Markenlexikon
Die Erkenntnis, dass Hausstaub nicht nur ästhetisch störend ist, sondern auch eine Menge Krankheitserreger enthält, führte ab Mitte des 19. Jahrhunderts dazu, dass zahlreiche Tüftler, Erfinder und Techniker versuchten, dem Staub mit Maschinen zu Leibe zu rücken (1842 Joseph Whitworth, 1868 Ives McGaffey, 1876 Melville Bissell). Diese Kehrmaschinen mit rotierenden Bürsten waren allerdings noch nicht sonderlich effektiv, sie wirbelten den Staub meist nur auf.
1901 entwickelte der britische Ingenieur Hubert Cecil Booth (1869 – 1955) den ersten Vakuumreiniger der Welt, der den Staub in einen Beutel saugte. Dieser Staubsauger, der wahlweise mit Strom- oder Benzinmotor betrieben werden konnte, war so groß, dass er auf ein Pferdefuhrwerk montiert war. Ein über zweihundert Meter langer Schlauch musste durch das offene Fenster in die Wohnung verlegt werden, um den Teppich abzusaugen. Dieses ohrenbetäubende Vergnügen konnten sich allerdings nur reiche Leute leisten, z. B. der englische König Edward VII., der regelmäßig den Buckingham-Palast und die Westminster-Abbey reinigen ließ.
Der Durchbruch gelang 1906/1907 erst dem Hausmeister James Murray Spangler (1848 – 1915) aus Canton/Ohio, für den das tägliche Staubkehren wegen seines Asthmas eine Tortur war. Aus einem Karton, einem Ventilator und einem Kissenbezug bastelte er sich einen handlichen Staubsauger zusammen. Zu den ersten Nutzern des Geräts gehörte seine Cousine Susan Hoover. Ihr Mann William Henry Hoover (1849 – 1932) besaß damals eine Gerberei in New Berlin/Ohio, die vor allem Pferdegeschirre herstellte. Das Geschäft lief allerdings nicht mehr so gut, seit das Automobil der Kutsche Konkurrenz machte. Da Spangler nicht über das nötige Kapital verfügte, um den Handstaubsauger zu produzieren, verkaufte er seine Patente 1908 an William Hoover, der anschließend die Electric Suction Sweeper Company ins Leben rief und in einem Teil seiner Lederfabrik mit der Produktion begann. Spangler arbeitete bis zu seinem Tode 1915 als Produktionsleiter in Hoovers Staubsaugerfabrik. 1918 wurde die Fabrik nach North Canton/Ohio verlegt.
1919 gab Hoover die Lederproduktion auf und gründete die The Hoover Suction Sweeper Company (ab 1922 The Hoover Company); im gleichen Jahr etablierte Hoover in Großbritannien eine Tochtergesellschaft und errichtete in Perivale, einem Vorort von London, die erste europäische Fabrik. Ab 1921 wurden die Hoover-Staubsauger weltweit verkauft. Von Beginn der 1930er Jahre an war Hoover lange Zeit der weltgrößte Hersteller von Staubsaugern. 1985 wurde Hoover von der früheren Eisenbahngesellschaft Chicago Pacific übernommen, die 1989 in den Besitz des US-Hausgeräteherstellers Maytag überging.
1992 startete Hoover in Großbritannien eine folgenschwere Werbekampagne: Jeder Käufer in Großbritannien und Irland, der für über einhundert Pfund einen Hoover-Staubsauger kaufte, bekam zwei Tickets für Hin- und Rückflüge innerhalb Europas (später auch in die USA) gratis dazu. Die Nachfrage überstieg alle Erwartungen; weit über zweihunderttausend Käufer flogen auf Hoovers Kosten und die Aktion, die bis 1994 lief, kostete dem Unternehmen rund fünfzig Millionen Pfund. Die Hoover-Free-Flights-Promotionaktion gilt als größtes Marketing-Desaster aller Zeiten und führte 1995 dazu, dass Maytag die europäischen Aktivitäten mit Werken in Schottland, Wales und Portugal an die italienische Firma Candy verkaufte, die 2018 von dem chinesischen Hausgerätekonzern Haier übernommen wurde. In Europa werden unter dem Markennamen Hoover inzwischen auch andere Hausgeräte vermarktet (Waschmaschinen, Wäschetrockner).
2006 wurde Maytag von dem US-Hausgerätehersteller Whirpool übernommen, der Hoover an Techtronic Industries (TTI) aus Hongkong weiterreichte; TTI gehören inzwischen auch die Marken AEG (Elektrowerkzeuge), Dirt Devil (Staubsauger), Homelite (Elektrowerkzeuge), Milwaukee (Elektrowerkzeuge), Ryobi (Elektrowerkzeuge), Stiletto (Werkzeuge) und Vax (Staubsauger). Das Hoover-Werk in North Canton/Ohio wurde 2007 geschlossen. Hergestellt werden die Hoover-Geräte nun in El Paso/Texas und Juarez (Mexiko).
Text: Toralf Czartowski