Markenlexikon

Gulf

Ursprungsland: USA

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts beschränkten sich die Ölfunde in den USA vor allem auf den Nordosten des Landes (Ohio, Indiana, Pennsylvania, Virginia). Das änderte sich am Morgen des 10. Januar 1901. An diesem Tag stießen der einarmige Geschäftsmann, Sonntagslehrer und Amateur-Geologe Patillo Higgins (1863 – 1955), der aus Kroatien stammende Bergbau-Ingenieur Anthony Francis Lucas (1855 – 1921) und die von ihnen engagierten professionellen Ölsucher Al und Curt Hamill auf einem kleinen Hügel namens Spindletop Hill, in der Nähe von Beaumont/Texas am Golf von Mexiko, auf eine Öllagerstätte gewaltigen Ausmaßes. Der Druck der aus der Erde schießenden Fontäne war so groß, dass es wochenlang dauerte sie unter Kontrolle zu bekommen. Zwar hatte man in Texas schon früher nach Öl gebohrt und gelegtlich auch geringe Mengen gefunden, aber erst das Spindletop-Ölfeld markierte den Beginn der texanischen Ölindustrie. Bald wurden in Texas und Oklahoma weitere sogenannte Ölspringer entdeckt. Kleine Kuhdörfer und Provinstädte wie Austin, Beaumont, Dallas oder Houston verwandelten sich in wenigen Jahren zu glitzernden Großstädten und zum neuen Zentrum der amerikanischen Ölindustrie.

Finanziert wurde das Spindletop-Ölfeld von James Guffey (1839 – 1930) und John Galey (1841 – 1918), zwei Ölsuchern aus Pennsylvania, hinter denen die Pittsburgher Bankiersfamilie Mellon stand. Im Mai 1901 gründete Guffey gemeinsam mit den Brüdern Andrew und Richard Mellon die J.M. Guffey Petroleum Company, in der die Besitzrechte an dem Ölfeld zusammengefasst wurden. Im November desselben Jahres entstand die Gulf Refining Company, die für die Verarbeitung des Öl zuständig war. 1907 schlossen sich beide Unternehmen zur Gulf Oil Corporation mit Sitz in Pittsburgh/Pennsylvania zusammen. Bald darauf wurde Gulf Oil auch außerhalb von Texas aktiv: 1905 in Oklahoma, 1912 in Mexiko und 1924 in Venezuela. 1913 eröffnete Gulf Oil in Pittsburgh die erste Tankstelle und 1920 führte man das noch heute verwendete runde orange-blaue Firmenlogo ein.

Gulf Oil
Gulf Oil

1934 gründeten Gulf Oil und die Anglo-Iranian Oil Company (ab 1954 BP British Petroleum) die Kuwait Oil Company, die von Scheich Ahmed eine Ölförderkonzession für 75 Jahre erhielt. Ein Großteil des Gulf-Öls aus Kuwait wurde an die Royal Dutch/Shell-Gruppe geliefert, die im Gegensatz zu Gulf Oil über ein gut ausgebautes Vertriebsnetz in Europa verfügte, aber kaum Zugang zu den Ölquellen des Nahen Ostens hatte. Erst 1962 eröffnete Gulf Oil die ersten eigenen Tankstellen in Großbritannien und ab 1966 gab es in allen US-Bundesstaaten Gulf-Tankstellen. Während der Ölkrise in den 1970er Jahren und der Versaatlichung der Kuwait Oil Company (1975) zog sich der Konzern nach und nach von den europäischen Märkten wieder zurück. Die Tankstellennetze wurden an Kuwait Petroleum (Benelux, Schweden, Dänemark, Italien), Stinnes (Deutschland) und Shell (Schweiz, Großbritannien) verkauft.

1983 konnte eine feindliche Übernahme durch die Mesa Petroleum Corporation abgewehrt werden. Dafür kam 1984 die Standard Oil Company of California (SOCAL, Chevron) zum Zug, die sich anschließend in Chevron Corporation umbenannte. Teile des US-Tankstellenetzes von Gulf mussten daraufhin aufgrund einer Kartellauflage an BP und Cumberland Farms, einen Betreiber von Tankstellen, Tankstellenshops und Tankstellen-Restaurants, verkauft werden. Cumberland Farms/Gulf Oil betreibt heute Gulf-Tankstellen in elf Bundesstaaten im Nordosten der USA.

1999 erwarb der indische Mischkonzern Hinduja Group von Chevron die Gulf-Markenrechte für die Gebiete außerhalb Nordamerikas und gründete die Firma Gulf Oil International (London), die Lizenzen an lokale Tankstellenbetreiber vergibt (Großbritannien, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Schweden, Japan). Aus dem Zusammenschluss von Gulf Oil India und IDL Industries entstand 2002 die Gulf Oil Corporation Limited (Hyderabad).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain