Markenlexikon
Der südafrikanische Bassgitarist und Steuerfachmann Clive Calder (* 1946) und Ralph Simon lernten sich Anfang der 1970er Jahre in Johannesburg kennen, wo sie mehrere kleine Firmen gründeten (Sagittarius Management, Clive Calder Productions, CCP Records), deren Platten von EMI South Africa vertrieben wurden, wo Calder eine Weile als A&R-Manager gearbeitet hatte. In dieser Zeit trafen sie erstmals auf den jungen Produzenten Robert (Mutt) Lange, der später zahlreiche Platten von AC/DC, Billy Ocean, Boomtown Rats, Bryan Adams, Foreigner, Graham Parker, Def Leppard, Michael Bolton und Shania Twain produzierte.
Da der südafrikanische Markt zu klein für größere Auflagen war und sich das politische und wirtschaftliche Klima in Südafrika infolge des international geächteten Apartheid-Systems immer mehr verschlechterte, gingen Calder, Simon und Lange 1975 nach London. Calder und Simon gründeten die Firma Zomba, die allerdings zunächst in der Schweiz registriert wurde. Namensgeber war die gleichnamigen Stadt in Malawi, in der sich bis 1994 auch der Sitz des malawischen Parlaments befand. Zomba war zunächst nur ein Musikverlag mit angeschlossener Künstler-Agentur. Durch die Verpflichtung des französischen Musik-Produzenten Henri Belolo, dem Mitgründer des Labels Scorpio und der Disco-Projekte Village People (»Y.M.C.A.«) und The Ritchie Family, übernahm Zomba in Großbritannien die Musikverlagsrechte der Village-People-Songs. 1978 eröffnete Zomba eine Niederlassung in New York, wo man Billy Ocean unter Vertrag nahm und mit Arista Records zusammenarbeitete.
1981 gründete Zomba schließlich mit Jive (benannt nach einem südafrikanischen Tanz- und Musikstil) ein eigenes Plattenlabel, das mit Musikern und Bands wie A Flock of Seagulls (1982 »I Ran«, »Wishing«; 1984 »The More You Live, The More You Love«), den Backstreet Boys (1996 »Quit Playing Games With My Heart«, 1997 »Everybody«;1998 »As Long As You Love Me«, »All I Have To Give«; 1999 »I Want It That Way2, »Larger Than Life«, »Show Me The Meaning Of Being Lonely«, »The One«), Billy Ocean (1984 »Caribbean Queen«, 1986 »When The Going Gets Tough, The Tough Get Going«), Britney Spears (1998 »...Baby One More Time«, 2000 »Oops!... I Did It Again«), *NSYNC (2000 »Bye Bye Bye«, 2001 »Pop«), Samantha Fox (1986 »Touch Me«, »Do Ya Do Ya Wanna Please Me«; 1987 »Nothing’s Gonna Stop Me Now«) und Tight Fit (1982 »The Lion Sleeps Tonight«) zahlreiche Charts-Erfolge feiern konnte. Für den US-Vertrieb war bis 1987 Arista zuständig, dann bis 1991 RCA Records und schließlich die Bertelsmann Music Group (BMG-Ariola), der RCA Records seit 1986 gehörte. In Europa waren EMI und Virgin Records Vertriebspartner.
In den 1990er Jahren übernahm Zomba mehrere Plattenlabel: 1994 Brentwood Music Group (Christliche Musik) sowie 1996 Windsong Holdings (Music For Nations, Pinnacle Entertainment, Windsong International), Reunion Records (Christliche Musik) und Rough Trade Records in Benelux, Deutschland, Österreich und der Schweiz (nach der Insolvenz der Rough Trade-Muttergesellschaft in Großbritannien), woraus 1999 Zomba Distribution und Zomba Records entstand, 1997 Benson Music Group (Christliche Musik), 1998 Volcano Entertainment und 2000 Capricorn Records. Mit dem 1988 gegründeten Sublabel Silvertone Records etablierte Zomba ein Rock- und Blues-Label (J. J. Cale, John Lee Hooker, The Stone Roses). Ein kurzzeitiger Ausflug in die klassische Musik (durch die Übernahme von Conifer Classics 1992) wurde schon 1995 wieder beendet.
Zwischen 1991 und 2002 verkaufte Clive Calder, dem die Zomba Group seit 1990 alleine gehörte, seine Anteile in mehreren Schritten an die Bertelsmann Music Group (BMG). Ab 2004 firmierte die Zomba Group als Zomba Label Group, ab 2009 als Jive Label Group (nun befanden sich die ehemaligen BMG-Labels bereits im Besitz von Sony Music) und 2011 wurden die Jive-Künstler unter den Sony-Labels Epic und RCA aufgeteilt, was auch das Ende des Labels Jive bedeutete. In Frankreich existierte das Label Jive noch bis 2019 (Jive Epic).
Text: Toralf Czartowski