltweit benutzen). Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs begann Linde in den Werksanlagen der 1920 übernommenen Maschinenfabrik Sürth bei Köln mit der Produktion von Haushaltskühlschränken und Kleinkälteanlagen für Bäckereien und Fleischereien. Dieser Bereich (Linde Hausgeräte) wurde 1967 an AEG-Telefunken verkauft.

Um sich auf die ertrags- und wachstumsstarke Bereiche Gas und Engineering konzentrieren zu können, verkaufte Linde die traditionsreiche Kältetechniksparte 2004 an den US-Konzern Carrier.

2006 erwarb Linde den britischen Konkurrenten BOC (British Oxygen Company) und wurde damit zum Weltmarktführer im Bereich von Medizin- und Industriegasen (Acetylen, Argon, Kohlenmonoxid, Kohlensäure, Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff). 2008 wurde die Linde-Hauptverwaltung von Wiesbaden nach München verlegt.

2018 kam es zum Zusammenschluss mit dem US-Industriegase-Konzern Praxair. Dieses Unternehmen war 1907 ebenfalls von Carl von Linde gegründet worden (Linde Air Products), wurde dann aber infolge des Ersten Weltkriegs als Feindvermögen beschlagnahmt und 1917 mit anderen Unternehmen zur Union Carbide and Carbon Corporation (ab 1957 Union Carbide Corporation) zusammengeschlossen. 1989 gliederte Union Carbide den Bereich Industrial Gases in das eigenständige Unternehmen Praxair aus.

Der Linde-Hauptsitz wurde nach der Fusion von München nach Dublin (Irland) verlegt. Die operative Zentrale befindet sich in Guildford/England (Großbritannien). Das Unternehmen besteht aus den drei Bereichen Gases (Industriegase), Engineering (Planung und Realisierung von Industrieanlagen für die Chemie-, Pharmazie- und Erdöl-/Erdgas-Industrie) und Gist (Logistik- und Versorgungskettenlösungen für den Handel und die Industrie).

Text: Toralf Czartowski