Markenlexikon

Fairchild

Ursprungsland: USA

Sherman Mills Fairchild (1896 – 1971) gründete 1920 ein Unternehmen, das sich mit dem Anfertigen von Luftbildern für Messzwecke beschäftigte. Da die meisten Flugzeuge für diese Zwecke nicht geeignet waren, eröffnete er 1925 in Farmingdale auf Long Island eine eigene Fabrik, die Flugzeuge speziell für die Luftbildfotografie konstruierte und baute. Die erste Fairchild FC-1, ein einmotoriger Hochdecker mit extra großen Fenstern für die Luftbildkameras, flog Mitte 1926. Aus diesen bescheidenen Anfängen entwickelte sich bald eine Flugzeugkonzern, der vor allem durch Übernahmen expandierte (1925 Caminez Engine Farmingdale/New York, 1929 Kreider-Reisner Aircraft Hagerstown/Maryland, 1963 Hiller Helicopters Berkeley/California, 1965 Republic Aviation Farmingdale/New York, 1972 Swearingen Aviation San Antonio/Texas). 1929 wurde der Hauptsitz des Unternehmens nach Hagerstown/Maryland verlegt, wo zu zuvor Kreidler-Reisner ansässig war. Ein weiteres Fairchild-Werk gab es von 1920 bis 1950 in Longueuil/Quebec (Kanada). Von 1932 bis 1946 baute Fairchild das einmotorige Sportflugzeug Fairchild 24, von dem mehr als 2200 Exemplare gefertigt wurden. Einige dieser Flugzeuge sind noch heute in Betrieb.

Sherman Fairchild gehörte 1929 zu den Gründern der Holdinggesellschaft Aviation Corporation (AVCO), unter deren Dach mehrere Fluggesellschaften sowie Flugzeug- und Flugmotorenhersteller vereinigt waren (American Airways, Lycoming, Stinson, Vultee). Aus AVCO gingen später Unternehmen wie American Airlines, Consolidated Vultee Aircraft Corporation (Convair) und Avco-Lycoming hervor.

Daneben finanzierte Fairchild die Halbleiterfirma Fairchild Semiconductor in Mountain View/California (1957), die in den 1960er Jahren zum Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von Neugründungen im Silicon Valley wurde (AMD, Intel, National Semiconductor, Signetics). Sherman Fairchild war bis zu seinem Tod 1971 auch Großaktionär des Computerkonzerns IBM.

Zu den bekanntesten Flugzeugen und Hubschraubern der Fairchild-Unternehmen gehören u.a. das Turboprop-Verkehrsflugzeug Fairchild F-27 (1958 – 1969), ein Lizenznachbau der Fokker F27 Friendship, die Hubschrauber UH-12/OH-23 (ab 1948) und FH-1100 (1966 – 1973) und das Erdkampfflugzeug A-10A Thunderbolt II (1975 – 1984). Die Hubschrauber-Produktion gab Fairchild 1973 auf. Die Herstellungsrechte und Produktionsausrüstung der Modelle FH-360 und FH-1100 übernahm die Firma Heliparts, die sich daraufhin in Hiller Aviation umbenannte. Daneben war Fairchild auch Zulieferer für die Luft- und Raumfahrtindustrie (Boeing B-52 Stratofortress, Grumman F14 Tomcat, McDonnell F4 Phantom, Space-Shuttle).

Fairchild
Fairchild

1972 übernahm Fairchild die 1959 von Edward James Swearingen (1925 – 2014) gegründete Firma Swearingen Aircraft, die in San Antonio/Texas das Geschäftsreiseflugzeug Merlin (1965 – 1998) und das Turboprop-Regionalverkehrsflugzeug Metro/Metroliner (1968 – 2001) produzierte.

Ebenfalls 1972 wurden die Fairchild-Unternehmen (u.a. Fairchild-Hiller, Fairchild Republic, Fairchild Space and Electronics, Fairchild Stratos, Fairchild Aircraft, Fairchild Arms, Swearingen Aircraft, Burns Aero Seat) unter dem Dach der Holdinggesellschaft Fairchild Industries zusammengefasst.

1987 verkaufte Fairchild Industries die Flugzeugsparte Fairchild Aircraft und das Metro-Werk in San Antonio/Texas an eine Investmentgesellschaft. Das A-10-Programm übernahm Grumman. 1989 wurde Fairchild Industries von Banner Industries, einem Zulieferer für die Flugzeugindustrie, übernommen.

Fairchild Aircraft musste 1990 Antrag auf Gläubigerschutz stellen, wurde aber anschließend von neuen Investoren weitergeführt. 1996 benannte sich Fairchild Aircraft in Fairchild Aerospace um und erwarb im gleichen Jahr den deutschen Flugzeughersteller Dornier Luftfahrt. Fairchild-Dornier baute in Oberpfaffenhofen/Bayern die Turboprop-Kurzstrecken-Verkehrsflugzeuge Do 228 (1981 – 1998) und Do 328 (1991 – 2002) sowie die davon abgeleitete zweistrahlige Do 328-300/310JET (1998 – 2002). Darüber hinaus begann Fairchild-Dornier mit der Entwicklung von zwei verlängerten Versionen (428, 528) und des zweistrahligen Kurzstreckenverkehrsflugzeugs Do 728. Die Produktion der Geschäftsreiseflugzeuge (Merlin) wurde 1998 eingestellt, die der Regionalverkehrsflugzeuge (Metro/Metroliner) 2001.

Infolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 und der damit verbundenen Luftfahrtkrise musste Fairchild-Dornier im März 2002 Konkurs anmelden; direkte Auslöser waren stagnierende Verkäufe des Modells 328 und zurückgezogene Kaufoptionen beim 728-Programm. Da es dem Insolvenzverwalter nicht gelang, einen Käufer für das Gesamtunternehmen zu finden, wurden einzelne Bereiche an verschiedene Firmen verkauft: das 328-Programm ging an AvCraft Aviation (USA), das 728-Programm an den chinesischen Mischkonzern D'Long (AvCraft und D'Long mussten kurze Zeit später ebenfalls Insolvenz anmelden). Die Flugzeugwartung, die Airbus-Komponentenfertigung sowie die Rechte an der Do 228 übernahm der Schweizer RUAG-Konzern. Im Februar 2005 wurden die Firmenreste von Fairchild-Dornier versteigert, u.a. zwei Prototypen der Dornier 728. Die 310JET war das letzte komplett in Deutschland entwickelte und gebaute Verkehrsflugzeug.

Die ehemalige Muttergesellschaft Fairchild, die in den 2000er Jahren in verschiedenen Geschäftsfeldern tätig war (Befestigungstechnik für die Fahrzeug- und Luftfahrtindustrie, Handel mit Flugzeugteilen und -ausrüstungen, Reparatur-Dienstleistungen, Motorradbekleidung) musste 2009 Insolvenz anmelden. Die Reste wurde von anderen Unternehmen erworben.

Der Halbleiterhersteller Fairchild Semiconductor gehörte von 1979 bis 1987 zum französischen Konzern Schlumberger (Ölförderausrüstungen), von 1987 bis 1997 zu National Semiconductor, von 1999 bis 2016 war das Unternehmen eine eigenständige Aktiengesellschaft und 2016 wurde es von ON Semiconductor übernommen (die ehemalige Semiconductor Components Group von Motorola).

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Public Domain