Markenlexikon
Die Zigarettenmarken Gauloises (frz. Gallier) und Gitanes (frz. Zigeunerinnen) kamen 1910 auf den Markt, wobei es sich nur um neue Namen für die bereits existierenden Marken Hongroise und Vizir (bis 1927 Gitane-Vizir) handelte. Hersteller beider Marken war die staatliche französische Tabakagentur, aus der 1959 die Firma Seita (Societe d'Exploitation Industrielle des Tabacs et Allumettes) hervorging. Die dunklen und starken Tabake stammten aus Frankreich, Syrien, Algerien und der Türkei. Teilweise wurden die filterlosen Zigaretten aus Maispapier hergestellt, was die Stärke des Rauchs noch erhöhte.
1925 zeichnete der Grafiker Maurice Giot den geflügelten Gallierhelm, der fortan die Gauloises-Schachteln zierte, und 1927 auch die tanzende Zigeunerin auf der dunkelblauen Gitanes-Packung. 1936 entwarf Marcel Jacno, ebenfalls ein Grafiker, die heute auf der ganzen Welt bekannte hellblaue Gauloises-Packung (Gauloises Caporal).
Mitte der 1950er Jahre gab es erstmals von beiden Marken Filtervarianten: 1954 Gauloises Disque Bleu und 1956 Gitanes Filtre. 1960 brachte der britische Tabakkonzern British American Tobacco (BAT) die Marke Gauloises auch in Deutschland in den Handel, 1969 folgte Gitanes.
Im Sog amerikanischer Zigarettenmarken kamen in den 1980er Jahren Varianten mit einer leichteren Mischung aus amerikanischen Tabaken heraus (1981 Gitanes Légères, 1982 Gauloises Légères, 1984 Gauloises Blondes, 1985 Gauloises Extra Légères, 1986 Gitanes Blondes, 1986 Gauloises Blondes Légères, 1988 Gitanes Extra Légères, 1989 Gauloises Ultra Légères, Gitanes Blondes Légères, 1990 Gauloises Blondes Super Légères, 1991 Gitanes Ultra Légères).
Dass beide Marken in Frankreich so häufig geraucht wurden, lag auch daran, dass das staatliche Tabakmonopol die Einführung ausländischer Marken lange Zeit ganz verhinderte; erst in den 1960er Jahren wurden einige Marken wie Marlboro von Seita in Lizenz produziert und in Frankreich in den Handel gebracht. Zu den berühmtesten Gauloises- und Gitanes-Rauchern gehörten Alain Delon, Albert Camus, George Orwell, Jean Baudrillard, Jean-Paul Sartre, Jim Morrison, John Lennon, Luis Buñuel, Pablo Picasso, Serge Gainsbourg und die Romanfigur James Bond.
Die Herstellerfirma Seita wurde 1995 privatisiert, 1999 mit dem spanischen Tabakhersteller Tabacalera (Ducados, Fortuna, Nobel) zum Altadis-Konzern zusammengeschlossen und 2008 an den britischen Tabakkonzern Imperial Brands/Imperial Tobacco (Cohiba, Davidoff, Drum, JPS John Player Special, Lambert & Butler, Montecristo, West) verkauft. Damit endete auch das Vertriebsakommen mit BAT.
Da sich die filterlosen Klassiker, die wie Baskenmütze und Baguette jahrzehntelang als nationale Symbole Frankreichs galten, zuletzt immer schlechter verkauften, wurde die Produktion 2005 von Lille nach Alicante (Spanien) verlegt.
Text: Toralf Czartowski