Markenlexikon
Der Farmer Robert McCormick (1780 – 1846) entwickelte von 1815 bis 1831 einen automatischen, von Pferden gezogenen Getreide-Garben-Mäher (Self-Rake-Reaper), einen Vorläufer der Getreide-Binder (Cornbinder), der die amerikanische Landwirtschaft revolutionierten. Sein Sohn Cyrus Hall McCormick (1809 – 1884) verbesserte und vermarktete dieses Gerät, sodass es zu einem Verkaufsschlager wurde und die McCormicks zu Millionären machte. 1847 eröffnete Cyrus in Chicago seine erste Fabrik, von wo aus er und seine Brüder Leander James McCormick (1819 – 1900) und William Sanderson McCormick (1815 – 1865), die bald darauf in die Firma eintraten, den gesamten mittleren Westen der USA und bald auch Großbritannien (ab 1855) mit ihren Maschinen belieferten. 1900 entstand die erste deutsche Niederlassung in Berlin. Die McCormick-Familie war bald so einflussreich, dass man sagte, ganz Chicago sei ihr Privatbesitz. Nebenbei gaben sie mit der Chicago Tribune auch die führende Tageszeitung der Stadt heraus.
Als die Konkurrenz in der Landmaschinenbranche immer größer wurde, schloss Cyrus McCormick Jr. sein Unternehmen 1902 mit den Landmaschinen-Herstellern Deering (Chicago/Illinois), Milwaukee (Milwaukee/Wisconsin), Plano (Chicago/Illinois) und Warder, Bushnell & Glessner (Springfield/Ohio) zur International Harvester Company (IHC) zusammen. Der neue Konzern besaß Werke in Auburn/New York, Chicago/Illinois, Milwaukee/Wisconsin, Springfield/Ohio und Sterling/Illinois.
Weitere Produktionsanlagen entstanden später in Akron/Ohio, Canton/Illinois, Chatham/Ontario (Kanada), Columbus/Ohio, Doncaster/England (Großbritannien), Fort Wayne/Indiana, Garland/Texas, Hamilton/Ontario (Kanada), Indianapolis/Indiana, Lille (Frankreich), Louisville/Kentucky, Lubertzy (Russland), Melrose Park/Illinois, Neuss (Deutschland), Norrköping (Schweden), Rock Island/Illinois und Waukesha/Wisconsin. Die Ur-Fabrik in Chicago brannte 1871 bei einem Großfeuer, das weite Teile der Innenstadt zerstörte, ab; sie wurde jedoch wieder aufgebaut. Der IHC-Hauptsitz blieb bis 2000 in Chicago, dann wurde er nach Warrenville/Illinois verlegt (ein westlicher Vorort von Chicago) und 2011 nach Lisle/Illinois in der Chicago Metropolitan Area.
IHC wuchs in den nächsten Jahrzehnten neben Allis-Chalmers, Ford, John Deere und Massey-Ferguson zum größten Landmaschinenhersteller der Welt heran. Neben Traktoren (ab 1906) und Mähdreschern (ab 1915) produzierte das Unternehmen auch Motoren (ab 1905), Lastwagen und Busse (ab 1907), Baumaschinen (ab 1932), Transporter (1938 – 1975) und Automobile (Geländewagen, Kombis, Pickup-Trucks; 1953 – 1980; ab 2004), wobei für die Produkte verschiedene Markennamen verwendet wurden. Die Trucks und Busse kamen als IHC International auf den Markt, bei den Traktoren konnte man sich nie so recht zwischen McCormick, IHC, International und Farmall entscheiden, die Mähdrescher hießen McCormick und Deering, die Geländewagen Scout, die Kombis und Pickup-Trucks Travelall, die Transporter Metro und die Baumaschinen Payhauler, Payloader und Payscraper.
Der Versuch mit Hilfe von Modernisierungen und drastischen Kostensenkungen in der Produktion die Gewinne zu erhöhen, führte zu einem der längsten Streiks in der US-Geschichte (November 1979 – April 1980), der das Unternehmen mehrere hundert Millionen Dollar kostete. Die Investoren verloren schließlich das Vertrauen in die Geschäftsführung, die 1982 ausgetauscht wurde. In der Folge musste der Konzern komplett reorganisiert werden.
Das Baumaschinengeschäft verkaufte IHC 1982 an Dresser Industries und die Landmaschinensparte 1985 an Tenneco/Case. Case benutzte für die Landmaschinen eine Weile die Bezeichnung Case International und später Case IH, was auch gleichzeitig das vorläufige Ende der Marke McCormick bedeutete. Nach dem Zusammenschluss von Case und New Holland (1999) musste das frühere IHC-Werk in Doncaster/England sowie diverse Konstruktionsunterlagen und der Markenname McCormick aufgrund einer EU-Auflage an die italienische Firma Argo (Landini, Laverda, Pegorano, Valpadana) verkauft werden. Das britische Unternehmen firmiert seit 2001 wieder unter dem traditionellen Namen McCormick Tractors International.
1986 benannte sich der Konzern in Navistar International um. Seitdem produzierte die Navistar-Tochter International Truck and Engine nur noch Trucks der Klassen 4 bis 8, große Pickup-Trucks, Militärfahrzeuge, Busse (ICBus), Dieselmotoren und Fahrgestelle ohne Aufbauten. 2020/2021 wurde Navistar International von der deutschen Volkswagen-Tochter Traton (MAN, Scania, VW) übernommen und 2024 in International Motors umbenannt.
International Motors betreibt Werke und Entwicklungszentren u. a. in Escobedo (Mexiko), Huntsville/Alabama (USA), Melrose Park/Illinois (USA), San Antonio/Texas (USA), Santo Amaro/São Paulo (Brasilien), Springfield/Ohio (USA) und Tulsa/Oklahoma (USA).
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain