Markenlexikon
Harry Cohn (1891 – 1958), der Sohn eines polnischen Schneiders, der in die USA ausgewandert war, arbeitete zunächst bei der Independent Motion Picture Company, später wurde er persönlicher Sekretär von Carl Laemmle (Universal Pictures). 1919 gründete er gemeinsam mit seinem Bruder Jack (1889 – 1956) und dem Anwalt Joseph Brandt (1882 – 1939) in New York die Filmgesellschaft CBC Film Sales Corporation. Brandt wurde Präsident des Unternehmens, Jack Vizepräsident und Harry leitete die Filmproduktion in Hollywood. Anfangs mietete die Firma kleinere Studios an, um dort ihre Filme drehen zu können. Verbunden mit dem Vorsatz, zukünftig anspruchsvollere Filme herzustellen, wurde der Name 1924 in Columbia Pictures Corporation geändert. Zwei Jahre später ging das Unternehmen an die Börse. Zur gleichen Zeit erwarb Columbia ein bereits existierendes Studio in der Gower Street von Los Angeles, das heute unter dem Namen Sunset Gower Studios bekannt ist.
Columbia besaß keine Kinos und hatte auch keine festangestellten Schauspieler und Regisseure, was die Kosten für die Filme niedrig hielt. Da der Platz in der Gower Street für Außendrehs nicht ausreichte, erwarb Columbia 1934 in Burbank, nördlich von Los Angeles, ein weiteres Studiogelände, wo anfangs hauptsächlich billige Western gedreht wurden, die jedoch für stetige Einnahmen sorgten. Daneben entstanden meist in Zusammenarbeit mit namhaften Produzenten, Produktionsfirmen und Regisseuren (u.a. Carol Reed, David Lean, Frank Capra, Fred Zinnemann, George Cukor, Harold Hecht, J. Lee Thompson, John Huston, Otto Preminger, Sam Spiegel, Stanley Kramer, Stanley Kubrick, William Wyler) zahlreiche Filmklassiker. Columbia war das einzige der großen Major-Studios (Columbia, Metro-Goldwyn-Mayer, Paramount, RKO, Universal, Warner Bros., 20th Century Fox), das bis 1958 keine Verluste einfuhr. Im gleichen Jahr starb Harry Cohn, zwei Jahre nach seinem Bruder. Er war Zeit seines Lebens für seine ungehobelten Umgangsformen berüchtigt und galt neben Darryl F. Zanuck (Gründer von 20th Century Fox) als Erfinder der »Besetzungscouch«, was erst im Zuge der Gerichtsverfahren gegen Harvey Weinstein einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde.
1948 rief Columbia Pictures die TV-Produktionsfirma Screen Gems ins Leben – benannt nach dem gleichnamigen Columbia-Trickfilmstudio, das von 1939 bis 1946 bestand. Der Name hatte seinen Ursprung in dem Columbia-Slogan »Gems of the Screen«, der wiederum von dem Lied »Columbia, the Gem of the Ocean« inspiriert war, das eine Zeit lang als inoffzielle Hymne der USA galt. 1968 schlossen sich Columbia Pictures und Screen Gems unter dem Namen Columbia Pictures Industries zusammen. Die TV-Sparte wurde 1974 in Columbia Pictures Television umbenannt. Erst 1998 reanimierte Sony Pictures Screen Gems als Produktionsfirma für Spezialfilme.
Für die Vermarktung der Soundtracks aus den Columbia-Filmen etablierte Columbia Pictures 1958 das Label Colpix, das 1966 durch das RCA-/Columbia-Jointventure Colgems (Columbia-Screen Gems) ersetzt wurde. 1970 gab Columbia das Label Colgems auf und transferierte den Colgems-/Colpix-Katalog an Bell Records (ab 1974 Arista Records) – seit 1964 ebenfalls eine Columbia-Pictures-Tochter. 1976 verkaufte Columbia Pictures den Musikverlag Screen Gems-Colgems Music an EMI Music Publishing, die Plattenfirma Arista übernahm 1979 Bertelsmann/Ariola.
Infolge von finanzielle Schwierigkeiten verkaufte Columbia Pictures Anfang der 1970er Jahre das Gower Street Studio und teilte sich von 1972 bis 1989 mit Warner Bros. deren Studio in Burbank/California. 1978/1979 erwarb der Investor Kirk Kerkorian, dem bereits seit 1969 Metro-Goldwyn-Mayer gehörte, einen Anteil von rund 25 Prozent an Columbia Pictures, den er jedoch schon 1981 wieder verkaufte. 1982 übernahm The Coca-Cola Company die Mehrheit von Columbia Pictures Industries, vor allem um Coca-Cola-Werbung in Kinofilmen und TV-Shows unterzubringen. Im gleichen Jahr erwarb Columbia Pictures die TV-Produktionsfirma von Aaron Spelling und Leonard Goldberg, die TV-Serien wie »Drei Engel für Charlie«, »Family«, »Hart aber herzlich«, »Starsky & Hutch«, »S.W.A.T.« und »T. J. Hooker« produzierte – ab 1977 gemeinsam mit Columbia Pictues Television.
Um die stetig wachsenden Kosten der Filmproduktion zwischen mehreren Unternehmen aufteilen zu können, riefen Columbia Pictures, der Kabelkanal HBO (damals eine Tochter des Verlages Time Inc.) und die TV-Gesellschaft CBS die Produktionsfirma Tri-Star Pictures (ab 1992 TriStar Pictures) ins Leben. Nachdem CBS 1985 und HBO 1986 ihre TriStar-Anteile an Columbia Pictures verkauft hatten, kam es 1987 zum Zusammenschluss beider Firmen (Columbia Pictures Entertainment). Zwar erwirtschaftete Columbia Pictures unter dem Coca-Cola-Dach anfangs durch einige Kassenschlager Gewinne, doch als sich die Flops mehrten, verkaufte der Getränkekonzern seine Columbia-Anteile 1989 an die Sony Corporation of America, die bereits 1987 die Musikaktivitäten des Medienkonzerns CBS übernommen hatte (CBS Records, Columbia, Epic). Damit gehören beide Columbia-Firmen, die ursprünglich außer dem gleichen Namen nichts miteinander zu tun hatten, zum selben Konzern.
Sony gründete 1991 die neue Dachgesellschaft Sony Pictures Entertainment und schloss die TV-Aktivitäten (1994) und die Filmaktivitäten (1998) von Columbia und TriStar zusammen. Columbia TriStar Television firmiert seit 2002 als Sony Pictures Television, die Columbia-TriStar Motion Picture Group seit 2013 als Sony Pictures Entertainment Motion Picture Group. Columbia Pictures, TriStar Pictures und Screen Gems sind nun nur noch Abteilungen von SPMPG. Für den Vertrieb sind die Gesellschaften Sony Pictures Releasing, Sony Pictures Releasing International und Sony Pictures Home Entertainment zuständig.
Zu den erfolgreichsten Kino- und TV-Filmen/-Serien, an deren Produktion, Finanzierung oder Verleih Columbia Pictures beteiligt war, gehören u.a. »Es geschah in einer Nacht« (1934), »Mr. Deeds geht in die Stadt« (1936), »Lost Horizon« (1937), »Gilda« (1946), »Born Yesterday« (1950), »Verdammt in alle Ewigkeit« (1953), »Der Wilde« (1953), »Die Caine war ihr Schicksal« (1954), »Die Faust im Nacken« (1953), »Die Brücke am Kwai« (1957), »Anatomie eines Mordes« (1959), »Die Kanonen von Navarone« (1961), »Barabbas« (1962), »Lawrence von Arabien« (1962), »Der Kardinal« (1963), »Dr. Seltsam« (1964), »Dschingis Khan« (1965), »Cat Ballou« (1965), »Casino Royale« (1967), »Oliver« (1968), »Mackenna's Gold« (1969), »Easy Rider« (1969), »Waterloo« (1970), »Nicholas und Alexandra« (1971), »Die letzte Vorstellung« (1971), »The Way We Were« (1973), »Die Akte Odessa« (1974), »Starsky & Hutch« (TV-Serie 1975 – 1979), »Taxi-Driver« (1975), »Der Mann, der König sein wollte« (1975), »Tommy« (1975), »Shampoo« (1975), »Drei Engel für Charlie« (TV-Serie 1976 – 1981), »Der Wind und der Löwe« (1976), »Robin und Marian« (1976), »Nickelodeon« (1976), »Unheimliche Begegnung der dritten Art« (1977), »Die Tiefe« (1977), »Spider-Man« (Filmreihe ab 1977), »Bobby Deerfield« (1977), »Midnight Express« (1978), »… und Gerechtigkeit für alle« (1979), »Hart aber herzlich« (TV-Serie 1979 – 1984), »Ashanti« (1979), »Kramer vs. Kramer« (1979), »Hinter dem Rampenlicht« (1979), »Der elektrische Reiter« (1979), »Das China-Syndrom« (1979), »Die blaue Lagune« (1980), »Gandhi« (1981), »Das Boot« (1982), »Annie« (1982), »T. J. Hooker« (TV-Serie 1982 – 1986), »Tootsie« (1982), »Krull« (1983), »Christine« (1983), »Reise nach Indien« (1984), »Against All Odds« (1984), »Karate Kid« (Filmreihe ab 1984), »Starman« (1984), »Ghostbusters« (Filmreihe ab 1984), »Silverado« (1985), »A Chorus Line« (1985), »St. Elmo's Fire« (1985), »Der letzte Kaiser« (1987), »Bram Stoker's Dracula« (1992), »Gladiator« (1992), »Léon – Der Profi« (1994), »Men in Black« (Filmreihe ab 1997), »Air Force One« (1997), »Der Patriot« (2000), »Peter Pan« (2003), »Die Legende des Zorro« (2005), »Der Da Vinci Code« (2006), »James Bond 007: Skyfall« (2012), »Django Unchained« (2012), »James Bond 007: Spectre« (2015) und »Die glorreichen Sieben« (2016).
TriStar Pictures war u.a. an folgenden Filmen beteiligt: »Rambo II« (1985), »Angel Heart« (1987), »Der Prinzipal – Einer gegen alle« (1987), »Rambo III« (1988), »Magnolien aus Stahl« (1989), »Total Recall« (1990), »Bugsy« (1991), »Hook« (1991), »The Doors« (1991), »Toy Soldiers« (1991), »Terminator 2 – Tag der Abrechnung« (1991), »Universal Soldier« (1992), »Basic Instinct« (1992), »Cliffhanger« (1993), »Philadelphia« (1993), »Schlaflos in Seattle« (1993), »Mary Shelley's Frankenstein« (1994), »Jerry Maguire« (1996), »Sieben Jahre in Tibet« (1997), »Starship Troopers« (1997), »Godzilla« (1998), »Die Maske des Zorro« (1998), »Elysium« (2013) und »Pompeii« (2014).
Text: Toralf Czartowski