Markenlexikon
Die Marke Chesterfield wurde 1873 von der Drummond Tobacco Company aus St. Louis/Missouri auf den Markt gebracht. Namensgeber war das Chesterfield County in Virginia, wo bis heute Tabak angebaut wird. Die von James Thomas Drummond (1834 – 1897) gegründete Firma war eigentlich ein Hersteller des damals in den USA recht beliebten Kautabaks. Zigaretten waren eher ein Nischenprodukt dieses Unternehmens, das 1898 unter die Kontrolle der American Tobacco Company kam, ebenso wie ein Jahr später der zweite Tabakhersteller aus St. Louis, die 1873 von John Edmund Liggett (1826 – 1897) und George Smith Myers (1832 – 1910) gegründete Liggett & Myers Tobacco Company, die daraufhin die Produktion der Chesterfield-Zigaretten übernahm. 1911 wurde die American Tobbacco Company in mehrere selbstständige Firmen aufgeteilt (American Tobacco, Liggett & Myers, P. Lorillard, R. J. Reynolds). Der Hauptsitz der neuen Liggett & Myers Tobacco Company befand sich nun in Durham/North Carolina, wo auch American Tobacco ansässig war.
Begleitet von einer landesweiten Werbekampagne (Slogan: »They do satisfy«) kam Chesterfield 1912 in neuem Gewand und mit veränderter Mischung auf den Markt. Neben den sonst üblichen teuren Orient-Tabaken benutzte man nun auch billigere amerikanische Tabaksorten, die in Virginia, Maryland, Kentucky, Tennessee, North Carolina, South Carolina, Georgia und Florida angebaut wurden. Durch die Beimischung der einheimischen Tabake war die Herstellung billiger, sodass man die Zigaretten preiswerter als Orient-Zigaretten verkaufen konnte.
Chesterfield wurde mit dieser neuen »American Blend« genannten Mischung zur ersten sogenannten modernen Zigarette, zu denen auch Camel (ab 1913) und Lucky Strike (ab 1916) gehörten. Sie verhalfen den billig zu produzierenden und schnell konsumierbaren Zigaretten gegenüber den vorher üblichen Pfeifen, Zigarren sowie dem Kau- und Schnupftabak zum Durchbruch. Alle drei Marken – Chesterfield, Camel und Lucky Strike – gehörten bis in die späten 1960er Jahre zu den meistgerauchten Zigaretten der USA.
Im Gegensatz zu den sonnengetrockneten Orient-Tabaken wurden die amerikanischen Tabakblätter künstlich getrocknet. Dadurch veränderte sich die chemische Zusammensetzung des Tabaks, was dazu führte, dass der Rauch sauer und nicht alkalisch war. Das hatte zur Folge, dass das Nikotin nicht mehr so gut über die Mundschleimhaut aufgenommen werden konnte. Der Rauch musste nun über die Lunge inhaliert werden. Lucky Strike wies auf seinen Verpackungen noch Jahrzehnte später mit der Aufschrift »It’s toasted« auf diese Trocknung hin.
Die Orient-Tabake, die vor allem auf dem Balkan, in Griechenland, der Türkei und auf Zypern angebaut werden, sind aufgrund ihrer Anbaubedingungen (sandige und nährstoffarme Böden, viel Sonne, wenig Regen, ständiger Wechsel von heißen Tagen und kühlen Nächten) sehr zuckerhaltig, was zu einem würzigen Aroma bei geringem Nikotingehalt führt. Diesen Geschmack versuchte man später bei den stärkeren und kratzigeren American-Blend-Zigaretten mit künstlichen Aromastoffen wie Ahornsirup, Kakao, Lakritz, Vanillin oder Zucker nachzuahmen.
Internationale Berühmtheit erlangte Chesterfield durch Schauspieler wie Humphrey Bogart, Frank Sinatra, Lucille Ball und vor allem James Dean, der in seinen Filmen stets eine Chesterfield lässig im Mundwinkel hängen hatte. 1966 kam eine Filter-Variante von Chesterfield auf den Markt.
1977 übernahm Philip Morris (Marlboro) den internationalen Vertrieb der Liggett & Myers-Marken. Das Unternehmen selbst wurde 1980 vom britischen Mischkonzern Grand Metropolitan (GrandMet) gekauft. 1986 kam mit dem New Yorker Investor Bennett LeBow ein neuer Besitzer, der die Liggett Group 1990 seiner Brooke Group (ab 2000 Vector Group) einverleibte. 1999 verkaufte die Liggett Group die Marken Chesterfield, L&M (seit 1953) und Lark (seit 1963) an Philip Morris, stellt aber weiterhin zahlreiche Discount-Marken her (Eagle, Eve, Grand Prix, Jade, Liggett Select, Montego, Pyramid, Quest, USA). Die Fabrik in Durham wurde im Jahr 2000 geschlossen, nachdem die Produktion in ein neues Werk nach Mebane/North Carolina verlagert worden war.
Text: Toralf Czartowski