Markenlexikon

Ilyushin

Ursprungsland: Russland

Der frühere Militärpilot und Flugzeugmechaniker Sergej Wladimirowitsch Iljuschin (1894 – 1977; engl. Sergey Vladimirovich Ilyushin) konstruierte seine ersten Segelflugzeuge während er an der Militärakademie für Ingenieure der Luftstreitkräfte »Prof. N.J. Schukowski« in Moskau Flugzeugbau studierte (1921 – 1926). 1933 wurde er Leiter des gerade neu errichteten »Zentralen Konstruktionsbüros« (russ. TsKB Tsentralnoje Konstruktorskoje Bjuro), das sich auf dem Moskauer Werksgelände der »W.R. Menschinski-Fabrik« (offiziell auch als Fabrik Nr. 39 bekannt) befand. Dort konstruierten er und seine Mitarbeiter in den nächsten beiden Jahren die Bomber-Prototypen TsKB-26 und TsKB-30, die unter der Bezeichnung DB-3 in Dienst gestellt wurden. Den Bomber DB-3 F, der 1939 erstmals geflogen war, benannte man 1941 in IL-4 um, das Jagdflugzeug TsKB-57 in Il-2 Schturmowik. Beide Modelle, die Il-2 und die Il-4, gehörten während des Zweiten Weltkriegs zu den besten und meistgebauten sowjetischen Kampfflugzeugen. Bereits 1936 war das TsKB unter Leitung von Sergej Iljuschin in ein Experimental-Konstruktionsbüro (russ. OKB = Opitno Konstruktorskoje Bjuro) mit rund neunzig Mitarbeitern umgewandelt worden. 1942 zog das OKB in die Fabrik Nr. 240 in die Krasnoarmeyskaya Straße um.

Nach dem Ende des Krieges begann das Ilyushin-Konstruktionsbüro mit der Entwicklung von zivilen Verkehrsflugzeugen. Zu den wichtigsten Modellen zählen die zweimotorige Il-12 (1946), die ebenfalls zweimotorige Il-14 (1952 – 1958), die auch in der DDR (Il-14P) und der Tschechoslowakei (Avia 14) in Lizenz nachgebaut wurde, das Turboprop-Mittel- und Langstreckenverkehrsflugzeug Il-18 (1957 – 1978) und das vierstrahlige Langstreckenverkehrsflugzeug Il-62 (1963 – 1999), das zumindest äußerlich eine starke Ähnlichkeit mit der britischen Vickers VC10 (Erstflug 1962) aufwies. Die Il-18 (über 800 Exemplare) und die Il-62 (292 Exemplare) waren zusammen mit der Tu-134 und der Tu-154 die Arbeitspferde aller Ostblock-Fluglinien.

1966 wurde die Fabrik Nr. 240 offiziell in Maschinenfabrik Strela (russ. Pfeil) umbenannt; erst nach dem Tod des Chefkonstrukteurs, der 1970 in den Ruhestand gegangen war, bekam sie 1977 den Namen Maschinenfabrik S.W. Iljuschin.

Ilyushin
Ilyushin

Von 1969 bis 1979 entwickelte das Konstruktionsbüro Ilyushin das erste sowjetische Großraumflugzeug mit 350 Sitzplätzen, die vierstrahlige Il-86 (Erstflug 1976), die allerdings nur für Mittelstrecken ausgelegt war und Transatlantikziele (Kanada, Kuba, USA) daher nur mit Zwischenstopp erreichen konnte. Damit war die Il-86, die ein Zeitlang in Anlehnung an den europäischen Airbus auch Aerobus genannt wurde, jedem anderen Flugzeug dieser Klasse unterlegen. Die von 1977 bis 1994 gebauten 106 Exemplare wurden ausschließlich von der Aeroflot eingesetzt. Exportiert werden konnte dieser Typ nicht.

1991 wurde die Maschinenfabrik S.W. Iljuschin in eine staatliche Aktiengesellschaft umgewandelt. 2006 verfügte der russische Präsident Wladimir Putin per Dekret den Zusammenschluss des größten Teils der russischen Luftfahrtindustrie (Beriev, Ilyushin, Irkut, MiG, Sukhoi, Tupolev, Yakovlev) in der staatlichen Holdinggesellschaft Obyedinyonnaya Aviasroitelnaya Korporatsiya (OAK; engl. UAC United Aircraft Corporation).

Aktuelle Ilyushin-Modelle sind das vierstrahlige Transportflugzeug Il-76 (Erstflug 1971; Produktion: 1974 bis 1997 und seit 2005), das vierstrahlige Langstreckengroßraumflugzeug Il-96 (Erstflug 1988; in Produktion seit 1993), das Turboprop-Regionalverkehrsflugzeug Il-114 (Erstflug 1990; in Produktion seit 1992) und das einmotorige Reise- und Sportflugzeug Il-103 (Erstflug 1994; in Produktion seit 1997), das bis zu vier Personen Platz bietet.

Der Ilyushin-Hauptsitz befindet sich in Moskau. Gebaut wurden/werden die Ilyushin-Flugzeuge in den Flugzeugwerken Kasan (Il-62), Moskau (Il-14, Il-18, Il-114), Taschkent (Il-76, Il-114), Uljanowsk (Il-76, Il-78) und Woronesch (IL-2, Il-28, Il-86, Il-96).

Wladimir Sergejewitsch Iljuschin (1927 – 2010), der Sohn des Gründers, arbeitete von 1945 bis 1981 als Testpilot bei Sukhoi, wo er mehrere Weltrekorde aufstellte.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain