Markenlexikon
Henry Ford (1863 – 1947) baute sein erstes Auto 1896 in einem Schuppen hinter dem Haus seiner Eltern. Nachdem er einige weitere Automobile fertiggestellt hatte, wurde er von den Gründern der Detroit Automobile Company (die erste Autofirma in Detroit) mit der Leitung ihrer Fabrik betraut. Doch nachdem gerade einmal zwanzig Autos gebaut worden waren, ging das Unternehmen Anfang 1901 Pleite. Noch im gleichen Jahr gründete Henry Ford die Henry Ford Company. Auch hier hielt er es nur wenige Monate aus – die Firma wurde 1902 in Cadillac Automobile Company umbenannt und 1909 an General Motors verkauft. 1903 gründete Ford mit elf Teilhabern die Ford Motor Company; zu den Finanziers gehörten auch die Dodge-Brüder, die später eine eigene Autofirma ins Leben riefen. Die Fabrik befand sich in der Mack Avenue von Detroit. Das erste Auto, das Modell A (Fordmobile), kam noch im Gründungsjahr auf den Markt. Auf Basis dieses Fahrzeugs entstand 1904 der erste Lieferwagen von Ford. Auch die nächsten Lastwagen, meist Anderthalb-Tonner, waren Abkömmlinge der Pkw-Baureihen. 1910 eröffnete Ford eine neue Fabrik in Highland Park bei Detroit.
Der durchschlagende Erfolg kam 1908 mit dem Modell T (Tin Lizzie), das ab 1913 in der damals revolutionären Fließbandtechnik produziert wurde, die sich Ford bei den Chicagoer Schlachthöfen abgeguckt hatte. Dieses spartanische Volksauto, das es nur mit schwarzer Lackierung gab, baute Ford bis zu dessen hoffnungsloser Überalterung im Jahre 1927. Insgesamt wurden über fünfzehn Millionen Fahrzeuge dieses Typs gefertigt. Fords Erfolg beruhte vor allem auf den niedrigen Preisen, die es fast jedem einigermaßen sparsamen Amerikaner ermöglichten, ein Auto zu kaufen. Bis dahin waren Autos reine Luxusartikel für die gutbetuchte Oberschicht gewesen. Mit dem Ford T begann die Motorisierung Amerikas. Als Dank wird Henry Ford bis heute glorifiziert wie kaum ein anderer amerikanischer Industrieller. In Detroit baute man ihm ein überlebensgroßes Denkmal und seine Memoiren gelten als »Heilige Schrift« für jeden Jungunternehmer.
Von 1917 bis 1928 entstand in Dearborn bei Detroit die damals größte Autofabrik der Welt (River Rouge Plant). Außerdem eröffnete oder erwarb Ford bald zahlreiche Fabriken außerhalb der USA (1911 Traford Park/England, 1917 Cork/Irland, 1923 Dagenham/England, 1925 Berlin/Deutschland und Geelong/Australien, 1931 Köln/Deutschland, 1940 Poissy/Frankreich, 1946 Walthamstow/England, 1949 Langley/England, 1953 Doncaster/England, Southhampton/England, Croydon/England und Romford/England, 1956 Melbourne/Australien, 1962 Halewood/England, 1964 Basildon/England und Genk/Belgien, 1965 Swansea/Wales, 1970 Saarlouis/Deutschland). 1929 schloss Ford mit der Sowjetunion einen Vertrag über die Lieferung von Produktionsanlagen für ein neues Lastwagenwerk in Nischni Nowgorod (früher Gorki), wo ab 1932 Ford-Lastwagen in Lizenz produziert wurden. Das Unternehmen Gorkowski Awtomobilny Zawod (GAZ), das später auch Geländewagen (GAZ) und Pkw (Pobeda, Wolga, Tschaika) produzierte, existiert noch heute.
1917 gründete Ford für die Traktoren-Produktion eine eigene Firma, Henry Ford and Son (Fordson), wobei das »Son« für seinen Sohn Edsel stand. Schon Ende des Jahres liefen die ersten Fordson-Traktoren vom Band. 1920 wurde Ford and Son wieder in die Muttergesellschaft eingegliedert, die Traktoren behielten aber bis 1964 den Namen Fordson. Ford wurde in den nächsten Jahrzehnten einer der weltgrößten Traktorenhersteller. Erst 1991 verkaufte Ford das gesamte Landmaschinengeschäft, zu dem ab 1986 auch der US-Landmaschinen-Hersteller New Holland gehörte, an Fiat. Heute heißt dieses Unternehmen CNH (Case New Holland).
1922 erwarb Ford die erst fünf Jahre zuvor von dem früheren Cadillac-Besitzer Henry Martyn Leland (1843 – 1932) gegründete Lincoln Motor Company, wodurch er in der Lage war, nun auch größere und luxuriöse Automobile anzubieten, die auf die gleiche Käuferschicht abzielten, wie die Cadillacs von General Motors. Für den Mittelklassemarkt wurde 1938 die Marke Mercury eingeführt. Viele Mercury-Modelle unterschieden sich von den Ford-Modellen nur durch marginale Details wie Grill, Ausstattung und Markenlogo. Ford selbst baute weiterhin hauptsächlich preiswerte Volksautos, die in direkter Konkurrenz zur GM-Marke Chevrolet standen.
Ab Ende der 1940er Jahren gab es auch größere Zwei- und Drei-Tonner-Lastwagen in verschiedenen Ausführungen. Am erfolgreichsten wurden der Pickup-Truck Ford F (ab 1948) und der Transporter Ford Transit, der erstmals 1961 auf den Markt kam. Die Fahrzeuge der F-Serie, die aus verschiedenen Pickup-Trucks und Chassis-Cabs für leichte Lastwagen besteht, gehören seit Jahrzehnten zu den meistverkauften Autos in Nordamerika und damit zum Hauptumsatzbringer des Ford-Konzerns. Auch der Geländewagen Bronco (1966 – 1996) basierte ab 1978 auf der F-Serie. Daneben gab/gibt es mit dem Courier (1972 – 1981) und dem Ranger (seit 1982) auch zwei kleinere Pickup-Trucks, außerdem die SUVs Explorer (seit 1990), Expedition (seit 1996), Excursion (2000 – 2006), Escape (seit 2000), Freestyle (2004 – 2007) und Edge (seit 2006). Das Geschäft mit den mittelschweren und schweren Lastwagen verkaufte Ford 1997 an die Daimler-Tochter Freightliner, die diese Sparte anschließend in Sterling Truck umbenannte.
In Anlehnung an die Chevrolet Corvette von General Motors brachte Ford 1955 das zweisitzige Sportcoupé Thunderbird (1955 – 1997, 2002 – 2005) auf den Markt. Mit dem Mustang begründete Ford 1964 die Klasse der Pony-Cars (kompakte Sportcoupés und Cabriolets), zu der neben dem Mustang Modelle wie AMC Javelin, Chevrolet Camaro, Dodge Challenger, Mercury Cougar, Plymouth Barracuda oder Pontiac Firebird gehörten. Mit dem Rennwagen GT40 gewann Ford viermal das 24-Stunden-Rennen von Le Mans (1965 – 1968). Der Crown Victoria (1992 – 2011) war neben dem Chevrolet Caprice lange Zeit das am meisten eingesetzte Polizeifahrzeug in den USA und Kanada. Der Taurus (1986 – 2022) – in den frühen 1990er Jahren das meistverkaufte Auto in den USA – war zudem das Standard-Dienstfahrzeug vieler US-Behörden, u. a. der Bundespolizei FBI.
Da sich die amerikanischen Fahrzeuge aus technischen und optischen Gründen außerhalb Nordamerikas nur schwer verkaufen ließen, entwickelten die australischen, britischen und deutschen Ford-Werke vollkommen andere Modelle, u. a. Anglia (1940 – 1967), Capri (1968 – 1986), Consul (1950 – 1975), Cortina (1962 – 1982), Escort (1967 – 2000), Fiesta (1976 – 2023), Granada (1972 – 1985), Ka (1996 – 2021), Orion (1983 – 1993), Scorpio (1985 – 1998), Sierra (1982 – 1993), Taunus (1939 – 1982), Zephyr (1951 – 1972) oder Zodiac (1955 – 1972). Nur einige wenige Modelle wie der Mondeo (seit 1993) oder der Focus (seit 1998) waren weltweit weitestgehend baugleich. Der Escort avancierte 1983 zum meistverkauften Auto der Welt.
1961 erwarb Ford die Elektronikfirma Philco (Batterien, Klimageräte, Radar-Equipment, Radioröhren, Radio- und Fernsehgeräte). Fortan fertigte Philco-Ford (ab 1975 Aeronutronic Ford, ab 1976 Ford Aerospace) Satelliten und Kommunikations-Equipment für die Raumfahrtprogramme der NASA, Computer für zivile und militärische Anwendungen und Autoradios für Ford. Ford Aerospace wurde 1990 an Loral Space Systems (heute Lockheed-Martin) verkauft.
Für Furore sorgten ab 1967 die englischen Konstrukteure Mike Costin und Keith Duckworth (beide hatten 1958 die Firma Cosworth Engineering gegründet), die für Ford erfolgreiche Rennmotoren bauten. Mit dem Geld von Ford (100.000 Pfund) entwickelten sie auf Basis eines Ford-Cortina-Blocks einen Vierzylindermotor für die Formel 2 (FVA = Four Valve) und einen Achtzylindermotor für die Formel 1 (DFV = Double Four Valve). Der relativ preiswerte Ford-Cosworth DFV entwickelte sich erfolgreichsten und langlebigsten Motor der Formel-1-Geschichte. Insgesamt baute Cosworth vierhundert Exemplare, die von fast allen damals aktiven Rennställen eingesetzt wurden (Arrows, ATS, Brabham, BRM, Ensign, Hesketh, Lola, Lotus, March, Matra, McLaren, Penske, Shadow, Surtees, Tyrrell, Williams, Wolf). Von 1968 an bis 1982 dominierte der Ford-Cosworth DFV die Formel 1 (13 WM-Titel, 155 Rennsiege). Auch bei Sportwagenrennen (Variante DFL) und in den US-Rennserien CART und Champ Car (Varianten DFX und DFS) war Ford-Cosworth ähnlich erfolgreich.
1970/1972 erwarb Ford die italienischen Karosseriebaufirmen Ghia und Vignale. Von 1973 bis 2010 diente das Label Ghia bei Ford als Zeichen für die oberste Ausstattungsstufe der Ford-Modelle. Inzwischen wurde Ghia durch Vignale ersetzt. Die Marke Mercury gab Ford 2010 auf. Eine Zeit lang war Ford an den Autoherstellern Aston-Martin (1987 – 2007), Jaguar (1989 – 2008), Land-Rover (2000 – 2008), Mazda (1979 – 2015) und Volvo Car (1999 – 2010) beteiligt.
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain