Markenlexikon
Das im Juni 1985 von Dr. Michael Cowpland (* 1943) in Ottawa (Kanada) gegründete Software-Unternehmen Cowpland Research Laboratory (Corel) entwickelte zunächst ein PC-System für DTP-Anwendungen. Die Hard- und Software wurde von verschiedenen Hertstellern wie Intel, Ventura Software (Ventura Publisher) oder WordPerfect eingekauft. 1987 stellte Corel die beiden Software-Ingenieure Michel Bouillon und Pat Beirn ein, die das Vektor-Zeichenprogramm CorelDraw programmierten. Im Januar 1989 kam die erste Version für das Betriebssystem MS-DOS/Windows 2.0 auf den Markt. In den nächsten Versionen wurde CorelDraw um zahlreiche weitere Programme wie Corel PhotoPaint (Fotobearbeitung; 1992), CorelShow (Präsentationen; 1992), CorelChart (Geschäftsgrafiken; 1992), CorelTrace (Bitmap-Vektorisierung; 1992), CorelMosaic (Dateiverwaltung; 1992), CorelMove (Animationen), Ventura Publisher (Textverarbeitung; 1994), CorelDream (3D-Modelling; 1995), Corel Painter (natürliche Malwerkzeuge; 1999), Corel Designer (Technische Zeichnungen und Illustrationen; 2001) oder Corel PaintShop Pro (2004) erweitert. Die Charaktere, Hintergründe und Requisiten der animierten TV-Serie »South Park« (seit 1997) wurden beispielsweise mit CorelDraw gezeichnet und anschließend im 3D-Programm Maya weiterverarbeitet.
Im professionellen Bereich konnte sich CorelDraw jedoch nie durchsetzen, was auch daran lag, dass es erst ab 1995 eine Version für den Apple Macintosh gab, der vor allem in Werbeagenturen, Druckereien und Verlagen zum Einsatz kommt. Dabei war Corel dem Konkurrenzprogramm Adobe Illustrator, das von Anfang an für den Mac zur Verfügung stand, beim Funktionsumfang und der Bedienerfreundlichkeit lange Zeit haushoch überlegen. Da sich die CorelDraw-Versionen für das Betriebssystem MacOS nicht sonderlich gut verkauften, gibt es das Programm seit der Version 12 (2003) nur noch für Windows. Kurzzeitig gab es von CorelDraw ab 1999 auch eine Linux-Variante.
In den 1990er und 2000er Jahren erwarb Corel zahlreiche Softwarehersteller und Programme: 1993 Ventura Publisher (von Xerox/Ventura Software), 1996 Word Perfect, Quattro Pro und Perfect Office (von Novell), 2001 Micrografx (Designer), 2004 Jasc Software (Paint Shop Pro), 2006 Winzip Computing (WinZip-Packer) sowie InterVideo/Ulead (DVD-Copy, Home Theater, iVideoToGo, MediaOne, WinDVD, WinDVR). Mit der Übernahme der 1979/1980 entwickelten Textverarbeitungssoftware WordPerfect, die auf PCs mit dem Betriebssystem MS-DOS weit verbreitet war, wollte Corel dem Marktführer Microsoft Word Konkurrenz machen, was sich jedoch bisher als sehr schwierig erwies. WordPerfect wird von Corel heute zusammen mit Paradox (Datenbank) und Quattro Pro (Tabellenkalkulation) als komplettes Office-Paket vermarktet (Corel WordPerfect Office), ähnlich wie Microsoft Office. Auch CorelDraw ist inzwischen zur CorelDraw Graphics Suite mutiert.
Im Oktober 2000, zwei Monate nachdem der Gründer sein Unternehmen verlassen hatte, beteiligte sich Microsoft mit rund 24 Prozent an der Corel Corporation, die damals gerade in erheblichen finanziellen Problemen steckte. Anfang 2003 verkaufte Microsoft die Corel-Anteile an die Investmentgesellschaft Vector Capital aus San Francisco, die kurz darauf das gesamte Unternehmen erwarb und anschließend von der Börse nahm. 2006 kehrte die Corel Corporation wieder an die Börse zurück, Hauptanteilseigner blieb jedoch Vector Capital (über die Corel Holdings). 2019 verkaufte Vector Capital seine Corel-Anteile an die Beteiligungsgesellschaft KKR & Co. Inc. (vorm. Kohlberg Kravis Roberts & Co.).
In den 2010er Jahren erwarb Corel weitere Softwarefirmen, u.a. 2012 AfterShot Pro, Roxio und Avid Studio (nun Pinnacle Studio), 2016 Mindjet MindManagerund 2018 Parallels (Parallels Desktop).
Text: Toralf Czartowski