Markenlexikon
Shozo Kawasaki (1837 – 1912), der Sohn eines Kimono-Verkäufers, arbeitete zunächst als Händler in Nagasaki, damals die einzige Stadt, in der Japaner mit Ausländern Handel treiben konnten. Im Alter von 27 Jahren gründete er eine Transportgesellschaft, die jedoch nach dem Untergang ihres einzigen Schiffes wieder aufgelöst werden musste. Da japanische Schiffe zu dieser Zeit nicht gerade zu den modernsten der Welt gehörten, gründete Kawasaki 1878 in Tsukiji, einem Stadtteil von Tokyo, eine Werft, um hochseetaugliche Stahlschiffe nach westlichem Vorbild zu bauen. 1881 kam noch eine zweite Werft in Higashide-machi (Hyogo Präfektur) hinzu.
1907 errichtete Kawasaki in der Nähe von Akashi bei Kobe ein neues Werk (Hyogo Works) zum Bau von Lokomotiven, Waggons und Brückenträgern, aus dem 1919 die Kawasaki Rolling Stock Manufacturing Company hervorging. 1919 baute sich das Unternehmen mit der Reederei Kawasaki Kisen Kaisha (K-Line) ein weiteres Standbein auf (K-Line hat heute keine Verbindung mehr zum Kawasaki-Konzern).
1922 produzierte Kawasaki in einer neuen Fabrik bei Sohara (heute Kakamigahara/Gifu Präfektur) das erste Flugzeug, den einmotorigen Doppeldecker Otsu-1, von dem bis 1927 rund dreihundert Exemplare gebaut wurden. Von 1923 bis 1933 war der frühere Dornier-Konstrukteur Richard Vogt Chefkonstrukteur von Kawasakis Flugzeugabteilung. Unter seiner Leitung entstand Anfang der 1930er Jahre das erste Ganzmetallflugzeug Japans. 1937 wurde die Flugzeugabteilung in das eigenständige Unternehmen Kawasaki Kokuki Kogyo (Kawasaki Aircraft Engineering) ausgegliedert. Während der beiden Weltkriege stieg der Konzern neben Mitsubishi und Nakajima (heute Subaru) zum führenden Hersteller von Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen auf. Kawasaki baute vor allem Jagdflugzeuge und Bomber.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Abbau der Rüstungsindustrie musste sich Kawasaki nach neuen Tätigkeitsfeldern umsehen. Ab 1950 produzierte das Unternehmen Motoren für andere Motorradhersteller. Zur gleichen Zeit wurde der Stahlbereich ein selbstständiges Unternehmen (Kawasaki Steel). Als japanische Unternehmen 1952 wieder Flugzeuge bauen durften, entwickelte Kawasaki Aircraft das Transportflugzeug KAL-1 (Erstflug 1953). In den nächsten Jahrzehnten fertigte das Unternehmen in seinen Gifu- und Akashi-Werken Flugzeuge und Hubschrauber nach US-Lizenzen (Bell 47D, Lockheed T-33, Lockheed PV-2, Vertol 107 II), später auch eigene Konstruktionen (1970 Transportflugzeug C-1, 1979 Mehrzweckhubschrauber MBB/Kawasaki BK 117, 1985 Strahltrainer T-4, 1997 Beobachtungshubschrauber OH-1).
Seit Anfang der 1960er Jahre ist Kawasaki Heavy Industries zusammen mit Hitachi und einigen weiteren Unternehmen (Kinki Sharyo, Nippon Sharyo, Tokyu Car) Hersteller der verschiedenen Baureihen des Shinkansen-Express. 1961 kam das erste eigene Motorrad von Kawasaki auf den Markt, eine 125-Kubikzentimeter-Maschine mit Einzylinder-Zweitaktmotor.
1969 schlossen sich Kawasaki Dockyard (Schiffbau), Kawasaki Rolling Stock (Schienenfahrzeuge) und Kawasaki Aircraft (Flugzeuge) zur Kawasaki Jukogyo Kabushiki Kaisha (Kawasaki Heavy Industries) zusammen. Kawasaki Heavy Industries produziert u. a. Anlagen für die Eisen- und Stahlerzeugung, Baumaschinen, Brücken, Containerschiffe, Flugzeugteile, Flugzeugtriebwerke, Hubschrauber, Industrieroboter, Satelliten, Schienenfahrzeuge, Tanker, Tunnelbohrmaschinen und U-Boote. 2021 gliederte Kawasaki Heavy Industries die Sparten Motorräder, Off-Road-Fahrzeuge, Jet-Skis und Motoren in die neue Tochtergesellschaft Kawasaki Motors aus.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain