Markenlexikon

Kennecott

Ursprungsland: USA

Im Sommer des Jahres 1900 entdeckten die beiden Prospektoren Jack (Tarantula) Smith und Clarence L. Warner in einem Gletschergebiet (Kennicott Glacier) der Wrangell Mountains im Südosten Alaskas ergiebige Kupfervorkommen. Nur wenige Tage später fand der Geologe Arthur Coe Spencer im selben Gebiet Chalkosin (Kupferglanz, Kupferglas). Die Analyse des Erzes ergab einen Kupferanteil von 70 Prozent, außerdem Spuren von Silber und Gold. Der Kennicott-Gletscher war 1899 von dem Geologen Oscar Rohn nach dem Naturforscher Robert Kennicott (1835 – 1866) benannt worden.

Im Herbst 1900 kaufte der junge Bergbauingenieur Stephen Birch (1872 – 1940) Smith und Warner die Abbaurechte ab. In der nächsten Zeit erwarb Birch noch weitere Minen in diesem Gebiet. Finanziert wurden diese Aktivitäten von der New Yorker Havemeyer-Familie sowie dem Investor James Ralph. Birchs Mutter war mit der Familie von Theodore Havemeyer, dem damaligen Vize-Presidenten der American Sugar Refining Company, befreundet. 1903 gründete Birch die Alaska Copper and Coal Company.

Da die Entwicklung der abgelegenen Minen nur mit enormen finanziellen Aufwand möglich war, holten Birch und Havemeyer noch zwei weitere Investoren mit an Bord: die Bank J.P Morgan & Co. und die schweizerisch-amerikanische Industriellenfamilie Guggenheim. Das Alaska-Syndikat (Morgan, Guggenheim) erwarb 1906/1907 von der Alaska Copper and Coal Company 40 Prozent der Bonanza Mine, die Alaska Steamship Company, eine große Fischfangflotte, sowie die von Michael James Heney (Copper River Railway Company) begonnene Eisenbahnstrecke von Cordova durch den Abercrombie Canyon zum Kennicott Gletscher. Die 195 Meilen lange Strecke der Copper River und Northwestern Railroad wurde 1911 fertiggestellt.

Die Aktivitäten des Alaska-Syndikats stießen jedoch auf Widerstand des Politikers und Bundesrichters James Wickersham, der für eine alaskische Selbstverwaltung und eine gerechtere Nutzung des natürlichen Reichtums des Alaska-Territoriums eintrat. Die Ballinger-Pinchot-Affäre (1910) führte dazu, dass die engen Beziehungen der Bundesregierung in Washington mit den New Yorker Finanzkreisen offenbar wurde. Das Alaska-Syndikat gründete daher 1915 eine neue Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in New York, die Kennecott Copper Corporation, in der jedoch letztlich die gleichen Personen das Sagen hatten wie zuvor: die Morgans, die Guggenheims und Stephen Birch, der bis 1933 Präsident des Unternehmens blieb. Die geänderte Schreibweise des Namens Kennicott kam durch einen Schreibfehler zustande.

Die Guggenheims brachten in die neue Gesellschaft auch ihre Bergbauaktiviäten in Utah (Utah Copper Company; zunächst 25 Prozent, 1936 auch den Rest) und Chile (Braden Copper Company; El Teniente) ein. Die Utah Copper Company (gegründet 1903 von Daniel Cowan Jackling, Enos Andrew Wall, Charles L. Tutt, Charles MacNeill, Spencer Penrose, Boies Penrose, Tal Penrose, Dr. R.A.F. Penrose und finanziert von den Guggenheims) betrieb seit 1906 den Tagebau Bingham Canyon, rund 25 Kilometer südwestlich von Salt Lake City. Die 1904 von William Braden und E.W. Nash gegründete Braden Copper Company gehörte den Guggenheims seit 1910.

Kennecott Bingham Canyon Open Pit Copper Mine Utah
Kennecott Bingham Canyon Open Pit Copper Mine Utah

Ab Ende der 1920er Jahre gingen die Fördermengen in den Kennecott-Minen Bonanza, Jumbo, Mother Lode, Erie und Glacier immer weiter zurück. Die Glacier-Grube, ein Tagebau, in dem nur während des Sommers gearbeitet werden konnte, wurde 1929 als erste geschlossen. 1938 war dann auch in den restlichen Minen Schluss: Am 10. November 1938 fuhr der letzte Zug der Copper River and Northwestern Railway von Kennicott nach Cordova. Der Ort Kennicott verwandelte sich anschließend in eine Geisterstadt. Bis Anfang der 1950er wohnte dort noch eine dreiköpfige Familie. Die meisten Gebäude sind bis heute erhalten. Kennicott wurde 1978 als Historic District in das National Register of Historic Places aufgenommen und 1986 erklärte das US-Innenministerium den Ort zum National Historic Landmark.

Die extrem niedrigen Lohnkosten in Alaska hatten dazu geführt, dass Kennecott Copper bis 1932 regelmäßig schwarze Zahlen schrieb, auch noch als die Kupfernachfrage nach dem Ende des 1. Weltkriegs zurückging. Erst Anfang der 1930er Jahre, als Kupfer aus Rhodesien den Markt überschwemmte, machte das Unternehmen erstmals Verluste. Im Gegensatz zu den Konkurrenten Anaconda Copper und Phels Dodge beteiligte sich Kennecott nur in geringem Maße an dem Trend der Kupferunternehmen zur vertikalen Integration (eigene Fertigungsbetriebe). Kennecott erwarb in den 1920er Jahren lediglich zwei Unternehmen: Chase Companies (ab 1936 Chase Brass und Copper Company) und American Electrical Works (ab 1935 Kennecott Wire and Cable Company).

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs, der nochmals eine Steigerung der Kupfernachfrage brachte, begann Kennecott gemeinsam mit der Continental Oil Company (Conoco) auch mit der Entwicklung von Ölquellen sowie Titan- und Goldminen. Gold hatte man als Nebenprodukt des Kupferbergbaus schon vorher gefördert, nun ging das Unternehmen aber gezielt auf die Suche nach neuen Lagerstätten. In Südafrika entstand die Kennecott-Anglovaal Exploration Co. Ltd., in Kanada gründete man gemeinsam mit der New Jersey Zinc Company die Quebec Iron and Titanium Corporation. 1946 entdeckte das Explorations-Team von Kennecott am Tio-See in Quebec die damals größte Ilmenit-Lagerstätte (Titaneisen, Titaneisenerz) der Welt. 1953 beteiligte sich Kennecott an der Kaiser Aluminium and Chemical Corporation.

In den 1960er Jahren erwarb das Unternehmen eine Blei-, Zink- und Silbermine in Utah, eine Bleimine in Missouri und eine Molybdänmine in Kanada. 1967 verkaufte Kennecott 51 Prozent der El-Teniente-Mine an die chilenische Regierung. In Anbetracht der nationalistischen Stimmung in diesem Land und den stark gesunkenen Einnahmen aus der chilenischen Mine, erwies sich diese Maßnahme als kluger Schritt; 1971 verstaatlichte die Allende-Regierung auch die restlichen 49 Prozent und rief das Staatsunternehmen Corporación Nacional del Cobre de Chile (Codelco) ins Leben.

1968 erwarb Kennecott die Peabody Coal Company, den damals größten Kohleproduzenten der USA. Die Federal Trade Commission (FTC) ordnete jedoch 1971 den Verkauf dieses Unternehmens an. Obwohl Peabody nicht besonders rentabel war, kämpfte Kennecott jahrelang gerichtlich gegen diese Entscheidung; 1977 wurde Peabody dann doch verkauft.

In den 1970er Jahren brachen die Kupferpreise aufgrund eines Überangebots aus afrikanischen Minen erneut ein. Die Kupferkonzerne der Vereinigten Staaten gerieten zu dieser Zeit in schwieriges Fahrwasser, was dazu führte, dass sie sich mit Ölkonzernen zusammenschlossen. Anaconda wurde 1977 von Atlantic-Richfield (ARCO) übernommen und die Standard Oil Company of Ohio (Sohio), die damals schon teilweise zum britischen Ölkonzern British Petroleum (BP) gehörte, erwarb 1981 die Kennecott Copper Corporation, die immer noch der größte Kupferproduzent der USA war. 1987 wurde Sohio vollständig BP übernommen. Bereits 1989 verkaufte BP sein Bergbaugeschäft (BP Minerals America) an den britisch-australischen Bergbaukonzern Rio Tinto Zinc Corporation (RTZ), der ein neues Unternehmen gründete: die Kennecott Utah Copper Corporation (Salt Lake City/Utah).

Die Bingham Canyon Mine ist die größte künstliche Ausgrabung der Welt und eine der produktivsten Minen der Welt. Kennecott fördert dort Kupfer, Gold, Silber und Molybdän. Das geförderte Erz wird im nahen Magna/Utah aufbereitet (Erzkonzentrator, Hüttenwerk, Raffinerie).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain