Markenlexikon
Der 1967 in Athen geborene Stelios Haji-Ioannou studierte zunächst an der London School of Economics. Mit 23 Jahren übernahm er die Leitung der Tankerflotte seines Vaters Loucas Haji-Ioannou (Troodos Shipping). Im April 1991 gerieten Vater und Sohn in die Schlagzeilen, als der Troodos-Tanker M/T Haven vor Genua explodierte und drei Tage später sank. Sechs Besatzungsmitglieder kamen bei dem Unglück ums Leben, 50.000 Tonnen Rohöl liefen ins Meer aus und verursachten die damals größte Ölpest im Mittelmeer. Die M/T Haven, die frühere Amoco Milford Haven, war das Schwesterschiff der Amoco Cadiz, die 1978 vor der bretonischen Küste ebenfalls eine Ölpest verursacht hatte. Den Eigentümern wurde vor Gericht Fahrlässigkeit wegen des schlechten Schiffszustandes vorgeworfen, außerdem Bestechung, Erpressung und Einschüchterung von Zeugen während der Verhandlung. 2002 sprach ein Gericht Loucas und Stelios Haji-Ioannou in dritter Instanz von allen Anschuldigungen frei. 1992 etablierte Stelios Haji-Ioannou seine eigene Reederei (Stelmar Shipping), die er jedoch 2005 an die OSG Shipping Group verkaufte.
Im Okober 1995, als die zehn Jahre zuvor gegründete irische Low-Cost-Airline Ryanair allmählich profitabel geworden war, gründete Stelios mit fünf Millionen Pfund, die er sich von seinem Vater geliehen hatte, die Billigfluglinie EasyJet. Die ersten beiden Flugzeuge waren zwei von British Airways geleaste Boeing 737-200, die zwischen dem London-Luton Airport (Hauptsitz von EasyJet) und Glasgow sowie Edinburgh verkehrten. Ryanair und EasyJet wurden zu erbitterten Konkurrenten, die sich zahlreiche Preisschlachten lieferten und bei den Kunden aufgrund ihrer originellen und agressiven Werbung immer wieder für Erheiterung sorgten. Als Stelios Haji-Ioannou im Juni 2006 wegen seiner Verdienste für die britische Luftfahrt von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen wurde, startete Ryanair eine Werbekampagne, in der man Sir Stelios gratulierte, aber gleichzeitig davor warnte, mit Rittern zu fliegen.
Im Oktober 2000 ging EasyJet an die Londoner Börse, größter Aktionär blieb jedoch der Gründer. 2002 übernahm das Unternehmen den Konkurrenten Go Fly, der am Flughafen London Stansted beheimatet war. Ab 2003 stellte EasyJet die Flotte von der Boeing 737 nach und nach auf die Airbus A319 um. Zur gleichen Zeit begann die Expansion nach Kontinentaleuropa (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien). 2007/2008 übernahm EasyJet GB Airways, die frühere Charterfluggesellschaft von British Airways. Aus Protest gegen die aus seiner Sicht zu ungehemmte Wachstumsstrategie trat Stelios Haji-Ioannou im Mai 2010 von seinem Posten als Non-Executive Director zurück. Er und seine Geschwister, die noch einen Anteil von 38 Prozent an EasyJet halten, wollten ihr Augenmerk mehr auf Gewinn und Dividende legen. EasyJet ist nach Southwest Airlines (USA) und Ryanair inzwischen die drittgrößte Billig-Airline der Welt.
Die 1998 gegründete EasyGroup etablierte inzwischen weitere Billigangebote wie EasyBus (Bus-Transport zwischen London und dem London-Luton Airport), EasyCar (2000; Autovermietung), EasyHotel (2005; Hotelkette, Hotelvermittlung), EasyInternetcafe (2000), EasyCinema (2003; Kinokette, DVD-Verleih), EasyCruise (2005; Kreuzfahrten), Easy4men (2004; Kosmetika für Männer), EasyJobs (2004; Stellenbörse), EasyMobile (2005; Mobilfunk-Discounter), EasyMoney (2001; Finanzberater, Kreditkarte), EasyMusic (2004; Online-Musikdienst), EasyOffice (2007; Vermietung von Büroräumen in London), EasyPizza (2004; Pizzeria-Kette), EasyValue (2001; Shoppingportal), EasyVan (2006; Autovermietung) und EasyWatch (2005; Armbanduhren).
Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain