Markenlexikon
Der damals 22-jährige Gerard Adriaan Heineken (1841 – 1893) erwarb 1864 die Amsterdamer Brauerei De Hooiberg, die bereits 1592 von Weijntgen Elberts, der Witwe eines Brauers, gegründet worden war. Das dafür notwendige Geld streckte ihm sein Mutter vor. Ein Grund, warum er die damals größte Amsterdamer Brauerei kaufte, war der hohe Gin-Konsum der Holländer; wenn die Leute anstatt des hochprozentigen Gins Bier trinken würden, könnte dadurch der Alkoholismus eingedämmt werden, so glaubte er zumindest. Außerdem nahm er sich vor, die allgemein schlechte Qualität des Bieres zu verbessern.
Zuerst einmal verlegte er die ganze Brauerei 1867/1868 in ein neues und größeres Gebäude in der Amsterdamer Innenstadt, dann errichtete er ein weitere Brauerei in Rotterdam (1873/1874). Zu gleichen Zeit gründete er zusammen mit mehreren Geschäftsleuten die Aktiengesellschaft Heineken's Bierbrouwerij Maatschappij (1873). Erster technischer Direktor der Heineken-Brauerei wurde der deutsche Braumeister Wilhelm Feltmann, der in der nächsten Zeit noch zahlreiche Arbeitskräfte aus Dortmund nach Amsterdam holte.
In dieser Zeit brauten die meisten Brauereien obergäriges Bier, auch Heineken, was daran lag, dass es noch keine Kühlmaschinen gab. Obergärige Hefe arbeitet bei Temperaturen zwischen 15 und 21 Grad, untergärige Hefe benötigt Temperaturen zwischen vier und neun Grad. Untergärige Biere konnten damals nur in Gegenden mit strengen Wintern gebraut werden, z. B. in Bayern, wo man das Bier den Sommer über in Felsstollen des Alpenvorlandes lagerte. Bayerisches Lagerbier war aber damals auch außerhalb Bayerns recht beliebt. Erst nachdem der deutsche Ingenieur Carl von Linde 1876 die Kühlmaschine entwickelt hatte, konnte überall und zu jeder Zeit untergäriges Bier gebraut werden – Heineken verwendete 1881 als erste holländische Brauerei Kühlmaschinen.
1886 züchtete Dr. H. Elion, ein Schüler des französischen Chemikers Louis Pasteur, die Bierhefekultur Heineken-A, die bis heute einer der Hauptbestandteile des Heineken-Biers ist. Anfangs wurde Heineken-Bier vor allem nach Frankreich exportiert (ab 1876). In den 1920er und 1930er Jahren erweiterte die Brauerei ihr Exportgeschäft und brachte teilweise auch eigene Brauanlagen nach Asien (Niederländisch-Indien, Singapur, Malaysia), Belgisch-Kongo, Ägypten, Neuseeland und, nachdem 1933 das Alkoholverbot aufgehoben worden war, auch in die USA. In den 1960er Jahren folgten viele afrikanische Staaten (u. a. Angola, Ghana, Kongo, Madagaskar, Nigeria, Ruanda, Sierra Leone, Tschad).
1968/1969 übernahm Heineken die Amstel-Brauereien in Amsterdam, Griechenland, Libanon, Jordanien, Surinam und den Niederländischen Antillen. Heineken Lager Bier gibt es heute in rund 170 Ländern zu kaufen, Amstel Beer Lager in 75 – teilweise werden die Biere von firmeneigenen Brauereien hergestellt, teilweise von Lizenznehmern. Der Heineken-Konzern befindet sich noch immer mehrheitlich im Besitz der Gründer-Familie.
Am 9. November 1983 wurden Alfred Henry (Freddy) Heineken (1923 – 2002), der Enkel des Firmengründers, und sein Chauffeur entführt und drei Wochen lang in einer Halle in Amsterdam festgehalten, bevor sie von der Polizei befreit werden konnten. Die beiden Haupttäter Cornelis van Hout und Willem Holleeder, zwei bekannte Amsterdamer Unterweltgrößen, wurden erst 1987 in Frankreich gefasst und zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Acht Millionen der 35 Millionen Gulden Lösegeld wurden nie gefunden.
2010 übernahm Heineken das gesamte Biergeschäft des mexikanischen Getränke- und Einzelhandelskonzers Fomento Económico Mexicano Sociedad Anónima (FEMSA) aus Monterey, wofür die FEMSA einen zwanzigprozentigen Anteil am Heineken-Konzern erhielt. Zu den ehemaligen FEMSA-Marken gehören u. a. Bohemia, Carta Blanca, SOL und Tecate.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain