Markenlexikon

Grundig

Ursprungsland: Deutschland

Der Einzelhandelskaufmann Max Grundig (1908 – 1989) eröffnete 1930 in Fürth ein Elektrogeschäft, in dem er zunächst Einzelteile für Radiogeräte und Funkanlagen verkaufte und defekte Geräte reparierte. Bald nahm er auch komplette Radiogeräte und Schallplatten in sein Sortiment auf. Außerdem begann er mit der Herstellung von Kleintransformatoren, die hauptsächlich in der militärischen Nachrichtentechnik zum Einsatz kamen. Auftraggeber waren die Elektrokonzerne AEG und Siemens. Während des Zweiten Weltkriegs produzierte Grundig die Steuergeräte für die V1-Marschflugkörper und die V2-Raketen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann die Firma mit der Produktion von Transformatoren sowie Röhrenmess- und Röhrenprüfgeräten. Da der Bau und Verkauf von Radiogeräten noch genehmigungspflichtig war, entwickelten Grundig und seine Mitarbeiter 1946 einen Radiobaukasten, der auch von Laien recht einfach zusammengebaut werden konnte. Unter dem Namen »Heinzelmann« kam das Gerät Anfang 1947 in den Handel und wurde zu einem vollen Erfolg. Schon ein Jahr später erweiterte Grundig das Programm um Komplettgeräte (1948 »Weltklang«, 1949 »Radio Boy«, das erste Kofferradio von Grundig). Später kamen UKW-Empfänger (1950), Tonbandgeräte (1951), Fernsehgeräte (1952), Fernsehkameras für Überwachungsaufgaben (1953), Diktiergeräte (1954), Uhrenradios (1954), Fernseh-Miniatur-Kameras für Rohrinnen-Untersuchungen (1954), Bohrloch-Sonden (1954), Werkzeugmaschinensteuerungen (1963) und Autoradios (1965) hinzu. In der Nachkriegszeit entwickelte sich Grundig neben AEG-Telefunken, Graetz, ITT-Schaub-Lorenz, Nordmende und Saba und zu einem der führenden europäischen Hersteller von Radio-, Tonband- und Fernsehgeräten. Bei Tonbandgeräten und Musikschränken war Grundig sogar lange Zeit Weltmarktführer.

1956 erwarb Grundig die Triumph-Werke Nürnberg und die Adler-Werke Frankfurt/Main und schloss die beiden ehemaligen Motorrad- und Autohersteller, die zu dieser Zeit nur noch Schreib- und Büromaschinen produzierten, zusammen (Triumph-Adler wurde 1968 an Litton Industries/USA verkauft). 1972 wurde Grundig in eine Aktiengesellschaft umgewandelt; Eigentümer blieb die Familie Grundig über die 1970 gegründete Max-Grundig-Stiftung.

In den späten 1970er Jahren ging es jedoch mit den deutschen Unterhaltungselektronikherstellern bergab. Gegen die Kampfpreise der japanischen Elektronikkonzerne wie JVC, Panasonic, Sanyo, Sharp oder Sony hatten sie keine Chance. Einer nach dem anderen kam in finanzielle Schwierigkeiten und wurde von Konzernen wie Thomson (Dual, Nordmende, Saba, Telefunken) und Nokia (ITT-Schaub-Lorenz, Graetz) übernommen, die die Marken später teilweise zugunsten der eigenen einstellten oder weiterverkauften.

1979 beteiligte sich der niederländische Elektrokonzern Philips an Grundig (1993 wurde daraus eine Mehrheitsbeteiligung). Zu dieser Zeit hatte Grundig rund 38.000 Angestellte und über dreißig Produktionsstätten in sieben Ländern. 1984 gab Max Grundig auch die unternehmerische Führung an Philips ab. 1987 konnte Grundig mit der exklusiven HiFi-Modellpalette »Fine Arts by Grundig« noch einmal einen Verkaufsschlager landen. Nach erneuten Umsatzeinbrüchen in den frühen 1990er Jahren zog sich Philips 1997 wieder von Grundig zurück und verkaufte seine Anteile an eine britische Investmentbank. 2000 wurde der Rosenheimer Antennen- und Satellitenanlagenhersteller Kathrein neuer Eigentümer, ohne dass sich die prekäre finanzielle Situation grundlegend änderte. Nachdem Verhandlungen mit mehreren potentiellen Investoren gescheitert waren, musste Grundig 2003 Insolvenz anmelden.

Die verschiedenen Grundig-Geschäftsbereiche wurden 2003/2004 an andere Unternehmen verkauft oder verselbstständigt: die Sparte »Kopfstationen und Satelliten-Systeme« wurde 2004 als Management-Buy-Out ausgegründet (GSS Grundig SAT Systems), den Bereich »Bürogeräte« führte Grundig Business Systems weiter, der US-Autozulieferer Delphi erwarb »Car InterMedia System« (Autoradios, Maut-Erfassungssysteme) und »Home Intermedia System« ging an den türkischen Haus- und Fernsehgerätehersteller Beko Electronic (eine Tochter der Koç Holding) und die britische Alba Group (Alba, Betacom, Bush, Dirt Devil, JCB, Power Devil, Roadstar). 2007/2008 übernahm die Koç Holding auch die Alba-Anteile.

Entwickelt und hergestellt werden die Grundig-Heimgeräte (Audio- und Fernsehgeräte, Hausgeräte, Schnurlostelefone) nun in den Beko-Produktionsanlagen in Istanbul, wo 2006/2007 für die Grundig-Produkte mehrere neue Fertigungslinien eingerichtet wurden.

Text: Toralf Czartowski