Markenlexikon
Der amerikanische Erfinder Thomas Edison (1847 – 1931) bekam insgesamt über eintausend Patente zugesprochen. Seine wichtigsten Erfindungen waren der Phonograph (1877), die Glühbirne (1878), der Kinetograph (1887) und das Kinetoscope (1891). Zur Auswertung seiner Patente gründete er zahlreiche Unternehmen, meist gemeinsam mit finanzkräftigen Teilhabern. Nachdem er 1878 die erste funktionsfähige elektrische Glühlampe entwickelt hatte, rief er die Edison Electric Light Company ins Leben, die weltweit Lizenzen zur Produktion der Glühlampe vergab. Aus diesen Lizenznehmern entstanden später Konzerne wie AEG (Deutschland), Montedison (Italien) und Toshiba (Japan). Die Entwicklung und Produktion der Glühlampe finanzierte Edison anfangs selbst, u. a. durch den Verkauf seiner Anteile an der Edison Electric Light Company – seine Geldgeber lehnten jede finanzielle Beteiligung ab.
Damit die Glühlampe überhaupt Sinn machte, mussten zuvor die Städte mit Elektrizität versorgt werden. Edison entschied sich für die Gleichstromtechnik, die jedoch den Nachteil hatte, dass man den mit Gleichstrom-Dynamos erzeugten Strom (110 – 220 Volt) nur über sehr kurze Distanzen transportieren konnte (ca. fünf Kilometer). Seine Konkurrenten, vor allem George Westinghouse, Elihu Thomson und Edwin Houston, bevorzugten dagegen die noch recht neue Wechselstromtechnik und sicherten sich die US-Patentrechte der meist europäischen Erfinder (Charles Steinmetz, John Hopkinson, Nikola Tesla).
1883 gründeten Elihu Thomson (1853 – 1937) und Edwin James Houston (1847 – 1914) die Thomson-Houston Electric Company, die sich neben Edison Electric und Westinghouse Electric zu einem führenden amerikanischen Elektrokonzern entwickelte. Alle drei Unternehmen waren in den sogenannten »Stromkrieg« verwickelt, den Thomas Edison, ein Verfechter der Gleichstromtechnik, gegen seine beiden Konkurrenten angezettelt hatte, die die Wechselstromtechnik favorisierten. 1881 baute Edison Electric das erste Kraftwerk in New York; 1882 lieferte es den ersten Strom für vierhundert Lampen. Letztlich setzte sich jedoch der Wechselstrom durch, der dank seiner hohen Spannung (10.000 Volt) billig über lange Strecken übertragen und in den Städten wieder auf niedere Spannungen heruntertransformiert werden konnte.
1889 schloss sich die Edison Electric Light Company mit den Glühlampenfabriken zur Edison General Electric Company zusammen. Edison selbst besaß an diesem Unternehmen nur noch einen Anteil von zehn Prozent, der Rest befand sich in der Hand von Banken. 1892 kam es schließlich zur Fusion der beiden großen Konkurrenten Edison General Electric Company und Thomson-Houston Electric Company zur General Electric Company (GE). Dass man sogar seinen Namen aus der neuen Firmenbezeichnung gestrichen hatte, erfuhr Edison erst aus der Zeitung. Kurz darauf verkaufte er seinen restlichen Aktienanteil, um sich neuen Erfindungen zu widmen.
Ein Jahr nach der Fusion entstand unter dem Namen Compagnie Française Thomson-Houston in Paris eine Tochtergesellschaft. Ab 1953 bestand jedoch keine Verbindung mehr zur amerikanischen General Electric Company. Aus dem französischen Ableger von Thomson-Houston gingen später Unternehmen wie Thomson-Brandt, Thomson-CSF, Thomson und Thales hervor.
Neben Glühlampen sowie Stromerzeugungs- und Stromübertragungsanlagen spezialisierte sich GE in den nächsten Jahrzehnten auf die Produktion von Elektrolokomotiven (ab 1895), elektrischen Haushaltsgeräten (ab 1909), Schiffsturbinen (ab 1912), Kühlschränken (ab 1925), Kunststoffen (ab 1926), Flugzeugtriebwerken (ab 1942) und Wettersatelliten (ab 1960). 1905 brachte GE den ersten elektrischen Toaster der Welt auf den Markt. Um amerikanischen Haushalten die Finanzierung von GE-Geräten zu erleichtern, rief GE 1932 die Tochtergesellschaft GE Credit ins Leben.
1919 gründeten die Inhaber wesentlicher Radiopatente – AT&T, General Electric, United Fruit und Westinghouse Electric – die Radio Corporation of America (RCA). RCA wuchs im Verbund mit seinen Anteilseignern bald zu einem mächtigen Konzern heran, der das gesamte US-Radiogeschäft beherrschte. 1926 riefen RCA, Westinghouse und GE die Rundfunkgesellschaft National Broadcasting Company (NBC) ins Leben. Um ein Monopol zu verhindern, mussten sich GE und Westinghouse jedoch 1933 von ihren Beteiligungen an RCA trennen.
