Markenlexikon

Walt Disney

Ursprungsland: USA

Walter (Walt) Elias Disney (1901 – 1966) begann seine Karriere als Werbegrafiker in Kansas City, wo er zusammen mit Ubbe (Ub) Iwerks (1901 – 1971) auch gelegentlich kurze Werbefilme drehte. Sonderlich erfolgreich waren sie allerdings nicht. Disney und Iwerks gingen schließlich nach Hollywood, wo sie 1923 mit dem Geld von Walts älterem Bruder Roy Oliver Disney (1891 – 1971), der in Chicago als Banker arbeitete, das Disney Brothers Cartoon Studio gründeten (ab 1926 Walt Disney Studios, ab 1929 Walt Disney Productions Inc., ab 1986 The Walt Disney Company). 1926 gab Disney das Zeichnen auf und überließ Iwerks die Konzeption und das Zeichnen der Figuren. Wieder produzierte man einige erfolglose Comic-Filme und Bruder Roy machte sich allmählich Sorgen um sein Geld.

Erst ab 1928, als Ub Iwerks die Mickey-Mouse-Figur entworfen hatte, ging es allmählich aufwärts. Der dritte Film mit dieser neuen Figur, »Steamboat Willie«, und gleichzeitig der erste Tonfilm von Disney, wurde ein voller Erfolg. Um den ca. 15.000 Dollar teuren Film finanzieren zu können, musste Walt Disney sein Auto verkaufen und die Stimme der Mickey Mouse sprach er selbst. Trotzdem prophezeite Louis B. Mayer – der »Mayer« von Metro-Goldwyn-Mayer – der niedlichen Maus keine große Zukunft, »weil sich alle Frauen vor Mäusen fürchten«. Iwerks, der auch die Multiplan-Kamera, mit der bei Trickfilmen ein realistischer 3D-Effekt vermittelt werden konnte, entwickelte, gründete 1930 ein eigenes Trickfilmstudio, kehrte aber 1940 zu Disney zurück. 1930 übernahm Columbia Pictures den Vertrieb der Disney-Filme in die ganze Welt, wo Mickey Mouse teilweise andere Namen wie Micky Maus (Deutschland), Topolino (Italien), Miki Kuchi (Japan), Miguel Ratoncito (Spanien) oder Musse Pig (Schweden) bekam. Im gleichen Jahr gab es auch das erste Mickey-Mouse-Heft.

1934 erschien in dem Film »The Wise Little Hen« (»Die kluge kleine Henne«) aus der Trickfilmserie »Silly Symphonies« eine neue Figur, die cholerische Ente Donald Duck. Erfunden hatten sie Art Babbit (1907 – 1992), Dick Huemer (1898 – 1979) und Albert Hurter (1883 – 1942), drei Zeichner aus Disneys Studio. Anfangs war Donald nur eine Nebenfigur. Ab 1936 zeichnete Al Taliaferro (1905 – 1969) die Donald-Duck-Comics für mehrere amerikanische Tageszeitungen – er ließ sich auch Donalds Verlobte Daisy und 1938 seine Neffen Huey (Tick), Dewie (Trick) und Louie (Track) einfallen. Die Texte steuerte Bob Karp (1911 – 1975) bei. 1939 erwarb Disney ein Studiogelände in Burbank, nördlich von Los Angeles, in das die Firma 1940 ihren Hauptsitz verlegte. 1942 brachte der Verlag Western Publishing das erste Donald-Duck-Comic-Heft auf den Markt; hier war Carl Barks (1901 – 2000) der Zeichner. Barks erfand mit Scrooge McDuck/Dagobert Duck (1947) und Gyro Gearloose/Daniel Düsentrieb (1952) zwei weitere populäre Figuren.

Anfang der 1930er Jahre beschlossen die Disney-Studios ihre Zeichentrickfilme auf Spielfilmlänge auszudehnen. Der Erste, »Schneewittchen und die sieben Zwerge«, kam 1937 in die Kinos und wurde zu einem großen Erfolg. Dabei hing die Fertigstellung des Films noch kurz vorher am seidenen Faden. Die Bank of America, die die Produktion finanzierte, war drauf und dran das als »Disneys Wahnsinn« in die Filmgeschichte eingegangene Projekt zu stoppen, als die Kosten das geplante Budget immer mehr überstiegen. Doch die Befürchtungen der Banker erfüllten sich nicht, der Film spielte seine Produktionskosten in kürzester Zeit wieder ein. Damit hatte sich Disney in Hollywood endgültig etabliert. Mit den nächsten Filmen – »Pinocchio« (1940), »Fantasia« (1940), »Dumbo« (1941) und »Bambi« (1942) – sah es allerdings schon nicht mehr so rosig aus. Das Zeug zum Kassenschlager hatte keiner dieser Filme – erst viel später erwirtschafteten sie Gewinne. Während des 2. Weltkriegs wurden große Teile des Disney-Studiogeländes in Burbank von der US Army beschlagnahmt, um eine nahegelegene Lockheed-Fabrik gegen eventuelle japanische Angriffe verteidigen zu können. Im Gegenzug durfte Disney jede Menge Propaganda-Filme im staatlichen Auftrag produzieren.

Nach dem Krieg begannen die Disney-Studios Tier- und Dokumentarfilme zu drehen, vor allem weil sie billiger als abendfüllende Trickfilme waren (1949 »Die Wüste lebt«, 1954 »Wunder der Prärie«, 1955 »Geheimnisse der Steppe«). Andererseits wurden nun auch normale Spielfilme wie »Die Schatzinsel« (1950), »20.000 Meilen unter dem Meer« (1954), »Mary Poppins« (1960) oder »Ein toller Käfer« (1969) produziert. Abendfüllende Trickfilme blieben jedoch das Hauptstandbein von Disney. In den 1950er und 1960er Jahren entstanden u.a. Filme wie »Cinderella« (1950), »Alice im Wunderland« (1951), »Peter Pan« (1953), »Susi und Strolch« (1955), »Dornröschen« (1959), »Pongo und Perdita« (1961) und »Das Dschungelbuch« (1967).

1949 gründete Disney den Musikverlag Walt Disney Music und 1953 die Vertriebsfirma Buena Vista Film Distribution (benannt nach der Buena Vista Street in Burbank; ab 1992 Buena Vista International; seit 2007 Walt Disney Studios Motion Pictures), mit der das Unternehmen erstmals in den Genuss kam, auch die Verleihgebühren zu kassieren. Zuvor waren Disneys Filme von Columbia, United Artists und RKO verliehen worden. 1954 begann Walt Disney beim TV-Network ABC (American Broadcasting Company) seine eigene Fernsehshow »Disneyland« zu moderieren, was ihn schlagartig als »Märchenonkel der Nation« im ganzen Land bekannt machte.

Disney
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Bereits in den späten 1940er Jahren schwebte Walt Disney der Bau eines Familien-Freizeitparks vor. Für die Realisierung gründete er die Firma WED Enterprises, da sein Bruder und die anderen Disney-Teilhaber wieder Bedenken hatten. An der Finanzierung beteiligte sich auch ABC. Im Juli 1955 eröffnete Disneyland im kalifornischen Anaheim, rund 25 Meilen südlich von Los Angeles, seine Tore. Wenige Jahre später hatte Disneyland jährlich mehr Besucher als die weltbekannten Nationalparks Grand Canyon, Yosemite und Yellowstone zusammen. Kurz darauf begann man mit den Planungen zu einem zweiten Park in Orlando/Florida, der 1971 unter dem Namen Walt Disney World eröffnet wurde. Die Eröffnung erlebte Walt Disney jedoch nicht mehr. Er war bereits 1966, im Alter von 62 Jahren, an Lungenkrebs gestorben. Weitere Disneyland-Parks entstanden 1983 in Urayasu bei Tokyo, 1992 in Marne-la-Vallée bei Paris, 2005 in Hong Kong und 2916 in Shanghai.

In den 1970er und 1980er Jahren geriet der Konzern in schwieriges Fahrwasser. Gegen die aufwändigen Katastrophen- und Science-Fiction-Filme dieser Zeit (»Der weiße Hai«, »Erdbeben«, »Flammendes Inferno«, »Poseidon Inferno«, »Krieg der Sterne«, »Superman«) hatten die biederen Trickfilme kaum eine Chance. Zwar produzierten die Disney-Studios ebenfalls einige Science-Fiction-Filme (1979 »Das schwarze Loch«, 1982 »Tron«), allerdings ohne Erfolg. Anfang der 1980er Jahre gingen zudem noch die Besucherzahlen der beiden Vergnügungsparks stetig zurück.

1984 wurde der Disney-Konzern in eine Übernahmeschlacht verwickelt, an der verschiedene Investoren (Saul Steinberg, Irwin Jacobs, Stanley Gold, Sidney Bass) und Roy Disneys Sohn Roy Edward (1930 – 2009), der das Unternehmen 1977 verlassen hatte, beteiligt waren. Schließlich gelang es Roy Edward Disney mit Hilfe des texanischen Milliardärs Sid Bass die Kontrolle über den Disney-Konzern zu erlangen. Das neue Management unter Leitung von Michael Eisner, Frank Wells und Jeffrey Katzenberg, die zuvor bei Paramount Pictures (Eisner, Katzenberg) und Warner Bros. (Wells) in leitenden Positionen tätig gewesen waren, ließ zunächst Disneyland und Disney World auf Vordermann bringen und mit neuen Attraktionen bestücken, dann wurden die alten Filme wieder hervorgekramt und als spezielle Video-Edition vermarktet (Disney Classics). Seit 1983 betrieb der Disney-Konzern zudem einen eigenen TV-Sender (Disney Channel), auf dem anfangs vor allem alte Disney-Filme liefen, später jedoch auch ausländische Filme wie etwa »Asterix« oder neuproduzierte Serien wie »Hanna Montana« (2006 – 2011).

Um auch Spielfilme produzieren zu können, die nicht der »Disney-Familientauglichkeit« entsprachen, gründete der Disney-Konzern die beiden Tochtergesellschaften Touchstone Pictures (1984) und Hollywood Pictures (1989 – 2007), wo erfolgreiche Filme wie »Splash – Jungfrau am Haken« (1984), »Falsches Spiel mit Roger Rabbit« (1988), »Good Morning Vietnam« (1988), »Der Club der toten Dichter« (1989), »Pretty Woman« (1990), »Dick Tracy« (1990), »Billy Bathgate« (1991), »Sister Act« (1992), »Nightmare Before Christmas« (1993), »The Rock – Fels der Entscheidung« (1996), »Con Air« (1997), »Starship Troopers« (1997), »Armageddon« (1998), »The Sixth Sense« (1999), »Pearl Harbor« (2001), »Das Vermächtnis der Tempelritter« (2004), »King Arthur« (2004) und »Per Anhalter durch die Galaxis« (2005) gedreht wurden. In den 1990er Jahren begann Disney auch wieder Trickfilme zu produzieren, die nun mit allen erdenklichen Mitteln vermarktet wurden und damit auch zu entsprechendem finanziellem Erfolg führten: »Arielle – die Meerjungfrau« (1989), »Die Schöne und das Biest« (1991), »Aladdin« (1992), »König der Löwen« (1993), »Pocahontas« (1995), »Der Glöckner von Notre Dame« (1996), »Hercules« (1997), »Mulan« (1998), »Tarzan« (1999), »Dinosaurier« (2000), »Arielle – Die Meerjungfrau II« (2000), »Fantasia 2000« (2000), »Ein Königreich für ein Lama« (2000), »Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt« (2001), Lilo & Stitch (2002) oder »Die Kühe sind los« (2004).

1993 erwarb die Walt Disney Company das 1979 von den Brüdern Harvey und Robert Weinstein gegründete Independent-Studio Miramax Films (1994 »Pulp Fiction«, 1996 »Der englische Patient«, 1998 »Shakespeare In Love«, 2002 »Chicago«, 2004 »Aviator«) und 1995 den langjährigen Partner ABC, zu dem auch der Sportsender ESPN gehört. Dadurch stieg Disney kurzzeitig zum größten Medienkonzern der Welt auf. Noch im gleichen Jahr schloss sich jedoch Time-Warner (Warner Bros., Time-Magazine, HBO) mit Turner Broadcasting (CNN) zusammen und verdränkte Disney damit wieder von der Spitze. 2003 schied Roy E. Disney als letztes Familienmitglied aus der aktiven Führung des Unternehmens aus.

2006 kaufte Disney die Pixar Animation Studios (1995 »Toy Story«, 1998 »Das große Krabbeln«, 1999 »Toy Story 2«, 2001 »Die Monster AG«, 2003 »Findet Nemo«, 2004 »Die Unglaublichen«, 2006 »Cars«, 2007 »Ratatouille«), die frühere Computer-Abteilung der Filmproduktionsfirma Lucasfilm (»Star Wars«), die seit 1986 mehrheitlich Apple-Gründer Steve Jobs (1955 – 2011) gehörte. Durch die Übernahme wurde Steve Jobs zum größten Einzelaktionär der Walt Disney Company. Seit 2010 gehört auch die Comic-Schmiede Marvel Entertainment (»Captain America«, »Fantastic Four«, »Hulk«, »Iron Man«, »Spider-Man«, »Thor«, »X-Men«) zum Disney-Konzern. Das Miramax-Studio wurde 2010 wieder verkauft. 2012 erwarb Disney die von George Lucas gegründete Produktionsfirma Lucasfilm Ltd., die die »Star Wars« (»Krieg der Sterne«)-Filme produziert. 2018 übernahm Disney Teile von Rupert Murdochs Medienkonzern 21th Century Fox: (20th Century Fox, STAR TV). Das US-TV-Geschäft von 21th Century Fox (Fox Broadcasting Company) wurde 2019 in eine neue Gesellschaft ausgegliedert (Fox Corporation). Ende 2019 ging der Sreamingdienst Disney+ online.

Text: Toralf Czartowski • Fotos: Unsplash.com, Pixabay.com, Public Domain