Markenlexikon

Kienzle

Ursprungsland: Deutschland

Die 1822 von Johannes Schlenker (1787 – 1864) in Schwenningen gegründete Firma stellte zunächst Pendel- und Wanduhren aus Holz her, später auch Nachtwächter-Kontrolluhren, die in die ganze Welt exportiert wurden. 1883 heiratete der Kaufmann Jakob Kienzle (1859 – 1935) in die Familie Schlenker ein und wurde Teilhaber der Uhrenmanufaktur, die nun als Schlenker & Kienzle firmierte. Nachdem Carl-Johannes Schlenker, der Sohn des Gründers, die Firma wegen Streitigkeiten über die Firmenstrategie verlassen hatte, wurde Jakob Kienzle 1897 alleiniger Inhaber.

Um die Jahrhundertwende erweiterte man die Produktpalette um Armbanduhren, Arbeitskontrolluhren, Autouhren, Messwerkzeuge, Taschenuhren, Tischuhren und Wecker. 1913 erwarb Kienzle die Firma Carl Werner aus Villingen, einen Hersteller von Taxametern, die anschließend in Kienzle Taxameter & Apparate umbenannt und 1928 von der Uhrenfirma in Schwenningen rechtlich abgetrennt wurde. Diese Firma produzierte Autouhren, Fahrtenschreiber, Parkuhren, Taxameter, Zapfsäulenzähler und nach dem Zweiten Weltkrieg auch Rechen- und Büromaschinen.

Der Kienzle-Familie verkaufte ihre Anteile an der Uhrenfirma in den 1960er Jahren an den Schweizer Rüstungskonzern Oerlikon-Bührle und an die Kreidler-Familie, denen der gleichnamige Motorradhersteller gehörte.

Bis Ende der 1960er Jahre war Kienzle einer der größten deutschen Uhrenhersteller. Die japanischen Quarz-Uhren, die in den 1970er Jahre den europäischen Markt überschwemmten, brachten die Firma jedoch zunehmend in Schwierigkeiten. Kienzle Apparate wurde 1981 vom Mannesmann-Konzern übernommen, der die Kraftfahrzeugsparte in seine Tochtergesellschaft VDO Adolf Schindling eingliederte. Von 2001 bis 2007 gehörte Kienzle Automative zu Siemens-VDO Automotive, seitdem zu Continental. Die Computerabteilung wurde 1991 von dem US-Computerkonzern Digital Equipment Corporation (DEC) übernommen.

Die Kreidler-Familie veräußerte ihre Anteile an der Uhrenfirma 1989 an das Kienzle-Management, das das Unternehmen in die neugegründete Holdinggesellschaft DUFA (Deutsche Uhrenfabrik) einbrachte. DUFA ging jedoch 1996 in Konkurs. 1997 wurde Kienzle von einer Hongkonger Investmentfirma übernommen, die die Produktion der Uhren komplett nach China verlagerte.

2002 entstand in Hamburg eine neue Kienzle-Firma, die 2006 von den Hamburger Geschäftsleuten Stephan Kruse-Thamer und Marco Hahn sowie zwei Finanzinvestoren übernommen wurde. Der Versuch, die traditionsreiche Firma mit höherwertigen, in Deutschland gefertigten Uhrenkollektionen, zum Erfolg zu führen, schlug jedoch fehl. 2010 musste Kienzle Insolvenz anmelden. Der Geschäftsbetrieb wurde jedoch fortgeführt. 2014 kam es zu einer erneuten Insolvenz.

Text: Toralf Czartowski