Infolge des Zweiten Weltkriegs bekam GE 1941 von der US-Regierung den Auftrag, ein Strahltriebwerk für Flugzeuge zu entwickeln. Grundlage war ein Triebwerk, das der Engländer Frank Whittle bereits Anfang der 1930er Jahre konstruiert hatte. Da die Bell Aircraft Corporation (Buffalo/New York) dem GE-Werk in Lynn/Massachusetts am nächsten lag, wurde dieses Unternehmen mit dem Bau des ersten US-Düsenjägers beauftragt. Am 1. Oktober 1942 absolvierte die Bell XP-59A Airacomet mit einem GE-Strahltriebwerk ihren Erstflug. Für den Zweiten Weltkrieg kam die Entwicklung der Strahltriebwerke jedoch zu spät, denn die Flugleistungen der ersten Düsenflugzeuge waren noch nicht zufriedenstellend. 1949 erwarb GE Aviation ein weiteres Werk in Cincinnati/Ohio, wo sich lange Zeit der Hauptsitz des GE-Triebwerksbereichs befand. GE Aviation spezialisierte sich in den nächsten Jahren auf Strahltriebwerke für Militärflugzeuge. Ab den 1950er Jahren kamen auch Triebwerke für zivile Verkehrsflugzeuge und Wellenturbinen für Helikopter hinzu.
In den 1950er Jahren errichtete GE gemeinsam mit Bechtel (Baugesellschaft) und Pacific Gas and Electric (Energieversorger) in Kalifornien das erste Kernkraftwerk der USA (Vallecitos). GE lieferte den Siedewasserreaktor. Das Kraftwerk blieb von 1957 bis 1963 in Betrieb. GE gehört neben Babcock & Wilcox (USA), Framatome (Frankreich), Hitachi (Japan), Mitusbishi Heavy Industries (Japan), Toshiba (Japan) und Westinghouse (USA) zu den weltweit führenden Herstellern von Kernreaktoren. Lizenzen für die Reaktortechnologie wurden auch in andere Länder vergeben, u. a. nach Deutschland, Frankreich und Japan.
Ab Mitte der 1980er Jahre entwickelte sich GE zu einem weitgefächerten Technologie- und Dienstleistungskonzern mit Geschäftsbereichen wie Energieerzeugung, Finanzdienstleistungen, Flugzeugtriebwerke, Haushaltsgeräte, Hochleistungskunststoffe, Lichttechnik, Medizinische Geräte, Rundfunk (1986 erneute Übernahme von RCA/NBC), Schienenfahrzeuge und Transportsysteme (Container).
Ab den 1990er Jahren veräußerte GE zahlreiche Geschäftsfelder und Tochtergesellschaften (u. a. 1993 Radar- und Satellitentechnik, 2008 Kunststoffe, 2010 Sicherheitstechnik, 2010/2013 Medien, 2015 Immobilienverwaltung, 2016 Hausgeräte, 2017 Wasseraufbereitungstechnik, 2018 Gasmotoren/Stromaggregate, 2019 Ölfeld-Service, 2019 Schienenfahrzeuge, 2020 Lichttechnik, 2021 Flugzeugleasing). Dafür erwarb der Konzern andere Unternehmen (u. a. 2007 Smiths Aerospace, 2010 Dresser Industries, 2014 Alstom Power/Alstom Grid, 2017 LM Wind Power).
2023/2024 teilte sich die General Electric Company mit Sitz in Boston/Massachusetts (seit 2016; zuvor in Fairfield/Connecticut) in die drei Unternehmen General Electric Company/GE Aerospace (Evendale/Ohio; Antriebe für Flugzeuge, Schiffe und Raketen, Additive Fertigungstechnologien), GE Vernova (Cambridge/Massachusetts; Kraftwerksbau, Windkraftanlagen, Automation Software, Finanzdienstleistungen) und GE HealthCare Technologies (Chicago/Illinois; Medizintechnik) auf. Die Marke GE wird außerdem für verschiedene ehemalige GE-Geschäftfelder wie Beleuchtungstechnik (von Savant Systems) oder Hausgeräte (von Haier/China) in Lizenz verwendet. Auch die frühere GE-Schienenfahrzeugsparte mit ihren traditionsreichen Lokomotiven-Werken in Fort Worth/Texas und Erie/Pennsylvania firmiert weiterhin als GE Transportation (a Wabtec Company).
In Großbritannien existierte bis 1999 ein Unternehmen, das den gleichen Namen führte, aber ansonsten nichts mit dem US-Konzern zu tun hatte. Die 1886 von Hugo Hirst und Gustav Binswanger (später nannte er sich Gustav Byng) gegründete englische The General Electric Co. Ltd., die meist unter dem Kürzel G.E.C. auftrat, benannte sich 1999 nach einer ihrer Tochtergesellschaften in Marconi um (Marconi wurde 2006 vom schwedischen Ericsson-Konzern übernommen).
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain