Markenlexikon
Vorläufer des heutigen Gins war der holländische Genever oder Jenever, ein Getreidebranntwein mit Wacholder, der zunächst nur als Medizin in Apotheken verkauft wurde. Der Begriff Genever stammt vom lateinischen Wort »juniperus« (Wacholder) ab. Entwickelt hatte ihn Mitte des 15. Jahrhunderts der Arzt Dr. Franciscus de la Boe an der Universität Leiden. Der Holländer Wilhelm III. von Oranien, der 1689 englischer König wurde, brachte den Genever nach England, wo aus Genever Gin wurde. Außerdem erlaubte er jedem Engländer, Wacholderschnaps zu brennen, während er Spirituosen vom europäischen Festland mit hohen Einfuhrzöllen belegte. Daher wurde Gin in Großbritannien bald sehr populär. Dieser selbstgebrannte Gin war jedoch häufig von miserabler Qualität.
Das wollte der Schotte Alexander Gordon, der 1769 in London eine Gin-Destillerie eröffnete, grundlegend ändern, was aufgrund des guten Wassers im Norden Londons, dem dreifach gebranntem Neutralalkohol und ausgewählter Zutaten auch nicht sonderlich schwierig war. Im Gegensatz zu anderen Gin-Herstellern der damaligen Zeit ersetzte er den Zucker durch Geschmacksstoffe wie Koriandersamen, Echtem Engelwurz sowie Orangen- und Zitronenschalen, die zu einem weniger starken Gin führten. Diese Art der Destillation wurde später als London Dry Gin oder London Gin bekannt.
Bereits um 1800 war Gordon's Gin eine in ganz Großbritannien bekannte Marke. Die Offiziere der britischen Marine, die alle ein Faible für Gin hatten, brachten den Wacholderschnaps dann in die entlegensten Winkel des britischen Kolonialreiches. Gin ist bis heute Hauptbestandteil vieler Cocktails, Short- und Longdrinks (Angel Face, Blue Moon, Bronx, Gimlet, Gin Fizz, Gin Tonic, Martini, Monkey Gland, Negroni, Paradise, Pink Gin, Pink Lady, Tuxedo, Vesper).
1898 schloss sich die Herstellerfirma mit dem ebenfalls in London ansässigen Konkurrenten Charles Tanqueray zusammen. 1922 wurde Tanqueray Gordon von dem Whisky-Konzern DCL Distillers Company Limited (Black & White, Buchanan's, Dewar's, Dimple, Haig, Johnnie Walker) übernommen. 1925 erhielt Gordon's von König George V. erstmals die Ernennung zum Hoflieferanten. Auch Königin Elisabeth II. ließ sich mit Gordon's Gin beliefern. Gordon’s Gin blieb das ganze 20. Jahrhundert über der weltweite Markführer bei Marken-Gin; nur in den USA hatte Tanqueray die Nase vorn.
1986 ging die DCL in den Besitz des irischen Bierkonzerns Guinness (Guinness, Harp, Kilkenny, Smithwick's) über. Aus dem Zusammenschluss von Guinness mit dem britischen Spirituosen- und Nahrungsmittelkonzern Grand Metropolitan (Baileys, Bombay Gin, Burger King, Cinzano, Green Giant, Häagen Daz, J&B, José Cuervo, Gilbey's, Metaxa, Pillsbury, Smirnoff) entstand 1997 der Diageo-Konzern.
Unter dem Label Gordon's werden heute verschiedene Gin-Varianten mit unterschiedlichem Alkoholgehalt hergestellt, außerdem aromatisierte Versionen (Crisp Cucumber, Elderflower, Lemon, Orange, Peach, Red Berries), Vodka, Liköre, Alkopops und vorgemixte Cocktails. Eine Zeitlang gab es auch Jamaica Rum von Gordon's.
Produziert wird der originale Gordon's London Dry Gin seit 1998 hauptsächlich in der Cameronbridge Distillery in Windygates, rund 25 Kilometer nordöstlich von Edinburgh. Die ursprüngliche Whisky-Brennerei war 1824 von John Haig gegründet worden. Frühere Gordon's-Brennereien befanden sich London (Southwark, Clerkenwell), Laindon/Essex (ab 1984) und Linden/New Jersey (USA; ab 1934). Darüber hinaus gibt es weltweit mehrere Brennereien, die Gordon's Gin in Lizenz herstellen.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Public Domain